Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
dummerweise was Dringendes dazwischen?« Abwartend blickte er sie an.
»Würdest du denn …«, begann Constanze. Sie räusperte sich. Der nächste Satz kostete sie jedes Quäntchen Mut. »Würdest du gern mitkommen? Es wäre schön, dich als Begleiter zu haben – natürlich nur, wenn du willst«, schränkte sie sofort ein. »Das sollte nur ein Vorschlag sein. Du musst jetzt nicht … Ich meine … äh.« Als ihr aufging, dass sie kurz davor war, zusammenhanglos herumzustottern, wechselte sie schnell das Thema. »Es ist der Jahresball der Verlagsbranche. Jeder, der in dieser Sparte tätig ist, geht dorthin. Es werden Reden gehalten und Preise verliehen – aber eigentlich kommen alle nur wegen des ausgezeichneten Buffets.«
»Gut, dass du das jetzt erwähnt hast …« Daniel kratzte sich lachend den Nacken und tat unheimlich erleichtert, doch dann blickte er Constanze ernst in die Augen. »Nein, Spaß beiseite. Ich würde dich gern begleiten – auch ohne Buffet.«
Constanzes Herz sackte eine Etage tiefer, wie immer, wenn er sie so direkt ansah. Sie brachte noch ein schlichtes Okay zustande, dann verabschiedete sich ihre Stimme endgültig. Einen Moment lang konnte sie nicht glauben, was sie gerade zustande gebracht hatte. Sie hatte sich tatsächlich mit Daniel für den Ball verabredet. Die krampfhafte Ideensuche war völlig umsonst gewesen. Die Möglichkeit, ihn zu fragen, hatte sich einfach so ergeben.
Einfach so … Mit gemischten Gefühlen trat sie an den Stand und bezahlte die Eier. Im Zusammenhang mit Daniel ergab sich auffällig viel einfach so.
Bemüht, sich ihre Verwirrung nicht anmerken zu lassen, drehte sie sich wieder zu ihm um. »Ich muss langsam in die Buchhandlung zurück, Beate schmeißt den Laden schon seit über einer Stunde allein.«
»Ich bring dich«, bot Daniel sofort an.
»Gern.« Constanze steuerte in Richtung Ausgang des Marktes.
Trotz der beachtlichen Menschenmenge ging Daniel auf gleicher Höhe mit ihr. Wie immer nah und nicht sonderlich um Abstand bemüht. Ihre Schulter streifte mehrmals seinen Arm, während sie den anderen Passanten auswichen. Constanze ertappte sich bei der Frage, warum sie sich eigentlich nicht gleich bei ihm unterhakte. Sie spähte verstohlen zu ihm auf. Diese Frage stellte sie sich jetzt schon zum zweiten Mal …
Und allmählich begriff sie auch, warum das so war. Eine gewisse Art von Körperkontakt schien ihr mittlerweile bei ihm nicht mehr so viel auszumachen. Auch die ängstliche Befangenheit, über die sie sich in der Buchhandlung noch den Kopf zerbrochen hatte, war durch das Intermezzo mit Roland verflogen. Vielleicht lag es an Daniels spontaner Hilfe oder an ihrer Bereitschaft, diese auch anzunehmen. Eine Bereitschaft, die ihr signalisierte, dass sie ihm inzwischen offensichtlich ein gutes Stück Vertrauen entgegenbrachte. War es da so schlimm, wenn sie sich in seiner Gegenwart etwas weniger steif benahm? Er hatte sie ohnehin schon das eine oder andere Mal vertraulich berührt. Constanze schluckte. Genauso wie sie ihn …
»Bist du öfter auf dem Markt?«, fragte sie, nur um nicht wieder an die Szene im Park denken zu müssen.
»Nein. Eigentlich nicht.« Daniel blickte sich neugierig um. »Aber ab jetzt bestimmt.«
»Du warst genau im richtigen Augenblick zur Stelle«, merkte Constanze verwundert an. »Wie kommt das?« Er war nicht im Mindesten überrascht gewesen, sie am Eierstand zu treffen – ganz im Gegensatz zu ihr.
»Beate hat mir gesagt, wo du bist«, klärte Daniel sie auf. »Ich war in der Buchhandlung, weil ich dir sagen wollte, dass wir unser Treffen heute Abend leider verschieben müssen.« Er blieb stehen. »Tut mir leid, so kurzfristig abzusagen, aber ich habe eben erst erfahren, dass ich heute noch geschäftlich nach Tschechien muss.«
»Das macht nichts. Wirklich nicht«, beteuerte Constanze und schlenderte weiter. »Dein Job geht vor.« Sie bemerkte seine frustrierte Miene und wünschte, ihr ginge es nicht ähnlich. Obwohl sie sich ihre Zuneigung zu Daniel langsam eingestand – oder gerade deshalb – war es falsch, sich zu sehr auf ihre Treffen zu freuen. Falsch und dumm. Es mochte vielleicht sein, dass sie oberflächlich betrachtet einen gewissen Körperkontakt mit ihm bewältigen konnte. Und es gab vielleicht auch Dinge, die ihr in seiner Gegenwart einfach so gelangen. Aber das räumte noch lange nicht ihr Hauptproblem aus der Welt: Alles, was darüber hinausging.
In Wahrheit war es vollkommen egal, wie gut sie
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