Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
Maclean berichtete gerade von der Buchhandlung, als Susan Stansbury den Raum betrat.
Nur war sie natürlich nicht mehr Susan Stansbury, sondern Susan Eastwell, Olivers Witwe. Ich hatte Oliver Eastwell bei meinem allerersten Besuch in Hannesford kennengelernt und seither unzählige Male hier gesehen, ihn aber nie richtig ernst genommen. Es erschien mir immer noch unglaublich, dass Susan Stansbury einmal seine Frau gewesen war.
»Hallo, Susie«, begrüßte Bill sie zärtlich. »Schau, hier ist Tom. Ist es nicht herrlich, ihn wieder bei uns zu haben?«
Susan war vielleicht die Einzige in der Familie, die sich kaum verändert hatte. In vielerlei Hinsicht war sie das genaue Gegenteil von Margot, dunkel statt blond und schlank statt üppig. Sie war immer still und nachdenklich gewesen, ganz anders als die übrigen Kinder der Stansburys, und man hätte sie auf den ersten Blick wohl kaum für Margots Schwester gehalten. Erst wenn man näher hinschaute, bemerkte man die Ähnlichkeit der Augen, der Stirn, der vollen Lippen. Niemand hatte je behauptet, die Stansburys seien unscheinbar.
»Tom. Ich bin so froh, dich zu sehen. Wir freuen uns alle, dass du wieder da bist.«
Sie ergriff ganz selbstverständlich meine Hände und lehnte sich zurück, um mich zu mustern. »Freddie hat erzählt, du wirst demobilisiert. Stimmt das?«
Ich lachte. »Freddie scheint mehr darüber zu wissen als ich, aber es stimmt, ich erwarte jeden Tag meine Entlassungspapiere.«
Sie trug keine Trauer mehr. Hatte das etwas zu bedeuten? Andererseits trug ich auch keine Uniform mehr. Und Oliver war seit über zwei Jahren tot.
Dennoch wirkte sie an diesem Abend irgendwie traurig, obwohl sie lebhaft plauderte. Als sich die spontane Versammlung auflöste und ich mit ihr in die Große Halle ging, bemerkte ich den Kummer in ihren Augen.
»Es tut mir leid, Tom. Es ist dumm von mir. Aber wieder hier zu sein, erinnert mich …« Sie versuchte zu lächeln. »Es sind so wenige von der alten Clique übrig. Von den Jungs eigentlich nur du und Freddie.«
Ich neigte leicht den Kopf. »Susan. Wegen Oliver. Es tat mir so furchtbar leid, als ich hörte …«
Sie blickte auf und sah mir in die Augen. »Ich weiß.« Sie lächelte. »Und danke noch mal für deinen Brief. Niemand versteht es so gut wie du, nicht zu viel zu sagen.«
Dennoch war es mir schwergefallen, den Brief zu schreiben. Solange ich mich erinnern konnte, hatten alle gewusst, dass Oliver Eastwell in Margot verliebt war. Er hatte aus seiner Bewunderung für sie keinen Hehl gemacht, und Susan musste das gewusst haben. An ihm war nichts Unaufrichtiges, ein Leben mit ihm hätte kaum Überraschungen geboten. Doch als er Susan bei jenem schicksalhaften Rosenball aus heiterem Himmel einen Antrag machte, hatte sie ihn angenommen. Sie hatte ihn geheiratet. Warum, hatte ich nie wirklich verstanden. Weil Oliver reich und umgänglich war? Weil sie mit seiner Hilfe Hannesford entkommen konnte? Susan war schwer zu durchschauen.
Wir blieben am Eingang zur Großen Halle stehen. Die anderen waren schon vorausgegangen, um sich umzuziehen, und der Raum war verlassen und für den Abend vorbereitet. Man hatte das Feuer im Kamin entfacht, doch die Ecken und Winkel des Raumes lagen im Schatten. Susan schaute sich einen Moment lang um. Es hätte jedes beliebige Jahr, jedes beliebige Weihnachtsfest sein können.
»Mama sagt, du wärst bei Reggie gewesen. Wie geht es ihm? Kommt er nach Hause?«
»Ich glaube nicht. Noch nicht.«
»Der arme Reggie! Er hat diese großen Veranstaltungen immer gehasst. Als sie ihn aus Frankreich zurückbrachten, wollte ich das Haus in London schließen und hierherziehen. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, ihn zu pflegen. Aber er hat mir praktisch befohlen, ihn in Ruhe zu lassen. Ich solle in die Stadt zurückkehren und dort bleiben. Er hat sich ziemlich schlecht benommen. Aber auf seine Weise hat er es wohl gut gemeint.«
So menschenfeindlich Reggie auch sein mochte, sie hatte vermutlich recht. Susan war immer sein Liebling gewesen.
»Ich kann dich mal hinfahren, wenn du möchtest«, bot ich ihr an. »Falls du meinst, er möchte dich sehen.« Mir war die Vorstellung, das Sanatorium ein zweites Mal zu besuchen, nicht sonderlich angenehm, doch es war schwer, den Gedanken an Reggie zu verdrängen. An die Narben. Das graue Haar. Wie er allein am Fenster saß.
Als ich nach oben ging, um mich umzuziehen, musste ich immer noch daran denken.
Als ich mich frisch gemacht hatte und wieder
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