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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Sie haben recht …« Ich musterte ihn, während er sich den Nasenrücken rieb. »Menschen sind sich dieser Unterschiede in der Tat bewusst. Und obwohl es freundlich von Harry und Margot war, sie einzuladen, war ihnen wohl nicht klar, dass diese Art von Großzügigkeit nicht immer gütig ist. Miss Woodward schien nicht sehr glücklich zu sein.«
    »Tom Allen und ich sind ihr heute bei unserem Spaziergang begegnet. An einer hübsch gelegenen Stelle. Dort wirkte sie sehr viel glücklicher.«
    Er setzte die Brille wieder auf, schien aber selbst nicht sehr glücklich zu sein. Ich hatte den Eindruck, dass ihm immer noch sorgenvolle Gedanken durch den Kopf gingen. Statt zu antworten, ließ ich meinen Blick noch einmal zu dem Schaukasten wandern und betrachtete das leuchtendste und bunteste Exemplar, das ich finden konnte.
    Was war ich wohl seiner Analogie zufolge? Vielleicht ein sehr kleiner brauner Schmetterling. Und falls dem so war, konnte man mich durchaus mit einer Motte verwechseln.

I ch entdeckte Anne im kleinen Salon, wo sie gerade mit der Haushälterin Mrs Hodge die Veränderungen besprach, die notwendig waren, um das Zimmer für Reggie herzurichten. Die Möbel waren bereits ausgeräumt worden, nichts erinnerte mehr an Lady Stansburys elegantes Schreibzimmer. Als ich den Kopf zur Tür hineinsteckte, begrüßte mich Anne mit einem fröhlichen Lächeln, und ich spürte, wie der leise Unmut, den ich den ganzen Tag mit mir herumgetragen hatte, ein wenig dahinschmolz.
    »Sind Sie heute Nachmittag hier?«, erkundigte sie sich. »Ich habe Ihnen etwas zu sagen.«
    Und so gab ich mein Vorhaben, einen strammen Spaziergang zu unternehmen, auf, und ertrug stattdessen Mrs Rolleston beim Mittagessen und Violet Eccleston beim Kaffee, bis Anne endlich eine Pause einlegte und mich in der Bibliothek aufsuchte, wo ich, umgeben von den stillen, wohlgeordneten Schmetterlingen des Professors, auf sie wartete.
    »Kommen Sie. Die Sonne scheint noch. Frische Luft kann nicht schaden.«
    Wir gingen bis zu der kleinen Rotunde am anderen Ufer des Sees. Die Luft war kalt und klar, der Boden unter unseren Füßen stellenweise gefroren und etwas trügerisch, doch die Sonne funkelte auf dem Wasser, und die Welt war strahlend hell. Als wir das Stück Weg erreichten, das am Ufer entlangführt, musste ich die Augen ein wenig zusammenkneifen, um Anne anzuschauen. Selbst so konnte ich nur ihr Profil im hellen Licht erkennen.
    Als ich sie nach Südafrika fragte, fühlte ich mich befangen, doch Anne wirkte weder überrascht noch unangenehm berührt. Sie erklärte, die Gelegenheit habe sich durch eine frühereKollegin ergeben, und sie könne den Arbeitsbeginn so lange aufschieben, bis die Uttleys sie nicht mehr brauchten.
    »Da konnte ich schlecht nein sagen. Außerdem hält mich außer den Uttleys eigentlich nichts hier. Ich bin schon viel länger geblieben, als ich eigentlich sollte. Die Reise wird mir guttun.« Sie schaute mich an. »Was meinen Sie, Tom? Ist das ein guter Plan?«
    Das Wasser hinter ihr war so hell, dass ich ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte, doch etwas in ihrer Stimme, der Ernst, der sich hinter der Leichtigkeit verbarg, ließ mich zögern.
    »Schade, dass Sie so weit weggehen.«
    »Ich hatte sogar daran gedacht, noch weiter wegzugehen. Vielleicht nach Australien.«
    Ich schaute an ihr vorbei auf das glänzende Wasser und fragte mich, was diese Entscheidung in ihr ausgelöst haben mochte. Seltsam, wie wenig ich über Anne wusste.
    »Sehr bedauerlich.« Ich ließ meine Worte fast wie einen Gemeinplatz klingen, doch selbst die trivialste Höflichkeitsfloskel kann wahr sein.
    Letztlich stellte sich heraus, dass das, was sie mir sagen wollte, gar nichts mit Südafrika zu tun hatte.
    »Eigentlich ist es nur furchtbarer Klatsch«, sagte sie, »den man besser gar nicht wiederholen sollte. Miss Thomson, die Tochter des Arztes, hat es mir heute Morgen erzählt. Ich erwähnte, dass wir Mrs Woodward besucht hatten und wie leid es Ihnen um Julia tut. Sie verzog das Gesicht, als würde sie mir gern etwas erzählen, wollte aber nicht als indiskret gelten.«
    »Und worum ging es?« Bei Dorfklatsch war ich immer sehr vorsichtig.
    »Um etwas, das geschehen ist, bevor der Krieg ausbrach. Miss Thomson war noch ein Mädchen, aber sie erinnert sich, dass Julia Woodward eines Abends sehr spät zu ihrem Vaterin die Praxis kam, ohne Termin. Und in einem fürchterlichen Zustand, wie sie sagt. Sie weiß noch, dass sie an der Tür ihres Vaters

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