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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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der Daimler wegfuhr, sah ich ihm nach, bis er auf der langen baumbestandenen Auffahrt von Hannesford verschwunden war. Es war zu dunkel, um zu erkennen, ob die Gestalt im Wagen zu mir zurückblickte.
    Das Einzige, das mir sonst von diesem Abend in Erinnerung geblieben ist, ist die Geschichte, die Freddie Masters beim Portwein erzählte. Zum ersten Mal seit meiner Rückkehr nach Hannesford sprach jemand wirklich über den Krieg, und mir war es zunächst unangenehm, da ich nicht wusste, wie Sir Robert und die anderen darauf reagieren würden. Doch Freddie war der Situation mehr als gewachsen, und als Mapperley ihm eine Frage stellte, antwortete er, ohne zu zögern.
    »Ehrlich gesagt, mein Freund, verdanke ich das alles der Brillanz eines einzigen Mannes. Er hat mir vermutlich das Leben gerettet.«
    »Worum geht es, mein Junge?« Sir Robert hatte seine Worte gehört und lenkte nun die allgemeine Aufmerksamkeit auf Freddie.
    »Die Kämpfe bei Mons, Sir«, antwortete er. »Mr Mapperley hat mich gefragt, wie um Himmels willen wir das geschafft haben. Natürlich müssen Sie alle versprechen, nichts zu verraten. Es ist streng geheim.«
    Sir Robert schaute in die Runde. »Nur zu, mein Junge. Lassen Sie hören.«
    »Nun, es war im Herbst letzten Jahres, und die Deutschen fielen an allen Fronten zurück. Wir rückten mit jedem Angriff weiter vor, haben uns gar nicht mehr verschanzt. Wir krochen nachts einfach irgendwo unter.« Er schenkte sich Portwein nach und schaute zu mir herüber.
    »Es war beunruhigend, nicht wahr, Tom? Wir hatten uns so daran gewöhnt, uns nicht von der Stelle zu rühren, dass manche gar nicht mehr wussten, wie man sich außerhalb eines Schützengrabens verhält. Jedenfalls fand ich mich in einer Art Rinne neben einem Burschen namens Wiggins wieder. Harrow-Absolvent, glaube ich, Gott segne ihn. Meine Männer waren völlig fertig und seine auch, und keine fünfzig Yards entfernt hockte ein Trupp Deutscher in einem ähnlichen Zustand, aber in einem deutlich besseren Graben. Wir alle wussten, dass wir am nächsten Tag angreifen und vorrücken und dass sie zum Gegenangriff ansetzen und zurückgeschlagen werden würden. So lief es seit Wochen ab, immer nach demselben Muster. Abends würden dann auf beiden Seiten einige Männer weniger in ähnlichen Gräben hocken und darauf warten, das Spiel von vorn zu beginnen.«
    Er hielt inne, um von seinem Portwein zu trinken. Sein Gesicht war eine Maske. Ich hatte keine Ahnung, ob das hier eine Tragödie oder Komödie oder beides werden sollte.
    »Zu ihrem Graben führte ein scheußlicher kleiner Abhang hinauf, voller Stacheldraht und so weiter, und ich muss gestehen, dass ich nicht sonderlich scharf darauf war, ihn zu erstürmen. Ich überlegte also gerade, ob ich vorher noch nach Hause schreiben sollte, als dieser Bursche Wiggins zu mirkam und mich fragte, ob ich Deutsch spräche. Ich sagte, ein wenig, und er meinte: ›Wunderbar, dann werde ich das regeln.‹ Und das hat er auch getan.«
    Sir Robert schaute ihn an. »Verzeihung, aber das verstehe ich nicht.«
    »Ganz einfach, Sir. Wiggins war ein praktisch veranlagter Mann und befand, dass es am einfachsten wäre, den nächsten Schützengraben zu kaufen. Ich muss schon sagen, seine Logik war tadellos, und der deutsche Offizier, dem wir uns gegenübersahen, fand die ganze Sache ziemlich amüsant. ›Seid ihr Tommys euch wirklich sicher?‹, wiederholte er immer wieder. Wir verständigten uns, indem wir in der Dunkelheit hin und her schrien. ›Ich sollte euch warnen, der Graben ist furchtbar.‹
    ›Wir wollen ihn trotzdem‹, antwortete Wiggins. ›Ihr habt doch genügend davon.‹
    Wir wussten, dass die Nachschublinien des Gegners zusammengebrochen und ihre Männer vermutlich hungriger als unsere waren. Und dieser Wiggins hatte einen schlauen kleinen Sergeant aus Wales, der am Tag zuvor einen wahren Schatz an Fleischwaren aufgetan hatte – Würstchen, Schinken, was das Herz begehrte. Keine Ahnung, woher er den hatte. Also wartete Wiggins, bis sich der Wind drehte, und befahl seinen Männern, erst Speck und dann Würstchen zu braten. Er war gnadenlos. Als der Speck schön knusprig und an den Rändern dunkel war, einigten wir uns auf vier Pfund Würstchen, ein Pfund Schinken, einen Früchtekuchen und eine Kiste Zigarren und beförderten sie auf das Ehrenwort des Offiziers hin nach drüben. Am nächsten Tag rückten wir vor und nahmen fünfundvierzig Gefangene, ohne einen einzigen Schuss abgefeuert zu

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