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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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wirklich spürte. Aus irgendeinem Grund vergrub ich den Knopf tief unten in der Kiste. Ich hatte keine Ahnung, wie er zwischen Reggies Sachen gelangt war.
    Am Boden der Kiste berührten meine Finger etwas Festes, ein Buch, das in sehr weiches Leder gebunden war.

I ch kehrte nicht sofort in die Dunkelkammer zurück. Nachdem ich mit Lady Stansbury gesprochen hatte, rekrutierte Violet Eccleston mich als Whist-Partner für sie und Mrs Rolleston. Als die Partie zu Ende ging, kehrten auch die Jäger zurück und versammelten sich bei Bier und Erfrischungen in der Großen Halle. Dort bemerkte ich Anne. Sie stand am Kamin und unterhielt sich mit Lady Stansbury, deren Gesicht keine Spuren der Emotionen mehr verriet, die sie vorhin gezeigt hatte. Sie war wieder die perfekte Gastgeberin.
    »Bitte, Tom«, bat sie mich, als ich zu ihnen trat, »sagen Sie Anne, dass sie zum Essen bleiben soll. Sie hat heute so viel für uns getan. Der Daimler steht Ihnen jederzeit zur Verfügung, meine Liebe, falls Sie sich im Pfarrhaus umziehen möchten. Und es wäre wunderbar, Sie dabeizuhaben. Fast wie in alten Zeiten, nicht wahr, Tom?«
    »Es wäre sehr schön, wenn Sie uns Gesellschaft leisteten«, sagte ich aufrichtig. »Vielleicht könnte Mrs Uttley Sie für einen Abend entbehren.«
    »Heute leider nicht, es tut mir leid.«
    Ihr Bedauern schien aufrichtig. Lady Stansbury empfand es wohl ähnlich, denn sie verstärkte ihre Bemühungen.
    »Dann morgen? Ich werde Mrs Uttley gleich schreiben. Ich bin mir sicher, es lässt sich einrichten. Ich kenne Mrs Uttley gut genug, um zu wissen, dass sie uns Ihre Gesellschaft für einen Abend gönnen wird …«
    An diesem Abend wirkten alle deutlich entspannter als zuvor, so als gewöhnten sie sich allmählich an die neue Situation. Denny Houghton war fröhlich, mit geröteten Wangen, und Lucy Flinders verwandelte sich in seiner Gegenwart von dem blassen Mädchen in eine lebhafte, recht anmutige jungeFrau. Sie sprachen mit Colonel Rolleston und brachten ihn sogar zum Lachen, was an das tiefe, dröhnende Brummen eines erwachenden Bären erinnerte.
    Margot plauderte fröhlich mit Neil Maclean, Freddie Masters unterhielt einige Freunde von Sir Robert mit einer Anekdote aus Whitehall, und Susan sprach mit Violet Eccleston. Ich fragte mich, ob Susan den Brief kannte, den ihre Mutter mir am Nachmittag gezeigt hatte. Hatte sie ihren Ehemann zu solch erstaunlich gewandten Worten bewegt? Oder hatten sie schon immer tief in ihm geschlummert?
    Als einige Gäste auf ihre Zimmer gingen, um sich umzuziehen, löste sich die Versammlung auf. Ich bemerkte, dass Anne sich zum Aufbruch bereit machte. Sie sprach ein letztes Mal mit Lady Stansbury, hielt inne und schaute sich im Zimmer um. Als sich unsere Blicke trafen, lächelte sie, und ich ging zu ihr hinüber.
    »Bringen Sie mich zum Auto?«, fragte sie sanft. »Ich habe etwas für Sie.«
    Draußen erwiesen sich die Prophezeiungen, es würde Schnee geben, als richtig. Vereinzelte Flocken fielen schon herab, als wir auf die Stufen vor dem Haus traten, und die bleigrauen Wolken drohten mit weiterem Schneefall. Der Chauffeur, der geduldig neben der Tür des Daimler wartete, schien in seiner Uniform zu frieren.
    »Ich muss jetzt los, Tom«, sagte Anne und blieb auf der obersten Treppenstufe stehen. »Ich wollte Ihnen nur etwas zeigen.« Sie griff in die Tasche und hielt inne. »Ich habe nie wirklich schlecht über Reggie gedacht. Ich wusste, er konnte unangenehm sein und die Beherrschung verlieren, doch ich habe es nie wirklich ernst genommen. Ich hätte nicht geglaubt, dass er so tief sinken und den Professor schlagen würde.«
    Ich hob überrascht die Augenbrauen. »Aber Sie glauben es jetzt?«
    Sie biss sich auf die Unterlippe. »Ich habe ihn nie als hinterhältig empfunden oder ihm einen Diebstahl zugetraut. Bis ich das hier entdeckte.«
    Sie holte ein kleines, in grünes Leder gebundenes Notizbuch aus ihrer Tasche. Das Notizbuch des Professors.
    »Ich hab es heute Nachmittag gefunden. Es war zwischen Reggies Sachen versteckt, nicht einmal sonderlich gut. In irgendeiner alten Kiste, unter diversen Zeitschriften. Nein, lesen Sie es nicht jetzt. Es gibt nicht viel zu sehen. Die fraglichen Seiten wurden herausgerissen. Und zwar alle.«
    Ich hob erneut die Augenbrauen und nahm das kleine Buch an mich.
    »Aber ich muss es bald zurücklegen«, fügte sie hinzu.
    Ich nickte und steckte es wortlos in die Tasche, bot ihr meinen Arm an und begleitete sie zum wartenden Wagen.
    Als

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