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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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dassHarry der tollste Bursche war, der je gelebt hat, mutig wie ein Löwe, weise wie eine Eule, treu wie ein Hund. Ich würde ihnen den ganzen verdammten Zoo liefern und mich wieder hinsetzen. Das dürfte ihnen gefallen. Aber irgendetwas sagt mir, dass es dir ziemliches Kopfzerbrechen bereitet.«
    »Mag sein.«
    Masters betrachtete mich aufmerksam, das Brandyglas in der einen, die Zigarette in der anderen Hand.
    »Du hast Harry nicht sonderlich gemocht, was?«
    Das war eine Frage, die niemand sonst in Hannesford stellte. Den meisten wäre sie nicht einmal in den Sinn gekommen.
    »Nein, nicht sehr« gestand ich. »Überrascht dich das?«
    »Kaum. Warum auch? Harry interessierte sich doch nur für sich selbst.«
    Er sagte es so gelassen, dass ich die Augen zusammenkniff. Niemand hatte jemals schlecht über Harry gesprochen.
    »Aber du mochtest ihn?«
    Freddie zuckte mit den Schultern. »Man konnte Spaß mit ihm haben. Und er duldete mich in seiner Nähe. Aber er war ein furchtbarer Snob und konnte manchmal ziemlich rücksichtslos sein. Die meisten Leute sahen natürlich nur seinen Charme.« Er versuchte, einen Rauchkringel zu blasen. »Wenn er wollte, konnte er ungewöhnlich charmant sein. Harry liebte es, geliebt zu werden. Darin lag wohl seine große Begabung.«
    »Ja, alle haben Harry geliebt, nicht wahr?« Ich verzog das Gesicht.
    »Vielleicht solltest du genau das sagen. Mach es dir nicht zu schwer. Außerdem hätte ich noch eine andere Frage in Sachen Stansbury-Clan. Was passiert, wenn Reggie nach Hause kommt?«
    Ich verstand nicht, worauf er hinauswollte. »Was sollte denn passieren? Denkst du an etwas Bestimmtes?«
    Masters legte den Kopf in den Nacken und stieß wieder Rauch aus.
    »Nun, es sind seltsame Zeiten in Hannesford, oder nicht? Hier sind wir nun alle und versuchen, das Beste daraus zu machen, damit die Party unserer Gastgeberin nicht ins Wasser fällt, aber es ist eine heikle Sache. Diejenigen, die drüben waren, wollen den verdammten Krieg vergessen. Und die, die geblieben sind, wollen das um jeden Preis verhindern. Plötzlich sind die Männer, die gestorben sind, alle Helden, und die Heimgekehrten sind undankbare Burschen, die ein bisschen launisch wirken und ein bisschen unbeholfen und die anderen enttäuschen. Vorausgesetzt, sie sind nicht gar ausgemachte Bolschewisten oder Unruhestifter.«
    Er sah an die Decke. »Alle hier tragen irgendwelche Narben. Selbst diejenigen, die viel Geld am Krieg verdient haben. Es ist eine explosive Mischung. Und nun werfen sie Reggie mitten hinein wie eine verbeulte Granate. Fragt sich nur, ob er explodiert oder nicht.«
    Es war eine Frage, die ich nicht beantworten konnte. Ich sagte mir nur, es sei klüger, sich bedeckt zu halten.
    An diesem Abend wandte ich mich in der Geborgenheit meines Zimmers noch einmal den Fotos zu. Von Harry Stansbury gab es mindestens ein Dutzend: Harry in Tenniskleidung, Harry auf einem Polo-Pony, Harry, wie er auf einem Tor sitzt und auf Margot herablächelt, die in die Kamera schaut. Ich betrachtete alle Bilder genau und fragte mich, welche Wahrheit in ihnen verborgen sein mochte. Doch keines stach besonders heraus. Das Bild mit den Hausmädchen und dem Teppich zeigte mehr als nur zwei Menschen bei der Arbeit. Die Fotos von Harry hingegen wirkten oberflächlich; bloße Ähnlichkeiten, mehr nicht. Sie konnten schlechter kaum sein.
    Es gab eines von Harry mit Julian Trevelyan, beide mit Tennisschlägern,Harry hatte die Hand auf die Schulter des anderen Mannes gelegt. Welche Wahrheit sprach aus diesem Bild? Dass Harry und Julian Freunde gewesen waren? Dass Julian ein wenig im Vordergrund stand, als hätte er sich mehr auf die Kamera konzentriert als auf Harry? Nein, es verriet mir nichts dergleichen. Es sagte mir lediglich, dass diese beiden Männer an irgendeinem Tag gemeinsam auf der Terrasse gestanden hatten und fotografiert worden waren. Selbst ihre Tennispartie war reine Vermutung. Möglicherweise hatte der Regen das Spiel verhindert. Oder die Schläger waren nur Requisiten gewesen, ein Entgegenkommen für den Fotografen. Die Kamera bot einfache Wahrheiten; sie log nur, wenn es um die Schlussfolgerungen ging.
    Ein Foto von einem Ausflug zu den Three Shepherds weckte mein Interesse. Ich wusste, dass ich es am Freitag vor dem großen Ball aufgenommen hatte, dem Tag, bevor ich den Professor so erschüttert erlebt hatte. Es war ein Gruppenfoto. Die ganzen vertrauten Gesichter – die Eversons, die Flinders-Mädchen, Freddie Masters,

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