Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
Tippy Hibbert. Harry Stansbury und Anne Gregory knieten neben einem riesigen Picknickkorb und lächelten in die Kamera. Im Hintergrund sah man Julia Woodward; sie lächelte ein wenig reserviert, ihr Gesichtsausdruck war bemüht. Sie wurde zum Teil von Oliver Eastwell verdeckt, der eine auffällige Krawatte trug und ein dummes Gesicht machte. Neben ihm stand Reggie Stansbury, die Hände in den Taschen, den Mund zu einem seltenen und ziemlich attraktiven Lächeln verzogen. Ich hatte ihn nie so glücklich gesehen.
    Aber ich wusste, dass es nicht um diese Menschen ging. Für mich war es ein Porträt von Margot gewesen: Margot im Mittelpunkt, wie sie lachte und kühn und unverfroren dem Auge der Kamera begegnete; Margots Gesicht, Margots Figur. Margots Hände, die sich leicht um einen Sonnenschirm krümmten. Mein Gott, was für eine qualvolle Hoffnung undSehnsucht hatte ich an jenem Tag gespürt. Natürlich war sie egozentrisch, verwöhnt und eitel gewesen, daran hatte ich nie gezweifelt. Doch selbst im Rückblick konnte ich nicht bestreiten, dass sie wunderschön war.
    Manchmal träumt man so lange von etwas, bis der Traum zu einem festen Bestandteil des Gedächtnisses wird, dem man sich zuwendet, wenn man Trost oder Hilfe braucht. Der Gegenstand selbst, seine chaotische Realität, ist nicht mehr wichtig. Der Traum ist sicherer. Es ist der Traum, der zählt.
    In den Schützengräben gingen die Träume verloren; sie verbrannten im Gestank von Kordit und Senfgas. Die meisten Männer klammerten sich an sie, während sie starben. Wer überlebte, ließ sie los und kehrte innerlich leerer zurück, als er es sich je hätte vorstellen können.
    Lange nach Mitternacht hörte ich, wie meine Schlafzimmertür aufging. Ich lag schon im Bett, hatte mich genüsslich unter der Decke ausgestreckt. Ich hatte das Feuer brennen lassen, und im Zimmer war es noch warm, obwohl die Flammen allmählich erstarben. Neben meinem Bett brannte eine einzelne Lampe.
    Margot trug einen Morgenmantel für Männer, der sie vom Hals bis zu den Zehen verhüllte und kratzig wie Draht aussah. Ihr Haar fiel golden auf die Schultern. Ihre Kehle war entblößt. Sie wirkte zerzaust, als käme sie gerade aus dem Bett.
    »Hallo, Tom«, sagte sie sanft. »Ich habe Licht bei dir gesehen.« Ihr Blick fiel auf die Fotos, die durcheinander in der Schachtel lagen. »Erinnerungen an alte Zeiten?«
    Sie ging lautlos durchs Zimmer und setzte sich auf die Bettkante.
    »Sieht so aus.« Ihre Gegenwart, ihre Nähe beunruhigten mich. »Kannst du nicht schlafen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe mir gedacht, dass du auch noch wach bist.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Sie sah mich eindringlich an.
    »Du willst mich nicht heiraten, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf. Das hatte ich nie gewollt, das war mir inzwischen klar. Nicht einmal, als sich die Vorstellung, sie könnte Julian Trevelyan heiraten, wie glühender Stahl in mein Inneres gebohrt hatte.
    »Gut. Ich wollte nur sichergehen.« Sie stand auf und ließ den Morgenmantel zu Boden fallen. Dann glitt sie unter meine Bettdecke, als wäre es die natürlichste Sache der Welt.
    Ich hatte von Margots Körper geträumt, der sich an mich presste. Ich hatte von meinen Fingerspitzen auf ihrer Haut geträumt. Ich hatte mir diese Glückseligkeit ausgemalt, die überwältigende Freude. Und nicht eine Berührung, nicht ein Kuss, nicht ein Schauer der Ekstase blieb hinter meinen Erwartungen zurück. Doch während der Traum Wirklichkeit wurde, spürte ich, wie die Welt sich zur Seite neigte, mir entglitt. Ich hatte mir nie vorgestellt, dass meine Lust von Zweifel, Verwirrung oder Schuld gefärbt sein könnte. Ich hatte mir nie etwas so Kompliziertes vorgestellt. Wir träumen in schlichten Farben.
    »Warum?«, fragte ich sie, als das Feuer niedergebrannt war und es nur noch das Lampenlicht und ihre Augen gab. Sie lag nah bei mir, an mich gepresst, das Gesicht auf demselben Kissen wie ich. »Warum ich? Warum jetzt?« Ich konnte es mir nicht erklären.
    Margot lächelte und fuhr mit der Fingerspitze an meinem Kiefer entlang.
    »Fragen, Fragen …« Ihre Augen folgten ihren Fingern und schauten dann wieder zu mir. »Das Gleiche könnte ich dich fragen. Warum ich, Captain Allen?«
    »Margot, du weißt, dass ich dich immer wollte. Immer.«
    »Nein«, widersprach sie mir zärtlich. »Das war früher. Früher war es anders. Ich habe etwas in deinen Augen gesehen. Eine Sehnsucht. Sie war so tief, dass sie mir Angst gemacht hat. Aber

Weitere Kostenlose Bücher