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Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Titel: Wiedersehen mit Mrs. Oliver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Stubbs bald zurückkommen wird.«
    »Ja, es ist sehr gedankenlos von der lieben Hattie, uns allen solche Sorgen zu machen.« Sie sprach mit lebhafter Stimme, aber ihr ungezwungener Ton war nicht ganz echt. »Ich bin davon überzeugt, dass sie wohl und munter ist.«
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und eine reizvolle junge Frau mit rotem Haar und Sommersprossen kam herein.
    »Wie ich höre, wünschen Sie mich zu sprechen«, sagte sie.
    »Das ist Mrs Legge, Kommissar«, stellte Mrs Folliat vor. »Ich weiß nicht, ob Sie schon von der entsetzlichen Tragödie gehört haben, liebste Sally?«
    »Ja, ich habe davon gehört – grauenhaft, nicht wahr?«, erwiderte Mrs Legge. Sie seufzte tief und ließ sich erschöpft in den Sessel fallen, nachdem Mrs Folliat das Zimmer verlassen hatte. »Wie entsetzlich Leid mir das alles tut«, sagte sie. »Es erscheint mir ganz unvorstellbar – Sie wissen, was ich meine! Leider kann ich Ihnen in keiner Weise helfen, weil ich den ganzen Nachmittag über wahrgesagt habe und nicht sah, was draußen vorging.«
    »Das weiß ich, Mrs Legge. Trotzdem müssen wir allen die gleichen Routinefragen stellen – zum Beispiel: Wo waren Sie zwischen vier Uhr fünfzehn und fünf Uhr?«
    »Um vier Uhr bin ich Tee trinken gegangen.«
    »Ins Teezelt?«
    »Ja.«
    »War es sehr voll?«
    »Entsetzlich voll.«
    »Haben Sie dort Bekannte getroffen?«
    »Ja, ich sah einige Bekannte, aber ich habe mit niemandem gesprochen. Was ich für einen Durst hatte, können Sie sich gar nicht vorstellen! Also das war um vier, und um halb fünf war ich wieder in meinem Zelt und habe weiter wahrgesagt. Am Ende versprach ich den Frauen das Blaue vom Himmel herunter: einen Millionär zum Mann, einen Filmvertrag in Hollywood und wer weiß was sonst noch alles. Die üblichen Reisen übers große Wasser und verdächtige dunkelhaarige Frauen erschienen mir allmählich zu zahm.«
    »Was geschah während Ihrer halbstündigen Abwesenheit? Angenommen, es wollte jemand zum Wahrsagen zu Ihnen kommen?«
    »Ich hatte draußen am Zelt ein Schild angebracht: ›Bin um halb fünf zurück.‹«
    Der Kommissar notierte sich etwas.
    »Wann haben Sie Lady Stubbs zuletzt gesehen?«
    »Hattie? Das weiß ich nicht mehr. Sie war ganz in meiner Nähe, als ich mein Zelt verließ, um Tee trinken zu gehen, aber ich habe nicht mit ihr gesprochen. Ich kann mich nicht entsinnen, sie danach noch einmal gesehen zu haben. Irgendjemand hat mir eben erzählt, dass sie verschwunden ist. Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Na ja, sie ist nicht ganz richtig im Kopf«, meinte Sally. »Wahrscheinlich ist sie entsetzlich erschrocken, als sie von dem Mord hörte.«
    »Mag sein – jedenfalls danke ich Ihnen sehr, Mrs Legge.«
    Mrs Legge verstand sofort, dass sie entlassen war. Als sie hinausging, trat Hercule Poirot ins Zimmer.
    Der Kommissar blickte zur Decke empor und sagte:
    »Mrs Legge behauptet, dass sie zwischen vier und halb fünf im Teezelt war. Mrs Folliat gab an, dass sie von vier Uhr an im Teezelt geholfen habe und dass Mrs Legge nicht anwesend war.« Er machte eine Pause, dann fuhr er fort: »Miss Brewis sagt, dass Lady Stubbs sie gebeten habe, Marlene Tucker Kuchen und Limonade zu bringen. Michael Weyman meint, dass Lady Stubbs nie auf so einen Gedanken gekommen wäre.«
    »Ja, ja. Einander widersprechende Aussagen. Das stellt man immer fest«, fand Poirot.
    »Und wie viel Arbeit es macht, sie richtig zu stellen«, bemerkte der Kommissar. »Manchmal ist es wichtig, aber in den meisten Fällen spielt es gar keine Rolle. Eins ist sicher: Wir haben einen Haufen Kleinarbeit vor uns.«
    »Und was denken Sie jetzt, mon cher? Wie sind Ihre letzten Eindrücke?«
    »Ich glaube, dass Marlene Tucker etwas gesehen hat, was sie nicht sehen sollte«, sagte Bland ernst, »und dass sie deshalb ermordet werden musste.«
    »Ich will Ihnen nicht widersprechen«, meinte Poirot. »Die Frage ist: Was hat sie gesehen?«
    »Sie mag einen Mord gesehen haben oder die Person, die den Mord verübte«, erklärte der Kommissar.
    »Mord?«, fragte Poirot. »Wer wurde denn sonst noch ermordet?«
    »Was glauben Sie, Poirot? Lebt Lady Stubbs, oder ist sie tot?«
    Poirot überlegte einen Augenblick, bevor er antwortete:
    »Ich glaube, dass Lady Stubbs tot ist, mon ami, und ich will Ihnen auch sagen, warum ich das glaube: Weil Mrs Folliat sie für tot hält. Ja, was sie jetzt auch sagen oder behaupten mag, Mrs Folliat glaubt, dass Hattie Stubbs tot ist. Mrs Folliat weiß vieles, was wir

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