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Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Titel: Wiedersehen mit Mrs. Oliver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ist er ein potentieller Mörder – ein unverschämter, nervöser junger Kerl. Würde jeden umbringen, ohne die Miene zu verziehen, verkehrt wahrscheinlich in lockerer Gesellschaft …«
    »Sie triefen ja vor Moral, Bland«, meinte Major Merrall. »Hat er ein Alibi?«
    »Er drückt sich sehr unbestimmt aus, Sir.«
    »Das beweist, dass er ein richtiger Architekt ist«, erklärte Merrall mit Gefühl. Er hatte sich erst kürzlich ein Haus an der Küste bauen lassen. »Sie sind so zaghaft und unsicher, dass man sich manchmal fragt, ob sie überhaupt lebendig sind.«
    »Er weiß nicht, wo er wann war, und niemand scheint ihn gesehen zu haben. Wir haben gewisse Beweise, dass Lady Stubbs es auf ihn abgesehen hatte.«
    »Denken Sie an ein Sittlichkeitsverbrechen?«
    »Man muss an alles denken, Sir«, stellte Bland salbungsvoll fest. »Bleibt noch Miss Brewis …« Er zögerte.
    »Das ist die Sekretärin, nicht wahr?«
    »Ja, eine sehr tüchtige Person.«
    Wieder trat eine Pause ein, und Major Merrall sah seinen Untergebenen scharf an.
    »Und Sie haben sie in Verdacht, nicht wahr?«
    »Ja, Sir. Sie gibt nämlich ganz offen zu, dass sie ungefähr zu der Zeit, um die der Mord geschehen sein muss, im Bootshaus war.«
    »Würde sie das tun, wenn sie schuldig wäre?«
    »Möglicherweise«, erwiderte Bland langsam. »Etwas Besseres könnte sie gar nicht tun. Wenn sie ein Tablett mit Kuchen und Limonade in die Hand nimmt und allen sagt, dass sie es der Kleinen ins Bootshaus bringt, hat sie einen stichhaltigen Grund für ihre Abwesenheit. Sie kommt zurück und behauptet, dass das Mädchen wohl und munter sei, und wir nehmen ihre Aussage für bare Münze. Wie Sie sich erinnern werden, stellt Dr. Cook in seinem ärztlichen Gutachten fest, dass der Tod zwischen vier Uhr fünfzehn und fünf Uhr eingetreten sein muss. In unserer Annahme, dass Marlene um vier Uhr fünfzehn noch am Leben war, können wir uns nur auf Miss Brewis’ Aussage stützen. Ich bin diesbezüglich auf etwas Merkwürdiges gestoßen: Sie hat ausgesagt, dass Lady Stubbs sie gebeten habe, Marlene Kuchen zu bringen; aber ein anderer Zeuge behauptet steif und fest, dass Lady Stubbs niemals auf einen solchen Gedanken gekommen wäre, und ich bin derselben Meinung. Lady Stubbs war nur mit sich und ihrem Aussehen beschäftigt; sie scheint sich zum Beispiel niemals um Mahlzeiten oder um andere Haushaltsfragen gekümmert zu haben. Je mehr ich darüber nachdenke, umso unwahrscheinlicher erscheint es mir, dass sie Miss Brewis veranlasste, Marlene etwas zu essen zu bringen.«
    »Sie mögen da auf einer richtigen Spur sein, Bland; aber was für ein Motiv sollte sie haben?«, fragte Merrall.
    »Kein Motiv, das junge Mädchen zu töten, aber ich halte es für möglich, dass sie einen Grund hatte, Lady Stubbs umzubringen. M. Poirot, von dem ich Ihnen erzählte, glaubt, dass sie bis über beide Ohren in ihren Arbeitgeber verliebt ist. Nehmen wir an, sie folgte Lady Stubbs in den Wald und ermordete sie, und Marlene, die aus Langeweile das Bootshaus verlassen hatte, wurde zufällig Augenzeugin des Verbrechens. Daraufhin wäre Miss Brewis natürlich gezwungen gewesen, auch Marlene zu ermorden. Was war dann am besten zu tun? Marlenes Leiche ins Bootshaus zu schleifen, zum Haus zurückzukommen, das Tablett zu holen und wieder zum Bootshaus zu gehen. Damit war ihre Abwesenheit vom Gartenfest erklärt, und wir hatten ihre Aussage – offensichtlich die einzige zuverlässige Aussage –, dass Marlene Tucker um vier Uhr fünfzehn noch am Leben war.«
    »So weit, so gut«, sagte Merrall seufzend. »Und was hat sie, nach Ihrer Ansicht, mit der Leiche von Lady Stubbs angefangen?«
    »Sie im Wald versteckt, vergraben oder in den Fluss geworfen.«
    »Das Letztere wäre ziemlich schwierig, glauben Sie nicht?«
    »Kommt darauf an, wo der Mord stattgefunden hat«, erklärte der Kommissar. »Sie ist eine ziemlich kräftige Person. Wenn es in der Nähe des Bootshauses war, könnte sie die Leiche bis zum Anlegesteg getragen und sie von dort ins Wasser geworfen haben.«
    »Obwohl dort dauernd Vergnügungsdampfer vorbeifahren?«
    »Ja, denn das hätte, wie wir wissen, wahrscheinlich wie ein grober Scherz ausgesehen – aber vielleicht wäre es doch etwas zu riskant gewesen. Ich nehme eher an, dass sie die Leiche irgendwo versteckte und nur den Hut ins Wasser warf. Sie kennt das Haus und das Grundstück gut und weiß vielleicht von einem Platz, an dem man einen Leichnam verbergen kann. Sie mag ihn auch

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