Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen
Bedeutung.«
»Aber woher wissen wir das denn? Es wäre schon ein enormer Zufall, wenn …«
Der Kardinal hob die Hand und gebot ihm zu schweigen.
Seine Entscheidung war unwiderruflich, und der alte Hauptmann musste dies zähneknirschend hinnehmen.
»Wie Ihr wünscht, Exzellenz.«
»Ihr werdet bald erfahren, dass ich ein Mann bin, der
nicht nur nimmt, sondern auch gibt«, fügte Richelieu leise hinzu.
Dann rief er so laut, dass man ihn auch im Nebenraum hören konnte: »Lasst Monsieur Saint-Lucq wieder eintreten.«
22
Marciac folgte Castilla heimlich durch dunkle, menschenleere Straßen in den nahen Faubourg Saint-Victor . Sie überquerten die Rue Mouffetard , gingen dann die Rue d’Orléans entlang, kreuzten die Rue de la Clef , wo der Spanier bis vor kurzem noch im Gasthaus gewohnt hatte, und bogen schließlich in die kleine Rue de la Fontaine ein. Dort blickte sich Castilla vorsichtig um, jedoch ohne den Gascogner zu bemerken, und klopfte dann dreimal an die Tür eines Hauses. Es wurde ihm sofort geöffnet. Als Castilla eintrat, konnte Marciac die Silhouette einer Frau im Türrahmen erkennen.
Der Gascogner wartete einen Moment und schlich dann näher. Er trat leise an die Fenster heran, doch durch die geschlossenen Vorhänge konnte er lediglich feststellen, wo Licht brannte. Er sah sich um und entdeckte eine Luke, die so klein war und so hoch lag, dass man nicht daran gedacht hatte, sie zu sichern. Aus dem Stand sprang er hoch, erreich te das Sims und zog sich daran bis zum Kinn empor. Er sah Castilla und eine Frau, die sich in einem wohnlich eingerichteten Zimmer unterhielten, ohne sie jedoch verstehen zu können. Die Frau war zierlich und hübsch und hatte ihr braunes Haar zu einem lockeren Dutt zusammengesteckt. Dunkle Locken umschmeichelten ihre Schläfen. Sie trug ein
recht gewöhnliches Kleid, wie es sich etwa die Tochter eines Handwerkers leisten konnte.
Castilla und die junge Frau umarmten sich, ohne dass man daraus schließen konnte, ob sie nun Freunde, Liebende oder Geschwister waren. Marciacs Arme fingen an zu schmerzen, also ließ er los und landete weich am Boden. Bald darauf hörte er, wie eine Tür zum Garten hin geöffnet wurde, und dann das Quietschen weiterer Türangeln. Ein Pferd schüttelte sich prustend, und schon ritt der Spanier im Trab das Gässchen hinunter.
Marciac musste sich in einen dunklen Winkel an der Hauswand drücken, damit er weder gesehen noch über den Haufen geritten wurde. Er wollte Castilla weiter verfolgen, doch dieser verschwand bereits in einer Seitenstraße der Rue Fontaine .
Der Gascogner stieß einen leisen Fluch aus. Er wusste, dass es zwecklos war, einen Reiter zu Fuß zu verfolgen.
Was war also zu tun?
Die ganze Nacht vor dem Haus Wache zu stehen, nutzte auch nichts, und früher oder später würde er seinen Posten aufgeben müssen, um im Palais Épervier seinen Bericht abzuliefern. Sinnvoller war es da, zu den anderen Klingen zurückzukehren, um die Bewachung des Hauses und seiner charmanten Bewohnerin zu organisieren. Letztendlich hatte La Fargue zu entscheiden, was nun geschehen sollte.
Marciac wollte gerade gehen, als er verdächtige Geräusche aus der Rue du Puits-l’Hermite vernahm. Er zögerte kurz, machte kehrt und wagte einen Blick um die Hausecke. Er entdeckte eine Gruppe von Männern, die sich um einen versammelt hatten, der ganz in schwarzes Leder gekleidet war und eine Augenklappe mit silbernen Verzierungen trug.
Diese Burschen führen sicher etwas im Schilde , dachte Marciac.
Er war zu weit von ihnen entfernt, um verstehen zu können, was sie sagten, und suchte vergeblich eine Möglichkeit, unauffällig näher an sie heranzukommen. Doch dann entdeckte er einen Balkon, kletterte daran hoch und aufs Dach. Mit der Hand am Degen, damit er nirgends damit anstieß, arbeitete er sich geschmeidigen und sicheren Schrittes von Haus zu Haus vor. Die Leere, die er dabei immer wieder überwinden musste, machte ihm keine Angst. Das letzte Stück kroch er flach auf den Dachziegeln vorwärts.
»Das ist die Rue de la Fontaine «, sagte der Einäugige gerade mit starkem spanischen Akzent. »Das Haus erkennt ihr doch wieder, oder? Das Mädchen ist allein, also solltet ihr keine Probleme bekommen. Aber vergesst nicht, wir brauchen sie lebend.«
»Kommst du nicht mit uns, Savelda?«, fragte eine der zwielichtigen Gestalten.
»Nein, ich habe im Moment Wichtigeres zu tun. Enttäuscht uns nicht.«
Daraufhin gab er seinem Pferd die Sporen und ritt
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