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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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Weinfässern beladen war. Dann schnappte er sich sein Rapier, das mitten im Hof im Dreck lag, und konnte sich gerade noch den Angreifern entgegenstellen. Er kämpfte erbittert, aus Angst um seinen Schützling. Doch es schien so, als bekäme er nie die Oberhand über einen seiner Gegner, ohne dass ein anderer ihn sofort wieder zurückdrängen würde. Schließlich gelang ihm ein blitzschneller Gegenangriff. Er schnitt einem Ersten die Kehle durch, streckte einen Zweiten mit einem Schlag gegen die Schläfe nieder, trat einem Dritten zwischen die Beine und stieß ihm dann das Rapier bis zum Anschlag in die Brust.
    Er hoffte schon, dass der Kampf vorbei wäre, doch da warnte ihn Cécile bereits vor zwei weiteren Männern, die mit gezückten Degen über das Baugerüst kamen. Gleichzeitig erschien ein Nachzügler in der dunklen Durchfahrt. Marciac, müde und verletzt, ahnte, dass er nicht mehr in der Lage war, drei weitere Angreifer außer Gefecht zu setzen. Würde er wenigstens
die Kraft und die Zeit haben, den ersten zu erledigen, bevor die beiden anderen ihn erreichten?
    Er wich zurück, im Rücken den Karren, hinter dem sich Cécile versteckte. Gefasst wartete er darauf, dass der erste der Entführer näher kam und seine Komplizen die zweite Ebene des Baugerüsts erreicht hatten. Dann riss er ganz plötzlich seinen Degen mit beiden Händen in die Höhe und durchtrennte mit einem Hieb das Seil, mit dem der zweirädrige Karren an einem Ring befestigt war. Das gekappte Seil peitschte durch die Luft. Der Karren kippte, und eine Lawine aus Fässern löste sich.
    Der Angreifer im Hof brachte sich eilig in Sicherheit. Einige der Fässer zerschellten an der Hauswand, und eine Flutwelle aus Wein ergoss sich über das Pflaster. Doch andere krachten gegen das morsche Tragwerk des Baugerüsts. Die Träger gaben nach, und die drei Stockwerk hohe Konstruktion fiel in sich zusammen und begrub die Entführer unter ihren Planken. Stücke des Mauerwerks brachen aus der Fassade. Dicke Staubwolken wurden bis hoch über die Dächer aufgewirbelt, rieselten wieder zu Boden und bedeckten den Hof mit einer weißen Schicht.
    Dann wurde es still.
    Marciac betrachtete einen Moment lang das Durcheinander. Langsam ertönten im Viertel die aufgeregten Rufe erschreckter Anwohner. Er steckte den Degen zurück in das Futteral und ging vorsichtig auf Cécile zu. Die kauerte über und über mit Staub bedeckt in einer Ecke.
    »Es ist vorbei, Cécile.«
    »Ich … Ich … Diese Männer«, stammelte die junge Frau.
    »Es ist gut, Cécile …«
    »Sind sie … tot?«

    »Ja. Da, nehmt meine Hand …«
    Sie schien ihn nicht zu hören, nicht zu verstehen, was er sagte.
    Er ließ nicht locker und sagte sanft: »Wir müssen von hier verschwinden, Cécile. So schnell wie möglich.«
    Er wollte ihr gerade beim Aufstehen behilflich sein, als er den plötzlichen Schrecken in ihren Augen erkannte und verstand.
    Einer der Entführer hatte überlebt.
    Er konnte ihn bereits hinter sich spüren und wusste, dass er jeden Augenblick zuschlagen würde. Er war sich auch im Klaren, dass er nicht mehr genug Zeit haben würde, sich aufzurichten, umzudrehen und das Rapier zu ziehen.
    Er sah der jungen Frau eindringlich in die Augen. Er hoffte, sie möge den Blick verstehen, glaubte ein fast unmerkliches Nicken zu sehen … Und sprang dann ganz plötzlich zur Seite.
    Cécile hielt die Pistole mit beiden Händen und schoss.

III
    Die Seelenkugel

1
    Seine Beine trugen ihn nicht mehr. Der Mann musste sich auf seine gefesselten Handgelenke stützen. Er schwankte leicht, und seine Zehen gruben sich in den Boden aus gestampfter Erde. Er war fast nackt, trug nur mehr zerrissene Hosen und die Reste eines blutverschmierten Hemds. Blut tropfte aus seinen zerzausten und verklebten Haaren und rann ihm über das verquollene Gesicht bis hinunter auf seinen malträtierten Oberkörper, der mit Blutergüssen übersät war. Der Mann atmete schwer, aber er lebte: Ein heiseres Röcheln kam aus den schmerzenden Tiefen seiner Brust, und rote Blasen quollen ihm bei jedem Atemzug aus der gebrochenen Nase.
    Er war nicht der Einzige in diesem Keller, der ihm zum Vorzimmer der Hölle geworden war. Da gab es den fetten, schwitzenden Koloss, der mit einer schweren Kette auf ihn eindrosch und ihn sachkundig einer brutalen Folter unterzog. Und dann war da noch dieser andere, ein Einäugiger, der mit ihm sprach und ihm Fragen auf Kastilisch stellte. Er war blass, hatte ein kantiges Gesicht, und seine Kleidung

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