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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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Hände ineinander verschränkt, und starrte nachdenklich geradeaus.
    »Neben deinen vielen anderen Talenten ergründest du Seelen besser als irgendwer sonst. Also, was hältst du von ihr?«
    Agnès wandte sich wieder vom Hauptmann ab, seufzte dann und nahm sich die Zeit, ihre Gedanken zu ordnen und eine Bilanz ihrer Intuition zu ziehen. »Ich glaube«, sagte sie, »… ich glaube, sie lügt ein bisschen und verheimlicht viel.«
    »Sie ist undurchschaubar«, stimmte La Fargue ihr zu.
    »Ich denke, sie ist in Spanien geboren«, fuhr Agnès fort. »Oder zumindest hat sie dort viele Jahre gelebt.«
    Sie beobachtete ihn aus dem Augenwinkel und bemerkte seine Reaktion. Er runzelte die Stirn, setzte sich gerade hin und fragte: »Woher weißt du das?«
    »Sie hat zwar keinen Akzent, der ihre spanische Herkunft verriete, aber sie gebraucht manche Wendung, die direkt aus dem Kastilischen übertragen zu sein scheint.«
    La Fargue nickte besorgt und resigniert.
    Schweigen trat ein.

    »Was wollt Ihr wirklich wissen, Hauptmann?«, fragte sie schließlich mit sanfter Stimme. »Oder vielmehr: Was wisst Ihr bereits? Ich war dabei, als Marciac mit diesem Mädchen hier ankam. Mir ist Eure Reaktion nicht entgangen. Ihr wurdet ganz blass …«
    Bei ihrer Rückkehr aus dem Spielsalon hatte Agnès das Palais Épervier trotz der fortgeschrittenen Stunde noch hell erleuchtet vorgefunden, und die Klingen in Aufruhr, nachdem Malefiz – auf Befehl des Kardinals – von Graf Rochefort weggeschafft worden war. Nach diesem frustrierenden und demütigenden Zwischenfall waren alle verbittert, vor allem Leprat, der seine Wut im Wein ertränkte. Dann war Marciac mit der jungen Frau zurückgekehrt, die er nach hartem Kampf gerettet hatte, was alle plötzlich auf andere Gedanken brachte.
    »Ich weiß noch gar nichts sicher«, sagte La Fargue. »Jetzt geh zu den anderen zurück. Und sage ihnen nichts von unserer Unterhaltung. Ich komme gleich nach.«
    Agnès zögerte einen Augenblick, doch dann stand sie auf und ging die Stufen hinunter.
    Als er allein war, zog der alte Hauptmann ein Medaillon aus seinem Wams, öffnete den ziselierten Deckel und versenkte sich in die Betrachtung des gemalten Miniaturporträts. Wenn es nicht schon vor fünfundzwanzig Jahren gemalt worden wäre, hätte es das Bildnis des geheimnisvollen Schützlings sein können, der seit heute Nacht im Palais Épervier weilte.
     
    Nachdem sie sich umgezogen und abgeschminkt hatte, gesellte sich Agnès wieder zum Rest der Truppe in den großen Saal, der zu dieser Stunde noch eher von den Fackeln erleuchtet wurde als vom matten Licht des anbrechenden Tages.

    Leprat saß in einem Sessel nahe am Kamin, hatte sein verletztes Bein vor sich auf einem Schemel ausgestreckt und leerte schweigend eine Flasche Wein. Etwas abseits fuhr Almadès mit einem Schleifstein über die Klinge seines Rapiers – dreimal auf der einen Seite, dreimal auf der anderen und so fort. Am Tisch saßen Ballardieu und Marciac und nahmen einen kräftigen Imbiss ein, den Guibot ihnen, auf seinem Holzbein humpelnd, serviert hatte. Doch der Gascogner war von seinem soeben überstandenen Abenteuer noch so erregt, dass er kaum zum Essen kam, weil er dem alten Veteran alles haarklein berichten musste. Der allerdings legte einen gesunden Appetit an den Tag, den er sich auch durch Marciacs Geschichten nicht verderben ließ.
    »Ich glaubte mich schon verloren«, berichtete Marciac, »aber ich warf mich zur Seite, sie hielt die Pistole mit beiden Händen und – peng! – drückte ab. Traf voll ins Schwarze! Und der Bursche, der mich von hinten aufspießen wollte, hatte die Kugel mitten im Gesicht.«
    »Da hast du ganz schönes Glück gehabt«, kommentierte Ballardieu, bevor er ein Stück Pastete mit einem tüchtigen Schluck Wein hinunterspülte.
    »Das war Schicksal, mein Freund! Schicksal! Audaces fortuna juvat !«
    Ballardieu starrte ihn entgeistert an.
    »Diese Redewendung geht auf Vergil zurück«, erklärte Marciac neunmalklug. »Sie bedeutet, dass man ruhig gefährlich leben soll, denn die Mutigen begleitet das Glück.«
    Ballardieu überlegte, ob er fragen sollte, wer dieser Vergil sein sollte, ließ es dann aber, weil Agnès hereinkam und Marciac sich besorgt nach Cécile erkundigte: »Wie geht es ihr?«

    »Gut. Sie schläft.«
    »Das sind ja gute Neuigkeiten.«
    »Und was macht deine Schulter?«
    Von seinem ereignisreichen nächtlichen Ausflug hatte Marciac neben einem zitternden Mädchen auch einige Prellungen und

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