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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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herunter, durchquerte sie mit vier langen Schritten und stieg auf die Truhe unterhalb des schmalen Fensters.
    Es war nicht der Häuptlingssohn, auf den er herabblickte.
    Sondern Lady Athelna.
    Er wusste immer noch nicht, wer sie war. Arien hatte auf seine Nachfrage geschwiegen, und Rúna hatte er nicht mehr gefragt. Zum zweiten Mal erblickte er Athelna, und dieses Mal war sie allein. Wie zuvor trug sie die dunkelbraunen Haare offen, wie es bei unvermählten Frauen üblich war. Die Fußfessel sah er nicht, doch ihre unsichere Haltung verriet, dass sie wieder damit geplagt war.
    »Herr Ritter, ich wollte mit Euch sprechen.« Ihr Blick huschte hin und her. »Ich bin Athelna, die Tochter Ian MacCallums von Eastfield. Seid Ihr meinetwegen hier?«
    Er zögerte nur einen Augenblick, doch schon schluchzte sie auf und schlug eine Hand vor das Gesicht.
    »Also nicht! Mein Name sagt Euch gar nichts.«
    »Ich weiß, dass Ihr Athelna heißt, ma dame, aber … nein, mein Hiersein hat mit Eurem nichts zu tun. Weshalb seid Ihr hier?«
    Sie rieb sich über die Wange, fasste sich und schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn Ihr es nicht wisst, dann will ich Euch auch nicht damit belasten. Es tut mir leid.«
    »Lady Athelna!«, zischte er, als sie sich abwenden wollte. »Bei meiner Ehre, so lasse ich Euch nicht gehen! Sagt mir, weshalb Ihr hier seid und wie ich Euch helfen kann.« Wie willst du ihr denn helfen, du Dummkopf? , schalt er sich sogleich. Was konnte er in seiner Lage schon tun? Dennoch, wenn sie sich ihm nicht anvertraute, war es völlig aussichtslos.
    »Nun ja, mein Vater ist ein schottischer Earl, der in Eastfield-upon-Eye-Water lebt …« Sie zögerte, schien zu überlegen, ob wirklich die Zeit blieb, diese Geschichte zu beginnen. Zwei, drei Schritte trippelte sie zurück, um die Lage besser überblicken zu können. Dann kam sie wieder näher und legte den Kopf in den Nacken. Sie war wahrhaftig eine zarte Schönheit, die einen Mann allein durch ihren Anblick um den Verstand bringen konnte. Sogar ihn. Wäre er kein Mönchsritter – und wäre da nicht schon eine andere Frau, die in seinem Kopf herumgeisterte …
    »Voriges Jahr war ich auf dem Heimweg von Berwick-upon-Tweed. Dort hatte ich Stoffe gekauft, für mein Verlobungskleid. Ich bin einem Ritter in Edinburgh versprochen …« Sie schluchzte wieder auf und griff nach einer kleinen Silberhülse, die an ihrem Hals hing. Sie hob sie an die bebenden Lippen. Er konnte förmlich sehen, wie sie mit aller Macht die Tränen zurückzwang und sich fasste. »Baldvin Baldvinsson und seine Männer überfielen den Reisezug, töteten meine Eskorte und entführten mich. Ich wusste, wer er war, denn er war in früheren Jahren bereits zweimal nach Eastfield gekommen und hatte versucht, in die Benediktinerabtei einzudringen. Er war auf der Suche nach einem Mönch. Aber Vaters Truppen konnten ihn und seine Leute immer zurückschlagen. In meiner Angst sagte ich Baldvin, dass nach seinem zweitem Angriff tatsächlich ein Mönch bei meinem Vater erschienen war und gebeten hatte, ihn irgendwo zu verstecken, weil er sich vor den Wikingern fürchtete.«
    Der Mönch, der Rúnas Mutter auf dem Gewissen hatte, schloss Rouwen sofort.
    »Mein Vater wollte dem Gottesmann natürlich auf unserer Burg Asyl gewähren, aber der Mönch, Bruder Oxnac, sagte, er wolle ins Landesinnere, wo es einsam ist; er wolle in Kontemplation gehen. Also brachte mein Vater ihn in eine kleine, verborgene Burg. Ja, Gott verzeihe mir, all das verriet ich Baldvin. Den Standort der Burg jedoch nicht, denn den kenne ich, dem Herrn sei Dank, gar nicht. Baldvin schickte eine Nachricht zu meinem Vater, in der er verlangte, dass man den Mönch an einen bestimmten Ort hoch oben an der schottischen Küste bringt. Dorthin wollte er dann seine Krieger ausschicken. Er hat vorgehabt, Bruder Oxnac zu zwingen, dem Herrgott abzuschwören, indem er ihn häutet. Und dann wollte er ihm den Kopf abschlagen und mich mit diesem grausigen Andenken zurück nach Eastfield schicken. Ja, genau so hat er es mir gesagt!«
    Sie schlang die Arme um sich und schüttelte sich.
    »Mein Vater schickte aber bisher nur eine Nachricht über einen Mittelsmann. Ich hörte, wie Rúna sie Baldvin vorlas. Darin flehte mein Vater, Gnade walten zu lassen. Der Mönch habe sich ihm anvertraut, und er könne keinen Mann Gottes ausliefern.«
    Etwas in Rouwens Brust krampfte sich zusammen. Wäre er ein Vater, wäre ihm der Mönch dann nicht egal? Aber wer mochte wissen, was für

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