Wikingerfeuer
vor Rouwen. Sein Bauch umspannte ein Lederwams, und an der Seite hing ein Kurzschwert – Rouwen war nicht entgangen, dass sich die Burg bis hinunter zum jüngsten Pagen gewappnet hatte.
Rouwen hatte nur kurz warten müssen, bis der Burgvogt ihn auf dem Innenhof in Empfang nahm. Er hatte ihn in eine Art Empfangshalle geführt, etwas zu trinken bringen lassen und Rouwen untertänigst gebeten, ihm das Tatzenkreuz zu zeigen. Dann hatte er sich für eine Weile entschuldigt. Vermutlich wollte der Burgherr von einem Vertrauten die Bestätigung, dass es sich bei Rouwen tatsächlich um einen Tempelritter handelte. Als der Burgvogt zurückkehrte, hatte er ihm endlich ein Zimmer für die Nacht angeboten. Nun führte er ihn die Treppe des Turms hoch.
»Mein Herr Wulfher konnte kaum glauben, dass wirklich ein Tempelritter vor unserer Türe stand«, erzählte der Burgvogt munter. »Er fragte dreimal ungläubig, ob Ihr auch wirklich ein Templer seid, und ja, ich und die Wachen haben ihm bestätigt, dass Ihr das Templerkreuz auf ewig auf Eurem Körper tragt. Ich soll Euch sagen, er sieht es als Zeichen von Gottes Wohlwollen an, dass Ihr ausgerechnet in diesen Tagen gekommen seid, denn sie sind schwierig. Wir befinden uns, wie Ihr ja sicher bemerkt habt, in Alarmbereitschaft.«
»Das ist mir nicht entgangen. Was immer Euch bedroht, ich werde in der Nacht dafür beten, dass es gut ausgehen möge.« Das war nicht einmal eine Lüge. Nur unterschied sich das, was Rouwen unter einem guten Ausgang verstand, sicher grundlegend von der Auffassung des Burgvogts.
»Vielen Dank. Vielleicht …« Der Vogt spielte angelegentlich mit dem schweren Schlüssel an seinem Gürtel.
»Ja?«
»Vielleicht wäret Ihr geneigt, meinem Herrn Euren Schwertarm zu leihen? Falls die Not es gebietet. Ein Templer wiegt drei gute Ritter auf.«
»Vielleicht, ja.«
Die Antwort schien dem Mann zu genügen. Er seufzte erleichtert auf. Als sie den obersten Stock erreichten, schob er sich an Rouwen vorbei, löste einen Schlüssel vom Bund an seinem Gürtel und steckte ihn ins Schloss einer der drei Türen. Knarrend öffnete sich die Tür und offenbarte eine geräumige, mit Truhen, einem Tisch und einem ausladenden Bett bestückte Kammer. Dichtgewebte Teppiche an den Wänden zeigten Jagdszenen; den Boden bedeckte Stroh. Ein schulterhoher Messingkandelaber rührte unangenehme Erinnerungen in Rouwen an.
Der Vogt eilte sich, mit dem brennenden Kienspan, mit dem er den Weg hier herauf erhellt hatte, die Kerzen in dem Kandelaber anzuzünden. Süßer Duft von kostbarem Bienenwachs erfüllte kurz darauf den Raum.
Die schweren Vorhänge des Betthimmels waren bereits zurückgezogen, die Bettdecke einladend zurückgeschlagen. Die Matratze sah weich aus, die vier Kissen ebenso. Rouwen überlegte, ob er jemals in einem so üppigen und bequemen Bett genächtigt hatte. Nicht einmal daheim in Durham war seine Bettstatt so prunkvoll gewesen.
Der Vogt verneigte sich noch einmal tief, was ihm bei seiner Körperfülle den Atem raubte. »Mein Herr lässt fragen, ob Ihr wünscht, heute noch von ihm willkommen geheißen zu werden, oder ob Ihr Euch lieber zurückziehen wollt, denn sicher seid Ihr sehr müde.«
Rouwen nickte. »Das bin ich.«
»Er lässt ausrichten, dass er sich freut, Euch morgen kennenzulernen. Und dass er hofft, dass Ihr mit Eurem Nachtlager zufrieden seid. Es ist die beste Kammer im Turm. Er war sich nicht sicher, ob Ihr als Templer nicht lieber eine karge Pritsche bevorzugt; andererseits wollte er Euch nicht beleidigen, indem er Euch eine solche anbietet. Ihr mögt es ihm nachsehen, sollte er die falsche Wahl getroffen haben.«
Rouwen begann Angus’ Schwertgürtel zu lösen und abzustreifen. Mittlerweile schmerzten seine Ohren von dem nicht enden wollenden Gerede. »Das hat er nicht. Ich habe im Namen des Herrn in Outremer mehrmals dem Tode ins Auge geblickt. Während der Heimfahrt ebenso. Da wird mir eine Nacht voller Annehmlichkeiten vergönnt sein, meint Ihr nicht auch?«
»Ihr habt völlig recht!«
»Daher würde ich mich auch über eine warme Mahlzeit freuen. Euer Page hat mir nur verdünnten Wein angeboten.«
»Das … das ist unverzeihlich! Ich lasse Euch vom heutigen Schweinebraten mit Pilzsoße aufwärmen, und dazu gibt es weißes Brot, das heute frisch gebacken wurde.«
»Und für danach einen Zuber mit heißem Wasser, in dem ich entspannen kann?« Rouwen rieb sich anschaulich den Nacken, als seien die Muskeln dort verspannt.
»Auch
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