Wild und frei
und schob seinen Lendenschurz zur Seite. Ja, er würde sie nehmen. Er würde eintauchen in die wilde, unschuldige Süße ihres Körpers, sich in ihrem fremdartigen Duft verlieren. Er würde in Sinnlichkeit ertrinken, tiefer und tiefer sinken, bis der Schmerz ausgelöscht war und mit ihm die Erinnerung an alles, was er verloren hatte.
Die Erinnerung an alles, was er verloren hatte.
Der Lederschurz fiel Black Otter aus der Hand. Er zog sich von Rowena zurück und verdrängte mit aller Macht seine leidenschaftlichen Gefühle. Er hatte eine Aufgabe, eine heilige Pflicht gegenüber seinen Kindern und seinem Stamm. Wenn er sich von dieser Frau ablenken ließ, würde seine Entschlossenheit schwinden. Seine Seele würde das Wasser des Vergessens trinken, und niemals würde er dieses fremde Land lebend verlassen.
Sie hatte die goldbraunen Augen geöffnet und sah zu ihm auf, verwirrt und sehr verletzt.
Mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung war er auf den Füßen. Er nahm das Messer und schob es wieder in sein dichtes Haar. Dann beugte er sich zu ihr hinab und streckte seine Hand aus, um ihr aufzuhelfen. “
Wendaxa
, komm.” Es war ein Befehl, keine Bitte, und als sie nicht darauf reagierte, verfinsterte sich seine Miene, und er sah sie mürrisch an. Er sprach die fremden Worte deutlich aus, um sicherzugehen, dass sie verstand. “Du – kommen – jetzt.”
Rowena warf ihm einen wütenden Blick zu, während die Schamröte ihre Wangen färbte und sie dagegen ankämpfte, ins Gebüsch zu kriechen und sich zu verstecken. Wie hatte sie sich nur so zur Närrin machen können, sich breitbeinig ins Farnkraut zu legen und ihren Körper anzubieten wie eine liederliche Schlampe! Wie sollte sie ihm je wieder ins Gesicht sehen, oder sich selbst? Welcher Wahnsinn war über sie gekommen, dass sie sich mit einem Wilden im Moor herumwälzte, während ihr Vater schwer krank zu Hause lag?
Hatte der Wilde sie dazu verführt, oder war es ihre eigene Einbildung gewesen, die ihr vorgegaukelt hatte, dass er sie begehrte? Wie auch immer. Nie zuvor in ihrem ganzen Leben hatte sie sich mehr geschämt oder gedemütigt gefühlt!
Jetzt stand er über ihr wie ein Eroberer, verlangte ihren Gehorsam. Es geschähe ihm recht, wenn sie sich davonschleichen und ihn seinem Schicksal überlassen würde, was Gefangenschaft und sicheren Tod bedeutete. Aber nein, sie konnte ihn nicht im Stich lassen. Sie musste ihn sicher zurück zum Gutshaus bringen. Das und viel mehr schuldete sie ihrem Vater.
“Du –
Wendaxa!
Komm!” Er knurrte den Befehl und zerrte ungeduldig an ihrer Hand.
Glühend vor Empörung, ließ sich Rowena von ihm auf die Beine ziehen. Dann, als sie sich mit der freien Hand die Röcke glatt strich, machte sie ihrem Ärger Luft. “Ich hasse dich!” In tiefster Seele gedemütigt, schleuderte sie ihm die Worte ins Gesicht, und es war ihr gleich, ob er sie verstand oder nicht. “Wenn du es jemals wieder wagst, mich anzurühren, werde ich dich auspeitschen lassen, dass du nur um Haaresbreite dem Tod entgehst!”
Er wandte sich ab, als hätte er nichts gehört, und wollte seinen Weg durch das Tal fortsetzen. Mit eisernem Griff umklammerte er sie, um sie hinter sich herzuziehen.
“Nein!” Sie wehrte sich heftig. “Mir reicht es jetzt! Wir gehen nicht weiter! Wir gehen zurück!” Sie deutete mit dem Arm Richtung Gutshaus. “Du
Wendaxa!
Komm mit mir!
Sofort!”
Der Wilde schnaufte verächtlich, murmelte etwas, das wie ein Fluch klang, und zerrte sie weiter talabwärts auf die Klippen zu. Sich windend und sträubend stolperte Rowena hinter ihm her. Vor ihnen konnte sie durch den Vorhang aus zartem Frühlingsgrün die kräftigen Holzpfeiler der Brücke sehen.
“Bleib stehen!” keuchte sie und klammerte sich Halt suchend an eine junge Eiche. “Dies ist der reine Wahnsinn – das musst du doch einsehen! Es führt nur dazu, dass man dir einen Strick um den Hals legen oder dich erschießen wird!”
Als er ihren Widerstand spürte, wandte er sich um. Dabei zog er die rabenschwarzen Augenbrauen ärgerlich hoch. Er hob seine freie Hand, und einen Moment lang dachte Rowena, er würde sie schlagen oder sie wieder mit dem Messer bedrohen. “Na los!” forderte sie ihn heraus. “Versuch doch, wie weit du ohne mich kommst! Ich bin deine einzige Hoffnung. Wenn du mich verletzt, wirst du nie …”
“Aufhören!” fuhr er sie an, mit seiner Geduld sichtlich am Ende. Sein Gesichtsausdruck wurde noch missmutiger, als er nach weiteren englischen
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