Wild wie das Meer (German Edition)
Narren. Ich indes nicht. Dieser Krieg ist noch nicht vorüber.“
In seinem Zorn malte er sich aus, wie er Devlin O’Neill enthauptete, so, wie er es vor vielen Jahren mit dessen Vater gemacht hatte. Nichts würde ihm größeres Vergnügen bereiten.
15. KAPITEL
T ch verstehe nicht, warum wir nicht an deinem Landhaus Halt machen konnten, bevor wir meinen Onkel treffen“, sagte Virginia mit gedämpfter Stimme. Nach zwei Tagen auf seinem Schiff hatten sie spätabends Southampton erreicht. Während der Reise hatte sie ihn kaum zu Gesicht bekommen, er war ihr offensichtlich aus dem Weg gegangen.
Entweder, so mutmaßte sie, hatte er Angst vor ihr, oder er war ihrer Gesellschaft überdrüssig.
Jetzt blieb Devlin ihr eine Antwort schuldig. Sie standen im Foyer von Eastleighs Haus. Verlegen machte Virginia sich bewusst, dass ihre äußere Erscheinung nach zwei Tagen auf See nicht gerade den Anforderungen der höheren Kreise entsprach, aber dennoch war sie auf die Hilfe ihres Onkels angewiesen. „Devlin? Ich muss mich dringend frisch machen“, sagte sie leise.
„Du siehst gut aus“, erwiderte Devlin, doch seine Aufmerksamkeit galt nicht ihr. Seit sie das Haus betreten hatten, hatte er sie nicht mehr angeschaut und schien mit seinen Gedanken woanders zu sein.
Sie zitterte leicht. „Ich möchte wirklich einen guten Eindruck machen“, wisperte sie. „Aber das verstehst du nicht.“
Schließlich sah er sie an, und seine Augen funkelten. „Warum? Eastleigh ist ein Mörder, und das weißt du.“
Sie schluckte. „Ich brauche seine Hilfe, wie du weißt, oder Sweet Briar ist verloren. Ich war zwar nicht dabei, als dein Vater ums Leben kam, aber es könnte auch ein Unfall in den Wirren des Krieges gewesen sein. Vielleicht hast du dir nach so vielen Jahren eingebildet, es sei vorsätzlicher Mord gewesen.“
Devlins Augen blitzten auf. „Wenn ein Mann seinen Säbel zieht und seinem wehrlosen Opfer mit Absicht den Kopf abschlägt, ist es eine vorsätzliche Tat, Virginia“, sagte er kalt.
Sie war wie benommen von seinen Worten und schaute ihn sprachlos an. Grässliche Bildfetzen stürmten auf sie ein. „Dein Vater wurde ... enthauptet?“
Sein Gesicht war vor Zorn gerötet, sein Tonfall aber blieb hart und anklagend. „Ja, ganz recht. Ich habe mir diese Untat nicht eingebildet. Ich war Zeuge, genau wie meine arme Mutter.“
„Oh Gott“, stieß sie atemlos hervor. Unwillkürlich suchte sie seine Hand und drückte sie fest.
Einen Moment lang blickte er auf ihre kleine Hand, doch dann schüttelte er sie ab. „Dies ist weder die Zeit noch der Ort, um über den Tod meines Vaters zu sprechen. Habe ich mich klar ausgedrückt? Du darfst deinen Onkel und deinen Cousin begrüßen, aber das Reden überlässt du mir.“
Sie war nach wie vor entsetzt. Ihr Mitgefühl für Devlin und seine Mutter kannte keine Grenzen. Und das hatte ihr Onkel verbrochen? Wie war das möglich?
In diesem Augenblick betrat ein gut aussehender Mann in einem dunkelroten Gehrock das Foyer. In würdevoller Haltung schritt er auf die Gäste zu, doch seine hellblauen Augen waren kalt. Virginia verspannte sich, wusste jedoch, dass dieser Mann vom Alter her unmöglich ihr Onkel sein konnte. „Captain O’Neill“, grüßte er höflich und verzog die Lippen zu einem gekünstelten Lächeln. „Willkommen in Eastleigh Hall.“ Er deutete eine Verbeugung an.
Devlin neigte leicht den Kopf. „Guten Tag, Mylord“, erwiderte er förmlich. „Wir sind soeben in Hampshire eingetroffen und befinden uns auf dem Weg zu meinem Landhaus in Wideacre.“ Auch Devlin rang sich nun ein dünnes Lächeln ab. „Ihre Cousine war jedoch so erpicht darauf, ihre Familie kennenzulernen, dass ich ihr den Wunsch nicht abschlagen konnte. Dies ist Miss Virginia Hughes.“
Der Mann musterte sie und hob die Brauen. „Aber mir ist zu Ohren gekommen, sie sei mit der ,Americana’ untergegangen. Es hieß, es gebe keine Überlebenden!“, rief er aus.
„Sie irren sich. Wie Sie sehen können, ist Miss Hughes noch am Leben.“ Eine böse Freude schien in Devlins Augen aufzuflammen.
„Ich bin Ihre Cousine“, brachte Virginia hervor und wünschte, Devlin hätte ihr diese Situation erspart. „Und ich bin nicht ertrunken, wie Sie sehen.“
William sah Virginia unverwandt an, und für einen kurzen Moment zeichnete sich Verunsicherung in seinen Zügen ab. Doch dann wurde sein Blick abweisend. „Aber wie ist das möglich?“ In seinem Tonfall lag Spott. „Die Navy ließ
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