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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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1812
    Eastleigh Hall, im Süden Hampshires

    William Hughes – Lord Stuckey und Erbe des Grafentitels Eastleigh – betrat die Suite seines Vaters, ohne anzuklopfen. Er war Mitte dreißig, ein wenig füllig um die Hüften und trug einen edlen scharlachroten Gehrock, dazu Breeches mit Strümpfen und schwarzen Schuhen. An den Händen schillerten Ringe. Sein Haar war dicht und schwarz, sein ansprechendes Gesicht vor Aufregung gerötet. „Vater!“, rief er, und seine hellblauen Augen blitzten auf. William hatte eine Gemahlin, für die er nicht viel übrig hatte, und zwei Kinder, die er vergötterte.
    Der Earl of Eastleigh, Harold Hughes, hatte einst genauso wie sein Sohn ausgesehen. Nun war er ein äußerst korpulenter Mann mit einer blässlichen Hautfarbe. Das graue Haar trug er streng zurückgebunden, sein Backenbart war dicht und lang. Auf den ersten Blick schien er ein gut gekleideter und vermögender Mann zu sein, wenn man jedoch genauer hinsah, zeigte sich, dass Rock, Hosen und Schuhe bereits deutliche Spuren der Abnutzung aufwiesen.
    Eastleigh saß an seinem Pult im Salon, der an das Herrengemach angrenzte. Sein Sohn fragte sich, was es im Augenblick so Wichtiges zu schreiben gab. Es war William, der sich um den Besitz kümmerte – oder um das, was davon übrig geblieben war –, zusammen mit Harris, dem Verwalter. Sein Vater schaute gelangweilt auf und legte die Schreibfeder zur Seite.
    „Vater!“ William trat an das Pult, und Verachtung spiegelte sich in seiner Miene, als er sah, dass sein Vater einen belanglosen Brief an einen Freund schrieb. Es ging um Pferderennen.
    Seelenruhig lehnte Eastleigh sich auf seinem Stuhl zurück. „Du wirkst aufgeregt, William. Gibt es schlechte Nachrichten?“
    William kochte vor Wut. Die Familie befand sich am Rande der Armut, wegen eines einzelnen Mannes – dabei wusste William nicht einmal, warum Sir Captain Devlin O’Neill beschlossen hatte, die Familie Hughes in den Ruin zu treiben. Vergangenen Monat hatten sie einen absurden Brief von diesem Mann erhalten. Darin behauptete er, Williams amerikanische Cousine bei sich in Irland zu Gast zu haben. Er habe sie von der „Americana“ geholt und ihr das Leben gerettet, ehe das Handelsschiff sank. „So großzügig meine Gastfreundschaft auch ausfallen mag, die Zeit wird kommen, wenn Miss Hughes den Wunsch verspürt, ihre Familie in England kennenzulernen“, hatte er geschrieben. „Ich bin mir sicher, dass eine solche Begegnung zur Zufriedenheit aller Beteiligten arrangiert werden kann.“
    William konnte sich diesen sonderbaren Nachsatz nicht erklären. Sein Vater hatte den Brief mit versteinerter Miene überflogen, zerrissen und in aller Ruhe ins Feuer geworfen. Mit keinem Wort war er weiter auf den Inhalt eingegangen. Tatsächlich verlor er nie ein Wort über diesen O’Neill und weigerte sich beharrlich, die Umstände zu erläutern, die ihn einst gezwungen hatten, das Haus in Greenwich an den Iren zu verkaufen.
    „Soeben ist die ,Deflance’ in Southampton eingelaufen, Vater, mit diesem Irrsinnigen, diesem O’Neill. Ich vermute stark, dass er gekommen ist, um seinem neuen Landhaus einen Besuch abzustatten. Was, wenn er in Erwägung zieht, länger zu bleiben? Wideacre liegt nur wenige Meilen von Eastleigh Hall entfernt.“
    Der Earl erhob sich gemächlich und legte seinem Sohn eine Hand auf die Schulter. „Es ist sein gutes Recht, in Wideacre zu wohnen, wenn dies seinem Wunsch entspricht.“
    Voller Ungeduld entzog William sich seinem Vater und schritt im Raum auf und ab. „Verflucht! Wusste ich doch, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis dieser Kerl hier auftauchen würde, um uns direkt vor unserer Nase zu verhöhnen! Sicherlich hat er vor, sich in Wideacre einzurichten. Verflucht seien diese Narren in der Admiralität! Wie konnten sie diesen Kerl nur wieder vom Haken lassen? Ich kann nicht begreifen, warum die Anhörung zu nichts geführt hat – Tom war sich so sicher, dass O’Neill endlich zur Rechenschaft gezogen würde.“
    Eastleigh verschränkte die Hände vor dem Bauch. „Ich verstehe nicht, warum du dich so echauffierst. Was geht es uns an, wenn dieser Mann beschließt, ganz in der Nähe zu wohnen?“
    William fuhr herum und sah seinen Vater ungläubig an. „Dieser Mann hat unser Haus in Greenwich gestohlen! Er residiert dort wie ein König! Er hat Tom die Geliebte ausgespannt und es ihm ins Gesicht gesagt! Zufällig weiß ich, dass die Countess ...“ Er verstummte.
    „Was ist mit der

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