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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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noch irgendetwas für diesen Mann zu empfinden. Sie hatte ihn fünf Monate lang nicht gesehen. Er hatte sie einfach sitzen lassen, in dem bedeutungsvollsten Moment ihres Lebens. Er hatte ihr keine Wärme entgegengebracht und sie auch jetzt nicht herzlich begrüßt. Dennoch fühlte sie eine Anspannung in ihrem Innern und wusste, was das zu bedeuten hatte.
    Kein Zweifel, sie wünschte sich, er möge ihr gestehen, dass er etwas für sie empfand. Inständig hoffte sie, er würde sich – genau wie sie – an jeden Moment des Liebesspiels erinnern und sie um Verzeihung bitten.
    Sie reckte entschlossen das Kinn empor. „Ich war gerade dabei, der Köchin ein neues Rezept zu erklären – falls du bis zum Abendessen bleibst.“ Wie schwer es ihr fiel, mit fester Stimme zu sprechen und ihren mühsam aufrecht gehaltenen Stolz zu wahren!
    Nun hob er beide Brauen. Er schien amüsiert und ein wenig ungläubig. „Dies ist mein Haus. Ich hatte in der Tat vor, zu Abend zu essen, ehe ich morgen wieder aufbreche.“
    Das Blut rauschte ihr in den Ohren. „Du ... du brichst morgen ... wieder auf?“
    „Wir werden Askeaton morgen gemeinsam verlassen“, sagte er. Und erst jetzt glitt sein silbergrauer Blick über ihren Leib, von ihren Augen zu ihrem Mund, wo er kurz verharrte, und weiter über ihr weißes Hemd, den dicken braunen Gürtel bis hinab zu den Breeches an ihren dünnen Schenkeln. „Ich bin wahrlich erstaunt, dass Sean dich so herumlaufen lässt.“
    Falls er sich von ihr angezogen fühlte, so ließ er sich das nicht anmerken, weder an seinem Tonfall noch an seinem Blick. Seine Augen wirkten blass und geradezu leblos.
    „Wir reisen morgen ab?“, fragte sie atemlos nach.
    „Ja.“ Schließlich wandte er sich von ihr ab und trat an das hohe Fenster. Dort verweilte er und schaute hinaus auf die Rasenflächen und die Anhöhen in der Ferne. „Eastleigh bezweifelt, dass du lebst.“
    Ein heftiger Schwindel erfasste sie. „Was?“
    Er drehte sich nicht zu ihr um, sondern schaute unverwandt aus dem Fenster. Seine Stimme klang gleichgültig. „Ich habe die Lösegeldforderung von Cadiz aus aufgegeben. Eastleigh behauptet, du wärst mit allen anderen an Bord der ,Americana’ ertrunken. Daher segeln wir nach Southampton, um ein für alle Mal zu beweisen, dass du lebst.“
    Demnach war die Zeit der Lösegeldforderung doch noch gekommen. Virginia war so überwältigt von Schmerz und Verzweiflung, dass sie mit dieser Aussicht nicht umgehen konnte, selbst wenn es bedeutete, dass sie ihrer Heimat einen Schritt näher käme. Seltsamerweise war Askeaton ihr zweites Zuhause geworden. Sie hatte die Tage genossen, an denen sie sich an Seans Seite um den Besitz gekümmert hatte. Sie hatte auch die kühlen Tage gemocht, den Nebel, den Regen. Und sie hatte Seans Gesellschaft genossen.
    Aber es war nicht ihr Zuhause. Sweet Briar war ihr Zuhause, und es bestand nach wie vor die Möglichkeit, dass die Plantage noch nicht verkauft war. Blieb zu hoffen, dass Virginia einen Weg fand, ihren Besitz zu retten. Auf ihren Onkel wollte sie sich dabei nicht mehr verlassen.
    Und offensichtlich hatten sich Devlins Pläne nicht geändert, mochte ihn auch der Kriegsverlauf aufgehalten haben. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, denn die Angelegenheit des Lösegelds wollte sie nicht mit ihm erörtern. „Wird Sean uns begleiten?“, fragte sie schließlich mit dünner Stimme.
    „Möchtest du das?“
    Lag da ein sonderbarer Unterton in seiner Frage? „Natürlich würde mir das gefallen“, sagte sie und suchte in seinen Augen nach einem Hinweis auf seine Gefühle. Doch er wandte sich ab.
    „Ich brauche ihn hier“, sagte er. „Halte dich nach dem Frühstück bereit.“ Er verließ den Raum.
    Entsetzt schaute sie ihm nach. Und plötzlich erkannte sie das ganze Ausmaß ihrer misslichen Lage. Er war zurückgekommen und hatte kein einziges Wort für ihre Beziehung übrig. Und mit dieser schmerzvollen Einsicht regte sich der Zorn in ihr.
    Energischen Schrittes ging sie ihm nach.
    Sie fand ihn im Salon, wo er sich gerade einen Scotch eingoss. Ohne aufzuschauen, fragte er: „Möchtest du auch einen?“
    Virginia trat dicht vor ihn und zwang ihn, sie anzuschauen. „Nein, ich möchte nichts trinken! Und ich bestehe darauf, dass Sean mitkommt.“
    Langsam stellte er das Glas ab und sah sie an. „Du bist nicht in der Position, irgendwelche Bedingungen zu stellen.“
    „Er wird meine Anstandsdame ersetzen“, sagte sie ungehalten. „Keine Minute werde ich mit

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