Wilddiebe im Teufelsmoor - Wer raubte das Millionenpferd? - Vampir der Autobahn
Autobahn gekommen sein kann. Nein! Überhaupt, sie sind ja von
hier! Also?
Der
Oberlehrer mochte 50 sein, trug einen rohseidenen Sommeranzug in gebrochenem
Weiß und verfügte über den haarlosesten Kahlschädel, den Tim jemals gesehen
hatte.
Kein
Haupthaar, keine Brauen, keine Wimpern — nichts. Der Gesichtsausdruck war
brutal, der Mund eine genussfeindliche Kerbe. Hinter der randlosen Brille
lauerten blassblaue Fischaugen.
Der andere
— Catcher oder Hund — versteckte seine Bodybuilder (Muskeltraining )-Figur
in einem kragenlosen Freizeitanzug, der an ihm wirklich wie eine Ausgehuniform
wirkte. Er war zehn Jahre jünger. Fleischwülste schwabbeltenin seinem Gesicht.
Bürstenschnitt bedeckte den gewaltigen Schädel.
„Zweimal
Kaffee, zwei Apfelkuchen“, bestellte der Oberlehrer bei Frau Wettau. Um dann
fortzufahren: „Sagen Sie, gute Frau, ist Ihre Tochter da?“
„Die
Margit?“
„Ja, wir
hätten sie gern gesprochen.“
„Margit ist
nicht da. Worum geht es?“
Der
Kahlkopf zögerte. Ein Fischblick wanderte zu den Jungs. Dann: „Wir haben in der
Zeitung gelesen, was Ihrer Tochter passiert ist. Darüber würden wir sie gern
fragen.“
„Aber in
der Zeitung stand doch gar nicht Margits voller Name“, wunderte sich Frau
Wettau.
Der Mann
zwinkerte hinter seiner Brille. „Nur Margit W. — richtig. Aber wissen Sie, es
ist ja kein Staatsgeheimnis. Wenn man den Richtigen fragt, erhält man auch
Auskunft. Das ist eine Sache des... „ Er rieb Daumen und Zeigefinger
aneinander.
„Wenn Sie
mit Margit sprechen wollen“, meinte sie unbeeindruckt, „müssen Sie später
wiederkommen. Sind Sie auch von der Presse?“
„Nicht
direkt“, wich er aus. „Uns interessiert der Vorfall wissenschaftlich.“
„Sie
meinen, weil sich Margit mit... Zauberei beschäftigt? Mit Schwarzer Magie und
so. Aber das ist doch Kinderei. Sie liest eben gern geheimnisvolle Bücher.“
„Uns
interessiert nur der Kerl.“ Wieder zögerte er, als müsse er sich was Schlaues einfallen
lassen. „In anderen Gegenden“, behauptete er dann, „soll nämlich ein ähnlicher
Kerl, vielleicht derselbe, aufgetaucht sein.“
„Davon hat
der Reporter nichts gesagt“, erwiderte sie.
Weil’s
nicht stimmt, dachte Tim. Da brat mir doch einer ‘nen Klapperstorch! Was
bezwecken die beiden? Sind das Gespensterjäger? Nachtmahr-Nimrods?
Vampir-Weidmänner? Und wie heißt die Wissenschaft, zu der dieser Vorfall passt?
Frau Wettau
kam zu ihnen und lächelte freundlich.
Mit einem
Blick hatte Tim Klößchen gewarnt, nicht vorlaut die Schau zu verderben. Dass
sie zu Margit wollten, brauchten die beiden Männer nicht zu wissen.
„Alles, was
Sie an Cola haben“, sagte Klößchen, „kriege ich. Nichts an andere abgeben,
sonst verschmachte ich mit Sicherheit.“
„Also einen
halben Liter“, notierte Frau Wettau die Bestellung.
Sie benutzt
tatsächlich einen Block, dachte Tim. Was macht sie, wenn mehr als fünf Gäste da
sind?
Auch er und
Karl bestellten Cola, begnügten sich aber mit der üblichen
Zwei-Zehntel-Liter-Menge.
Tim stand
auf. „Bin gleich wieder da.“
Er tigerte
hinaus, aber nicht zum WC.
Wie er
festgestellt hatte, konnten die beiden Männer ihren nussbraunen Straßenkreuzer
von dort, wo sie saßen, nicht sehen.
Aber er
hatte, vorhin beim Vorbeischlendern, bemerkt: ein Seitenfenster war offen.
Draußen
duckte er sich. Im Entengang, den Kopf zwischen den Knien, watschelte er unter
den Fenstern vorbei.
Nur wer
drinnen die Nase an die Scheibe drückte, hätte ihn sehen können. Das hieß, er
blieb unbeobachtet.
Neben dem
Wagen richtete er sich auf.
Zunächst
fiel sein Blick in den Fond.
Auf den
Rücksitzen lag ein seltsames Gebilde, offenbar ein Kleidungsstück.
Das
Material war Segeltuch, der Einschlupf hinten. Die besonders langen Ärmel
ließen modischen Schick vermissen.
Er begriff.
Ärmel dieser Art werden auf dem Rücken zusammengebunden, nachdem man den
Tobsüchtigen mehr oder weniger gewaltsam in die Vorrichtung hineingezwängt hat.
Es handelte
sich um eine Zwangsjacke.
Er nickte
und seine Gedanken rollten auf der Schiene der Logik zum Bahnhof der Wahrheit.
So hätte Karl sich ausgedrückt, wenn ihn der Hafer stach.
Auf der
Ablage stapelten sich etwa zwei Dutzend Briefe, die noch zur Post mussten:
nachher oder später. Geschäftspost.
Er langte
hinein, nahm einen heraus und las.
Die Adresse
interessierte ihn nicht, wohl aber der Absender: PRIVATSANATORIUM Dr. Richard
Remplem,
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