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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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ermutigend.
    Sie kamen zurück. Juliana konnte Cognac in ihrem Atem riechen, als sie schnaufend in das Innere der Postkutsche kletterten und sich auf die Bank gegenüber fallen ließen. Luciens Atem rasselte, und er hustete keuchend. Sie hielt die Augen fest geschlossen, als sich Hände unter ihre Beine schoben und sie vollständig auf den Sitz hoben – eine kleine Gnade wenigstens! Eine Peitsche knallte, dann setzte sich die Kutsche holpernd in Bewegung. Wo, um alles in der Welt, brachten sie sie hin?
    Tarquin stand im strömenden Regen und starrte ungläubig auf das zerstörte Gebäude in Ludgate Hill. Es war ausgebrannt… schon vor Monaten. Eine dachlose, verkohlte Ruine. Er wußte, daß er sich nicht in der Adresse geirrt hatte. Hier war weit und breit kein
sponging house
, in dem Lucien angeblich festgehalten wurde.
    Er hatte ihn hereingelegt. Hatte ihn aus irgendeinem Grund weglocken wollen.
    Tarquin wirbelte herum. »Zurück nach Hause!« fauchte er den völlig durchnäßten Kutscher an. »Und zwar schnell.« Er sprang in die Kutsche und schlug die Tür zu, als die Pferde unter der Peitsche des beflissenen Dieners mit einem Satz vorwärts stürmten.
    Seine Gedanken rasten. Was auch immer Lucien dazu getrieben hatte, ihn auf eine falsche Fährte zu hetzen, es musste mit Juliana zu tun haben. Aber was konnte dahinterstecken? Es war so ganz und gar untypisch für den impulsiv bösartigen Lucien, nach einem sorgfältig ausgearbeiteten Plan vorzugehen.
    Der Herzog war schon aus der Kutsche gesprungen, noch bevor sie angehalten hatte. »Warten Sie hier. Es kann sein, daß ich Sie noch einmal brauche.«
    Der Kutscher nickte unglücklich und zog seine Hutkrempe noch ein wenig tiefer.
    Der Nachtportier öffnete hastig die Tür, als sein Herr wie wild den Türklopfer betätigte. »Wer war während meiner Abwesenheit hier?« fragte Tarquin schroff.
    Der Mann sah alarmiert und abwehrbereit aus, als würde ihm irgend etwas zur Last gelegt. »Niemand, Mylord. Ich hab' die ganze Zeit hier gesessen, und keine Menschenseele ist ins Haus reingegangen oder herausgekommen, das schwöre ich.«
    Tarquin erwiderte nichts, sondern rannte die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Er wußte sehr wohl, was er vorfinden würde, als er zu Julianas Zimmer stürmte, und dennoch hoffte er immer noch verzweifelt, daß er sich irrte.
    Er riß die Tür auf und starrte auf das leere Bett. Es waren keine Anzeichen eines Kampfes zu erkennen. Die Schranktür stand weit offen, die Frisiertischschubladen waren herausgezogen worden, ihr Inhalt ein wüstes Durcheinander. Wieder und wieder riß er an der Klingelschnur, bis endlich Schritte den Korridor entlanggeeilt kamen. Catlett, der hastig seine Livree anzog, Henny mit verquollenen, schlaftrunkenen Augen, Quentin in seinem Nachthemd, seine Augen von Besorgnis erfüllt.
    »Lady Edgecombe ist nicht im Haus«, stieß der Herzog rauh hervor. »Henny, stellen Sie fest, welches von ihren Kleidern fehlt. Catlett, fragen Sie die Bediensteten, ob sie irgend etwas gehört haben… ob ihnen in den letzten zwei Stunden irgend etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist!«
    Quentin starrte verständnislos auf das leere Bett. »Wo würde sie denn in einer solch stürmischen Nacht hingehen?«
    »Nirgendwohin. Zumindest nicht freiwillig«, erwiderte Tarquin düster. »Lucien hat seine Hand im Spiel gehabt, aber wie, zur Hölle, hat er es geschafft, sie von hier verschwinden zu lassen? Sie ist ein ganzes Teil stärker als er. Und selbst wenn es ihm gelungen sein sollte, sie zu überwältigen, kann er sie unmöglich die Treppe hinuntergeschleift haben.«
    »Aber warum sollte er auch?«
    »Warum heckt Lucien jemals etwas aus?… Nun?« sagte er zu Henny gewandt, die ihre Untersuchung des Kleiderschranks und der Schubladen beendet hatte.
    »Nur ein schwerer Umhang, Eurer Gnaden. Und ein Paar Strümpfe«, erklärte sie. »Ansonsten fehlt nichts.«
    »Keine Schuhe?«
    Henny schüttelte den Kopf. »Sieht ganz so aus, als wäre sie mit nichts als ihrem Nachthemd bekleidet verschwunden.«
    »George«,
zischte Tarquin plötzlich.
»George Ridge!«
Er hatte einen groben Fehler begangen, hatte den Charakter des Mannes völlig unterschätzt. Statt ihn einzuschüchtern, war es ihm gelungen, den Teufel zu mobilisieren. Lucien hatte Mittel und Wege ersonnen, um an Juliana heranzukommen, und George die brutale Kraft beigesteuert, um sie wegzuschaffen.
    »Was sagst du da?« fragte Quentin, noch immer zu schockiert, um die

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