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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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stets dabei. Aber bei diesem riesigen neuen Angeberhaus auf einer quadratischen Oase von gut einem Hektar wohlgeordnetem und manikürtem Grün inmitten einer riesigen Salbeistrauchsteppe hatte er nicht mit einem Bewaffneten gerechnet.
    Der Hausbesitzer näherte sich Joes Pick-up mit einem gezwungenen Lächeln.
    » Na, müssen Sie jetzt die Hose wechseln?«, fragte er grinsend, als risse er einen Witz unter Freunden. Joe war klar, dass er für einen Moment panisch dreingeblickt haben musste, und er spürte eine verlegene Röte seinen Nacken hochkriechen.
    Als er ausstieg und die Tür seines Pick-up schloss, warf er einen kurzen Blick ins Führerhaus. Sein Holster lag auf dem Wagenboden, wo er es am Abend zuvor gelassen hatte, und der zugehörige Gürtel schlang sich um den Ganghebel des Allradfahrzeugs.
    » Alles in Ordnung?«, fragte der Mann und streckte ihm die Rechte entgegen. » Ich bin Stan Wilder.«
    Joe schüttelte ihm die Hand und sagte, alles sei bestens. Er schätzte Wilder auf Ende sechzig und vermutete, dass er neu zugezogen war. Dem Akzent nach kam er aus dem Nordosten, und er sprach sehr rasch. Er hatte perfekte Zähne, die er beim Reden bleckte. Der ausgeblichene blondgraue Bart um seinen Mund wirkte im Vergleich zu seinen strahlenden Zähnen ganz matt.
    » Ich war rausgegangen, um die Zeitung reinzuholen«, sagte Stan Wilder und wies mit dem Kopf auf die rote Zeitungsbox aus Plastik mit der Aufschrift Saddlestring Roundup, die auf einem halbhohen Pfosten vorn an der Einfahrt steckte, » als sich mir plötzlich die Nackenhaare sträubten. Dann habe ich dorthin geschaut …« – Wilder zeigte auf eine frisch gepflanzte Reihe spindeldürrer Espen – » … und gesehen, wie der Puma sich an mich herangepirscht hat. Ich scheue mich nicht zu sagen, dass ich ungefähr so erschrocken war, wie Sie es eben gewesen sind!« Er klopfte Joe auf den Rücken.
    Joe trat weit genug zurück, damit er das nicht wieder tun konnte.
    » Wie lange ist das jetzt her?«, fragte Joe. Er wollte sich mit Stan Wilder nicht auf eine Plauderei einlassen.
    » Das muss ungefähr um sieben Uhr früh gewesen sein.«
    » Haben Sie das Tier weglaufen sehen?«
    Wilder lachte, warf den Kopf in den Nacken und bleckte erneut die Zähne. Joe vermutete, dass er in Verkauf oder Marketing gearbeitet hatte und nach seiner Pensionierung in den Westen gezogen war.
    » Nein, aber er hat mich zurück ins Haus laufen sehen! Daraufhin habe ich meine Waffe geholt und Sie angerufen.«
    » Sie haben nicht auf ihn geschossen, oder?«
    Irgendwie wusste Joe, dass Wilder genau das getan hatte. Sein Gesicht verriet die Antwort.
    » Er war auf meinem Grundstück, Jagdaufseher«, erklärte er. » Ich hab ein paar Kugeln auf ihn gefeuert. Aber ich hab ihn nicht getroffen.«
    Joe nickte. » Sie sollten es sich noch mal überlegen, wenn Sie das nächste Mal hier draußen Ihre Pistole abfeuern wollen. Die Landstraße ist gleich hinter dem Hügel, und am nächsten Hang errichten Arbeiter ein Haus. Sie könnten einen davon treffen – oder eins von Jim Finottas Rindern. Die weiden ziemlich in der Nähe.«
    Stan Wilder schnaubte verächtlich und verdrehte die Augen zum Himmel.
    Joe ging zu den Espen und inspizierte das Gelände dort. Da die Bäume erst vor einigen Tagen gesetzt worden waren, war die Erde ringsum noch weich. Neben einer Pappel war der frische, zehn Zentimeter lange Abdruck einer Katzenpfote zu sehen.
    » Eine Raubkatze«, sagte Joe.
    » Allerdings«, pflichtete Wilder ihm bei. » Die muss entfernt werden.«
    Joe drehte sich seufzend zu ihm um. » Entfernt?«
    » Allerdings. Gegen Pronghorns und Rotwild hab ich nichts. Die sehe ich ständig. Für die und den Zugang zu den Forellenbächen hab ich ja bezahlt. Finotta hat mir erzählt, dass auch Wapitis mitunter bis hierher kommen, und die würde ich auch gern sehen. Das würde den Wert noch erhöhen. Aber ich habe nicht teures Geld für das da bezahlt …« – er wies auf sein neues Haus – » … damit Pumas sich an mich anschleichen.«
    Joe sagte, es sei unwahrscheinlich, dass der Puma sich an ihn angeschlichen habe; er habe bislang nicht gehört, dass ein Puma sich an einen Erwachsenen angepirscht und ihn angegriffen habe.
    » Und was ist mit den Babys in Los Angeles?«, fragte Wilder aufgebracht. » Ist da etwa kein Puma aus den Bergen gekommen und hat einige getötet?«
    Joe erwiderte, er glaube sich an diese Geschichte vage zu erinnern, doch das Raubtier sei ein Kojote und die Umstände seien

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