Wilde Flucht
fragwürdig gewesen.
» Na, ich erinnere mich, dass es ein Puma war«, sagte Wilder barsch.
» Hören Sie, Mr. Wilder, Pumas werden selten gesichtet. Zweifellos haben Sie einen gesehen, doch er hat keinen Schaden verursacht. Bis vor einem Jahr war das hier vermutlich sein Gebiet. Das Revier eines Pumas umfasst gut fünfzig Quadratkilometer. Er war vermutlich so erstaunt, ein großes Haus mit Rasen hier zu sehen, wie Sie erstaunt waren, ihn zu entdecken. Ich jedenfalls habe gestaunt, als ich dieses Haus hier draußen gesehen habe.«
Stan Wilder erwiderte, er habe gerade einen gewaltigen Schwall bürokratischen Blödsinn gehört.
» Wenn er noch mal auftaucht, darf ich ihn dann abschießen?«, fragte er. » Rechtmäßig, meine ich.«
Joe bejahte diese Frage widerwillig. Sollte die Katze wirklich nahe genug kommen, um echten Schaden anrichten zu können, dann dürfe er sie schießen.
» Aber ich würde Ihnen davon abraten«, mahnte er ihn.
» Auf wessen Seite stehen Sie, Jagdaufseher – auf der des Pumas oder auf meiner?«
Joe beantwortete die Frage nicht.
» Dieses Vieh sollte besser vorsichtig sein«, drohte Wilder und wies mit dem Kopf auf die Faustfeuerwaffe in seiner Garage. » Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
» Wie gesagt – auf der Landstraße fahren Autos, auf dem Nachbargrundstück wird gebaut, und ringsum weiden Rinder.«
Wilder schnaubte erneut.
» Vergessen Sie nicht, Mr. Wilder, dass einige dieser Tiere bereits explodiert sind«, sagte Joe ungerührt.
Diese Bemerkung ließ Wilder aufhorchen.
» Was, zum Teufel, reden Sie da?«, fragte er und versuchte abzuschätzen, ob Joe sich über ihn lustig machte.
» Lesen Sie keine Zeitung?«, fragte Joe und ging zu seinem Pick-up zurück.
Ein großer grüner Suburban mit dem Nummernschild » V-U 1« bog von der Landstraße auf die Ranchpiste, als Joe sich der Einmündung näherte. Joe hielt an, und der Suburban wurde langsamer, bis die Fahrertüren auf gleicher Höhe waren. Eine dunkle Fensterscheibe senkte sich automatisch, und Jim Finotta, der sich Geduld verordnet zu haben schien, fragte, ob er Joe behilflich sein könne.
» Das können Sie«, erwiderte Joe. » Sie können mir mit einer ganzen Reihe von Dingen behilflich sein.«
Finotta hob die Brauen, sagte aber nichts.
» Erstens können Sie die Besitzer der Proletenburgen hier draußen darauf hinweisen, dass in dieser Gegend nicht nur Pronghorns und Rotwild herumstreifen, sondern mitunter auch ein Bär, Dachs, Stinktier oder Puma auftauchen kann.«
Finotta nickte und lächelte herablassend.
» Zweitens können Sie mich die Geweihprobe von dem Hirsch in Ihrem Arbeitszimmer nehmen lassen. Ich schicke sie in unser Labor in Laramie, und das Ganze dürfte binnen zwei, drei Wochen geklärt sein.«
Finottas Blick wurde hart.
» Haben Sie vergessen, was wir beredet haben?«, fragte er.
» Nein.«
» Warum belästigen Sie mich dann wegen dieses Wapitis wieder?«, fragte Finotta in kaum verhohlenem Zorn. » So dumm können Sie doch gar nicht sein.«
» Keine Ahnung«, erwiderte Joe. » Ich kann ziemlich dumm sein.«
Finottas Scheibe begann hochzufahren.
» Ich hab mit Matt Sandvick geredet«, sagte Joe rasch.
Das Fenster blieb knapp unter Finottas Kinn stehen. Die Lippen des Anwalts waren so fest zusammengepresst, dass sie einer dünnen weißen Narbe glichen. Er war offenkundig wütend, bemühte sich aber, seinen Zorn zu unterdrücken. Als er antwortete, klang seine Stimme seltsam gelassen.
» Lassen Sie die Sache auf sich beruhen, Jagdaufseher.«
Joe zuckte die Achseln. » Ich mache nur meine Arbeit. Für mich ist es wichtig, diese Dinge zu überprüfen.«
Finotta lächelte höhnisch. » Für wen ist das wichtig? Dem Gouverneur ist es egal, und darum ist es auch dem Chef Ihrer Behörde egal. Und Richter Pennock erst recht.«
» Es ist wichtig für mich«, sagte Joe, und es war ihm ernst.
» Und wer, zum Teufel, sind Sie?«, fragte Finotta so verächtlich, dass Joe das Gefühl hatte, einen Tritt ins Gesicht bekommen zu haben.
» Ich bin der Jagdaufseher des Bezirks Twelve Sleep«, erwiderte er. Ihm war vollkommen bewusst, wie lahm das klang und wie schwach er es rübergebracht hatte.
Finotta funkelte ihn zornig an. Er wollte etwas sagen, überlegte es sich aber anders. Das Fenster schloss sich, und er fuhr weg und ließ Joe mit einem flauen Gefühl im Magen und der Ahnung, dass er in dieser Sache allein auf sich gestellt sein würde, in seinem Pick-up zurück.
Als Joe an diesem
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