Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
das Moskitonetz. Rachael war eingeschlafen, und ihr schwarzes Haar lag wie ein Fächer auf dem Kissen ausgebreitet. Der Wind zog und zerrte an den seidigen Strähnen, so dass sie ihm einladend zuzuwinken schienen. Rio schloss die Tür und widerstand der Versuchung, sich neben Rachael zu legen. Wenn er so
bald wieder aktiv werden wollte, musste er seine Waffen reinigen und sicherstellen, dass die Notfalldepots an den Fluchtwegen gefüllt waren.
Rachael aß ein klein wenig und verhielt sich ganz still, streichelte nur Fritz’ Fell, während sie Rio bei der Arbeit zusah. Er hatte mehr Schusswaffen und Messer, als sie je auf einem Haufen gesehen hatte, und sie war den Anblick von Waffen gewöhnt. Er säuberte die Waffen mit der gleichen Akribie, die er auch auf Wunden verwandte, bedächtig und peinlich genau. Sie verfolgte, wie er mehrere Garnituren Kleidung und kleine Verbandkoffer bereitlegte und sie zusammen mit einigen Gewehren in wetterfesten Rucksäcken verstaute.
»Was hast du damit vor?« Ihre Neugier gewann schließlich doch die Oberhand. Auch wenn Rachael gegen Phasen der Stille und längeres Alleinsein nichts einzuwenden hatte, war sie doch nicht wie er. Ihm schien es absolut nichts auszumachen, wenn er stundenlang kein einziges Wort sagte.
Rio schaute auf und blinzelte, als hätte er sie gerade erst bemerkt. Dabei hatte er jede ihrer Bewegungen mit Argusaugen verfolgt. War geradezu hypnotisiert gewesen vom Anblick ihrer streichelnden Finger auf dem Katzenpelz. »Ich verstaue diese Rucksäcke an meinen Fluchtrouten, falls ich Munition, Waffen oder medizinische Hilfe brauche. Das kann sehr nützlich sein.«
»Und die Kleider?«
»Sind praktisch, wenn ich mich umziehen muss«, erwiderte er kurz angebunden.
»Aha. Kannst du mir verraten, warum dein Freund Drake sich den Nebelpardern gegenüber so seltsam benommen
hat und warum du nichts dazu gesagt hast? Einen Moment lang habe ich gedacht, er würde gewalttätig werden. Ich hatte den Eindruck, du hast auch damit gerechnet.«
»Drake hat fast sein ganzes Leben im Wald verbracht. Wir leben hier sehr primitiv. Reagieren einfach auf die Natur. Es hört sich vielleicht etwas seltsam an, aber wenn du länger hier bist, wirst du es verstehen.« Er hörte auf, das Messer zu schärfen, das er gerade in der Hand hielt. »Ich möchte, dass du länger hierbleibst, Rachael.«
Er blickte ihr wie stets direkt in die Augen. Rachael hätte nicht weggucken können, selbst wenn ihr Leben davon abgehangen hätte. Er hatte so leise gesprochen, dass er kaum zu verstehen war. Einen Moment konnte sie nicht atmen, so fest schnürte eine Mischung aus Hoffnung und Angst ihr die Brust zusammen. Fast hätte sie das Erstbeste ausgeplappert, das ihr in den Sinn kam. Sie wollte bleiben - und konnte gar nicht anders. Nie zuvor hatte sie einen Mann so sehr begehrt, wie sie Rio begehrte. Doch das Damoklesschwert über ihr würde jeden treffen, der in ihrer Nähe war.
»Bei mir, Rachael, ich möchte, dass du bei mir bleibst.«
»Du weißt, dass ich das nicht kann, Rio. Und du weißt auch, warum.« Ihre Finger krallten sich so fest in den Pelz des Nebelparders, dass Fritz den Kopf hob und sie mit hochgezogenen Lefzen ansah.
»Dann sag mir wenigstens, dass du bei mir bleiben möchtest. Wenn du es könntest, würdest du dann gern bei mir bleiben?« Sie gehörte zu ihm. Er fühlte es bei jedem Atemzug. Mit jeder Faser seines Wesens. Wie konnte sie das nicht wissen? Nicht spüren? Ihm war es sonnenklar.
Rachael löste ihre Hand vom Fell der Katze und zog sich die Decke bis ans Kinn. Sie bot zwar kaum Schutz,
gab ihr aber ein sichereres Gefühl. Rio erhob sich auf diese träge, laszive Weise, die sie immer an eine Raubkatze erinnerte, legte sich einfach ins Bett und schmiegte sich an sie, ohne ihr Bein zu berühren.
Die Decke war noch zwischen ihnen, doch durch das dünne Gewebe konnte Rachael jeden Muskel seines Körpers spüren. Sie sog ihn mit der Luft zum Atmen ein, bis tief in ihr Innerstes. »Du kennst mich nicht besser als ich dich. Wir können nicht einfach so tun, als ob wir keine Vergangenheit hätten, Rio, selbst wenn wir es gern möchten. Ich bin nicht die Frau, die du in deinen Träumen siehst, und du kannst nicht der Mann sein, der in meinen auftaucht. Solche Sachen gibt es nicht.«
Rio spielte mit ihrem Haar. »Woher willst du wissen, dass es sie nicht gibt? Warum können wir nicht in einem früheren Leben zusammen gewesen sein? Dein Haar hat sich genauso angefühlt,
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