Wilde Rose der Prärie
was weiß ich noch alles." Wortlos schaukelte Melina weiter, doch ihr Lächeln hatte nun etwas Überlegenes, etwas Wissendes. „Du machst ihn verrückt, und genau deshalb würde er dich heiraten. Eine Frau kann einen viel schlechteren Mann als Holt McKettrick erwischen."
„Ich wüsste nicht, wie das möglich sein sollte", grummelte Lorelei verärgert, stand auf und nahm ihr Kleid an sich. „Ich gehe jetzt einkaufen. Willst du mitkommen?"
„Nein, danke", antwortete Melina ruhig. „Ich werde hier sitzen und mir vorstellen, dass dies mein Haus ist und dass Gabe jeden Moment durch die Tür dort hereinkommt und mich fragt, was es zum Abendessen gibt." Lorelei fühlte, wie sich bei dieser Bemerkung ein Kloß in ihrem Hals bildete. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie achtete darauf, Melina den Rücken zuzuwenden, während sie sich umzog.
Eine halbe Stunde später tätigte sie im zweiten Geschäft den ersten und wichtigsten Einkauf - einen Ballen blau-weißen Gingan für Mary Jackson.
30. Kapitel
„Mit der Truppe haben wir wohl das Unterste vom Untersten erwischt", bemerkte Rafe nicht allzu leise, als er die zusammengewürfelte Gruppe Cowboys betrachtete, die sich auf dem Fußweg vor dem Rusty Buckle Saloon versammelt hatte. „Ich glaube, ein paar von denen habe ich schon auf Suchplakaten des Marshals gesehen." Insgesamt waren es zwölf Mann, die da zusammengekommen waren, aber einen armseligeren Haufen hatte Holt noch nie zu Gesicht bekommen. Andererseits war er selbst ja auch kein Messias. „Wir müssen die Herde nach Norden treiben, und wir können es uns nicht leisten, wählerisch zu sein. Wir müssen uns mit diesen Möchtegern-Cowboys zufriedengeben." Resignierend seufzte Rafe. „Und nun?"
„Gib ihnen Sättel und die besten Pferde, die du auftreiben kannst", erwiderte Holt. „Die Ausrüstung, die sie bei sich haben, ist erbärmlich." Er zog an seinen Lederhandschuhen und ließ den Blick vom einen ärmlichen Ende bis zum anderen wandern. Schließlich erhob er die Stimme: „Mein Bruder Rafe ist auf diesem Viehtrieb euer Boss. Ihr tut, was er sagt, oder ihr steht mir Rede und Antwort. Wir reiten morgen bei Tagesanbruch los - Rafe wird euch den Treffpunkt nennen -, und jeder, der betrunken hinkommt, ist auf der Stelle gefeuert. Jeder von euch hat einen Wochenlohn im Voraus erhalten, also könnt ihr allen Verpflichtungen hier in Laredo nachkommen, bevor wir aufbrechen. Ihr verdient euch jeden Cent, den ich euch bezahle. Dieser Viehtrieb wird lang und gefährlich sein. Wenn es sich einer von euch anders überlegen will, dann kann er jetzt noch aussteigen. Wenn wir erst mal unterwegs sind, dann gibt es kein Zurück mehr. Ich muss euch sicher nicht darauf hinweisen, dass ein Mann, der auf sich allein gestellt ist, so gut wie keine Überlebenschance in dem Land hat, durch das wir reiten werden. Trotzdem will ich das noch einmal gesagt haben." Er machte eine Pause und atmete durch. „Hat jemand eine Frage?"
Ein alter Cowboy rülpste, ein junger Kerl mit Hautproblemen zog seinen Waffengürtel hoch, aber niemand sprach ein Wort.
Holt schlug Rafe auf die Schulter. „Sie gehören dir", sagte er. „Wir sehen uns zum Abendessen bei Heddy."
Rafe schob seinen Hut gerade. „Und was wirst du in der Zwischenzeit machen?", fragte er mit einem Anflug von Argwohn.
Zuerst wollte Holt verärgert reagieren, aber das bekam er schnell in den Griff. Rafe musste eigentlich gar nicht bei ihm sein. Er hätte auf der Triple M bleiben und sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern können. Stattdessen war er bis nach Texas geritten, um ihm seine Hilfe anzubieten. „Ich habe dir doch von Frank Corrales erzählt. Er hatte den Reiter zur Triple M geschickt, um mir mitzuteilen, dass Gabe im Gefängnis sitzt. Frank wurde seitdem nicht mehr gesehen, darum will ich mich umhören und Fragen stellen, damit ich ihn vielleicht aufspüren kann."
„Ja, du hast mir von ihm erzählt", bestätigte Rafe, behielt aber weiter die Viehtreiber im Auge, die allmählich ungeduldig wurden, da sie so lange warten mussten. „Gabe glaubt, er ist tot. Ich nehme an, du bist nicht seiner Meinung, wie?"
„Frank Corrales hat mir ein halbes Dutzend Mal das Leben gerettet, ich konnte mich ein-oder zweimal dafür revanchieren. Selbst wenn wir Rücken an Rücken standen, weil wir gegen Indianer kämpfen mussten, wusste jeder von uns ganz genau, was der andere dachte. Wenn er tot wäre, dann wüsste ich das."
Rafe dachte über diese Antwort nach,
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