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Wilde Rose der Prärie

Wilde Rose der Prärie

Titel: Wilde Rose der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller , Ralph Sander
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Schnitt.
    Ein gallebitterer Geschmack stieg langsam in Loreleis Kehle auf, gleichzeitig fühlten sich ihre Knie weich wie Pudding an. Trotzdem griff sie mit zitternden Händen nach der Ätherflasche.
    „Nur ein klein wenig", ermahnte sie der Doc, ohne aufzusehen. „Zu viel davon wäre tödlich."
    Ein Angstschrei stieg in Lorelei auf, aber sie konnte ihn noch zeitig zurückhalten. Mit größter Sorgfalt tropfte sie nur ein wenig Äther auf das Tuch, das Melinas Mund und Nase bedeckte.
    Plötzlich stieß der Doc einen Freudenschrei aus, seine Hände waren durch den Schnitt in Melinas Bauch verschwunden. „Da ist ja der kleine Racker", sagte er triumphierend und zog ein winziges, blutverschmiertes Kind aus der Bauchhöhle hervor, das mit Armen und Beinen ruderte, als wolle es an die Nabelschnur gelangen, die den Kleinen noch mit Melina verband. „Und es ist ein Junge", verkündete er, und schob einen Finger in den Mund des Babys. Dann hielt er es mit dem Kopf nach unten in die Höhe und gab ihm einen leichten Klaps auf den Po. Im nächsten Moment begann das Neugeborene herzzerreißend zu schreien. „Großer Gott", keuchte Heddy, während Lorelei alles nur noch wie durch einen Schleier wahrnahm - Melina, das Bett, das Baby und den Doktor, dessen Arme bis zu den Ellbogen mit Blut bedeckt waren.
    Wieder wollten ihre Beine unter ihr wegsacken, aber Lorelei widersetzte sich mit aller Macht und sah mit Tränen in den Augen zu, wie der Arzt das Kind auf Melinas Brust legte, die Nabelschnur abband und durchtrennte, und wie er dann begann, den langen Schnitt zu vernähen. Heddy kniete auf der anderen Seite des Betts und hielt mit einer großen Hand das sich windende Kind fest, damit es nicht herunterfiel. Melina bewegte sich und stöhnte leise. „Mehr Äther?", flüsterte Lorelei.
    Der Doktor schüttelte den Kopf. „In ein paar Minuten bin ich hier fertig. Sie wird zwar Schmerzen haben, sobald sie das Bewusstsein wiedererlangt, doch das dürfte ihr nicht so viel ausmachen, wenn sie dann ihr Kind in den Armen halten kann." Lorelei biss sich auf die Unterlippe und betrachtete staunend den Jungen, obwohl der im Moment keineswegs beeindruckend aussah. Er drückte sich gegen Melinas Busen und strampelte weiter, dabei gab er ein sanftes Wimmern von sich. „Vielleicht ein wenig Laudanum?", schlug sie vor, da sie an nichts anderes denken konnte als an den Schnitt, der von Hüfte zu Hüfte verlief und den der Doc mit Katzendarm und einer großen Nadel vernähte.
    „Laudanum könnte in die Muttermilch gelangen", lehnte Dr. Brown ab. „Sie ist zäh. Ein paar Wochen wird sie leidend sein, aber dann ist sie wieder so gut wie neu." Erst als der letzte Stich gesetzt war, sah er hoch. „Stehen Sie nicht so da herum", brummte er. „Eine von Ihnen kann das Baby waschen, damit es vorzeigbar ist, wenn seine Mutter aufwacht."
    Heddy nahm den Jungen an sich und redete in einer Art Singsang auf ihn ein. Dr. Brown nickte Lorelei zu, die daraufhin das mit Äther getränkte Tuch wegnahm. „Sie können jetzt rausgehen und den Männern sagen, dass ich hier fertig bin", erklärte er und lächelte flüchtig.
    Erst nachdem sie tief Luft geholt und die Haare und ihren Rock glattgestrichen hatte, ging sie nach draußen, wo Holt, Frank Corrales, der Captain und Mr. Cavanagh unter einer Eiche standen und sich leise unterhielten. Ihre Gesten und ihre Körperhaltung verrieten die Sorge, von der sie geplagt wurden.
    Lächelnd raffte sie ihre Röcke und ging die zwei Stufen von der Veranda nach unten. „Melina hat ihr Kind zur Welt gebracht", gab sie bekannt und fühlte sich mit einem Mal an die schlechten Neuigkeiten erinnert, die Holt ihr überbracht hatte. „Es ist ein Junge."
    Holts sorgenvolle Miene hellte sich auf, und er begann atemberaubend zu grinsen. „Das sollte Gabe aber nun wirklich aufmuntern", rief er und klopfte Frank auf den Rücken.
    „Dann kann ich jetzt wohl Tillie aus der Scheune holen", meinte Mr. Cavanagh erfreut und rieb sich über seine Bartstoppeln. „Sie hat sich dort mit dem kleinen Pearl versteckt und gewartet, dass Melinas Wehen endlich vorübergehen." Jeder von ihnen hatte Tillie mit Blick auf den Namen des Jungen angesprochen. Mit der Zeit würden sie sie schon dazu überreden können, ihm einen anderen, passenderen Namen zu geben.
    Der Captain ließ seine selbst gedrehte Zigarette zu Boden fallen und trat sie mit dem
    Stiefel aus. „Jemand sollte Rafe und dem armen Burschen die freudige Nachricht überbringen",

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