Wilde Rose der Prärie
abklopfte, in dem sie schon die Nacht verbracht hatte.
Am Flussufer hatte Raul inzwischen ein Feuer angezündet, Angelina huschte mit einem schiefen Lächeln an Lorelei vorbei ins Haus. Als sie wieder herauskam, hatte sie die Kaffeekanne und eine Blechbüchse in den Händen. Holt hielt das Rohr senkrecht und stieß es ein paar Mal kraftvoll auf den Boden. Schmutz, Zweige, Eierschalen und auch ein paar tote Mäuse sammelten sich in einem Haufen zu seinen Füßen. Obwohl er von Ruß und Asche überzogen war, machte Holt einen unverschämt zufriedenen Eindruck.
Lorelei spürte, wie ihr warm ums Herz wurde, doch sie zwang sich, das nicht zur Kenntnis zu nehmen.
Fröhlich pfeifend kehrte er ins Haus zurück, auch jetzt wieder dicht gefolgt von seinem Hund.
Was für ein wankelmütiges Geschöpf, überlegte Lorelei. Zwei Jahre lang hatte sie das Tier jeden Abend gefüttert, und jetzt lief es einem Fremden hinterher, als sei der der große Wohltäter gewesen.
Holt kam nach draußen und trug den Besen bei sich. Ohne von Lorelei Notiz zu nehmen, kletterte er an der Fassade hinauf, da die Baumstämme, aus denen die Wände bestanden, ihm einen guten Halt gewährten. Oben angekommen testete er zunächst die Schindeln, ob die sein Gewicht aushalten würden, dann stellte er sich aufrecht hin und zog den Kamin heraus.
Ihr wurde bewusst, dass sie gebannt den Atem anhielt, und zwang sich dazu, weiter Luft zu holen, als Holt den Besen durch das Loch in der Decke drückte. Staub wirbelte durch die geöffnete Haustür nach draußen, und Sorrowful begann freudig zu bellen.
Holt setzte den Kamin wieder ein, warf den Besen vom Dach und kletterte dann ebenfalls nach unten. Sorrowful hielt das alles für ein Spiel, nahm den Besenstiel ins Maul und lief wie verrückt im Kreis.
„Dummer Hund", meinte Holt liebevoll und kraulte das Tier im Vorbeigehen hinter den Ohren.
Unwillkürlich musste Lorelei lächeln, doch sie sagte sich, dass das ausgelassene Tollen des Hundes ihr dieses ansonsten unerklärliche Glücksgefühl bereitete. Mit
Holt McKettrick hatte es keinesfalls etwas zu tun.
Sie folgte ihm in die Hütte und sah zu, wie er das Ofenrohr befestigte.
„Das sollte genügen." Er klopfte sich den Schmutz von den Händen, seine Kleidung war von Ruß überzogen, und in seinen Haaren hatten sich kleine Zweige verfangen.
„Sehen Sie sich nur diese Bescherung an", murrte Lorelei.
„Gern geschehen", gab Holt zurück.
Sorrowful versuchte ins Haus zu gelangen, doch er trug nach wie vor den Besenstiel im Maul, sodass er nicht durch den Türrahmen passte. Es schien ihm unangenehm zu sein, dass ihm auch nach wiederholten Versuchen der Wegversperrt blieb. Lorelei und Holt mussten darüber von Herzen lachen. Schließlich ging sie zur Tür und nahm dem Tier den Besen ab. Mit einem Mal fühlte sie sich verlegen, weshalb sie das einzig Sinnvolle tat und den Boden zu fegen begann. Zu ihrer Verwunderung fasste Holt nach dem Stiel, damit sie damit aufhörte.
„Lorelei", sagte er leise. „Gehen Sie zurück nach Hause. Sie bekommen von zwei Seiten Schwierigkeiten."
Sie sah in sein schönes, ehrliches Gesicht und dachte zurück an ihre Unterhaltung auf dem Friedhof. Er hatte gelbe Rosen auf ein Grab gelegt, als sie ihn entdeckte, wie er mit gesenktem Kopf niederkniete. Für die arme Olivia kam das alles zu spät, denn die Geliebte, die er im Stich gelassen hatte, war gezwungen gewesen, sich und das gemeinsame Kind mit dem Lohn einer Schneiderin durchzubringen. Es war besser, wenn sie sich von diesem Mann gar nicht erst zu sehr beeindrucken ließ, hielt sich Lorelei vor Augen. Er mochte einnehmend und einer von den Guten sein, aber in der wichtigsten Hinsicht war er kein bisschen besser als Creighton. „Wollen Sie mir drohen, Mr. McKettrick?"
„Ihnen drohen?", wiederholte er entrüstet.
Sie versteifte sich. „Dies hier ist mein Land. Wenn Sie und Mr. Templeton nicht friedlich miteinander umgehen können, dann müssen Sie Ihren Kampf eben um mich herum austragen."
„Der Kaffee ist fertig", rief Angelina von der Tür her. Die Atmosphäre in der Hütte war wie aufgeladen, und vermutlich hätte sie einfach nach draußen gehen sollen, doch irgendetwas hielt sie davon ab.
Mr. McKettrick hatte den Besenstiel festgehalten, nun drückte er ihn Lorelei entgegen.
Der Hund winselte leise.
„Ich kann nicht bleiben", erklärte McKettrick, während er in Loreleis gerötetes, störrisches Gesicht schaute. „Ich muss mich um meine Ranch kümmern."
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