Wilde Rose der Prärie
kraftvollen Hinterbeinen die Kiste, gleichzeitig wurde Lorelei nach vorn geworfen und musste sich mit beiden Armen um den Hals des Tiers festklammern.
Fluchend trieb Holt Traveler zu noch mehr Eile an, aber der Maulesel lief im Kreis und bockte unablässig, sodass Holt große Mühe hatte, sein Pferd neben ihn zu manövrieren. Als es ihm dann endlich gelang, beugte er sich zur Seite, schlang den Arm um Loreleis Taille und zog die Frau vom Rücken des Maulesels zu sich auf den Sattel. Fast hätte das Tier mit einem Tritt auch noch Traveler erwischt, der aber im letzten Moment ausweichen konnte.
Sie waren bereits in sicherer Entfernung, aber Seesaw setzte sein Theater weiter fort. Holt saß ab und zog gleichzeitig Lorelei von seinem Pferd, dann baute er sich vor ihr auf.
„Was um alles ...", begann er mit rauer Stimme, weiter jedoch kam er nicht, weil seine grenzenlose Wut dafür sorgte, dass ihm der Rest im Hals steckenblieb. Lorelei wurde rot im Gesicht und sah ihn wütend an. „Wie können Sie es wagen?", brachte sie mit Mühe heraus. „Wie können Sie es nur wagen?" Ganz in der Nähe begann Rafe schallend zu lachen, aber Holt würdigte ihn keines Blickes. Er hätte es auch nicht gekonnt, weil er nicht in der Lage war, seine Augen von Lorelei abzuwenden. Er wollte sie packen und schütteln, gleichzeitig wollte er sie am liebsten auch auf mögliche Knochenbrüche untersuchen, so wie er es bei einem Pferd nach einem bösen Sturz machte. Sein Gesicht war nur ein paar Zentimeter von ihrem entfernt, als er sie anfuhr: „Wie ich es wagen kann? Vermutlich habe ich Ihnen soeben das Leben gerettet."
Sie schüttelte ihre Röcke aus, drückte den Rücken durch und hob eine Hand an ihren Kopf. Ihr Haar lag in schwarzen Locken um ihren Hals und über ihre Schultern ausgebreitet. Diese letzte Geste war das einzige Anzeichen eines Zögerns, das sie erkennen ließ, bevor sie sich ihn vornahm. „Ich hätte auf diesem Esel reiten können!", schrie sie ihn an. „Halleluja!", kommentierte Rafe.
„Halt dein Maul!", knurrte Holt, ohne Lorelei aus den Augen zu lassen. „Wagen Sie es nicht, in meiner Gegenwart solche Worte zu benutzen", wies sie ihn zurecht. Ihre Augen blitzten vor Wut, ihr Gesicht war gerötet, und Holt verspürte in dieser Situation nur einen Wunsch: sie zu küssen.
Und das tat er dann auch. Er packte sie an den Schultern, zog sie zu sich und drückte seine Lippen auf ihre.
Benommen und atemlos verpasste sie ihm eine kräftige Ohrfeige, aber die war eindeutig erst einem nachträglichen Gedanken entsprungen.
19. Kapitel
„Wo sind Raul und Angelina?", fragte Holt, der als Erster der Stille ein Ende setzte, während er eine Hand an die getroffene Wange hielt.
Lorelei straffte die Schultern und schob trotzig das Kinn vor, was Holt an einen hübschen Vogel erinnerte, der nach einem Kampf sein Federkleid ordnet. Er war sich sicher, von ihr keine Antwort zu bekommen, sondern rechnete allenfalls damit, noch einmal geohrfeigt oder sogar angespuckt zu werden. Doch dann sank sie ein wenig in sich zusammen. „Raul ist im Haus, er hat sich hingelegt", räumte sie mürrisch ein. „Angelina ist bei ihm."
Erst dann bemerkte sie Melina, die lächelnd auf ihrem Pony saß, und Rafe, der wie ein Idiot grinste.
Rafe fasste an seine Hutkrempe und zeigte im Umgang mit Damen immer, dass er Manieren besaß. „Howdy", grüßte er sie. „Ich bin Rafe McKettrick. Holt ist mein Bruder, aber ich hoffe, Sie machen mir das nicht zum Vorwurf." Ihr Bemühen, nicht die Beherrschung zu verlieren, war Lorelei deutlich anzusehen, doch dann half nichts mehr: Sie schenkte Rafe ein schwaches Lächeln. Aus einem unerfindlichen Grund war das für Holt fast so schmerzhaft wie die Ohrfeige. „Ich würde sagen, Sie können nichts dafür, dass Sie als sein Bruder zur Welt gekommen sind."
Holt kochte vor Wut. Er hatte seinen Hut dabei verloren, als er Lorelei vom Rücken dieses gottverdammten Maulesels rettete, und nun stürmte er durch das hohe Gras, um ihn wiederzufinden. Er bückte sich, hob ihn auf und schlug ihn sich förmlich auf den Kopf. Diese Frau hätte es verdient, bis zum bitteren Ende auf dem Maulesel reiten zu müssen, dachte er.
In der Zwischenzeit musste Rafe Lorelei mit Melina bekanntgemacht haben, weil die beiden sich die Hände gaben, wobei sich Melina auf ihrem Pony so weit wie eben möglich hinunterbeugte und Lorelei anlächelte.
Lorelei zeigte sich sehr höflich - bis sie sich zu Holt umdrehte. Ihre Augen blitzten
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