Wilde Rose der Prärie
dafür zuständig gewesen. Sie wusste nicht, wo bei einer Kuh vorn und hinten war - erst recht nicht, wie man ein solches Tier kaufte, großzog und dann wieder verkaufte -, außerdem hatte sie nie auf einem Pferd gesessen. Und nun musste sie noch die grausame Wahrheit über ihre Mutter verkraften.
An diesem schwülen Morgen fühlte sie sich entmutigt, während sie dem Kutscher bei der Arbeit zusah. Nachdem der Morast getrocknet war, hatte er sich mit einigen robust aussehenden Mauleseln auf den Weg zur Ranch gemacht, um seinen Wagen abzuholen.
Gleichzeitig war sie auf eine seltsame Weise begeistert, als hätte sie all die Jahre nur geprobt und würde jetzt zum ersten Mal richtig leben. So was brauche ich, dachte sie entschlossen. Einen Maulesel. Sie wollte Raul bitten, sich an den Kutscher zu wenden und ihn zu fragen, ob er nicht eines seiner Tiere verkaufen wolle. Als sie sich umdrehte, um das Anwesen zu betrachten, entdeckte sie Raul auf dem Dach, wo er die Zeltplane festnagelte. Angelina hielt sich ein Stück weiter flussabwärts auf, wo sie versuchte, Fische fürs Abendessen zu fangen.
Wenn ein Maulesel gekauft werden sollte, musste sie das offensichtlich selbst in die Hand nehmen.
Der Kutscher war schlecht aufgelegt. Er roch streng, er fluchte, und ständig spuckte er seinen widerwärtigen Kautabak ins Gras.
Sie holte tief Luft und ging auf ihn zu. „Entschuldigen Sie, Sir ...", begann sie. Der Kutscher ignorierte sie und spuckte erneut aus, wobei er nur knapp den Saum ihres Kattunkleides verfehlte.
Verärgert hielt Lorelei ihre Röcke zur Seite weg. „Sir", wiederholte sie. Endlich unterbrach der Mann seine Arbeit und musterte sie mit einer Mischung aus Belustigung und Verachtung. Dann machte er eine spöttische Verbeugung. „Ja, Ma'am", erwiderte er. „Was gibt es?"
„Ich möchte gern einen Ihrer Maulesel kaufen, wenn Sie bereit sind, sich von einem der Tiere zu trennen."
Aus der Brusttasche seines verschwitzten Hemds zog er eine runde Blechdose, öffnete sie und holte mit einer schmutzigen Fingerspitze etwas von dem Inhalt heraus. „Wirklich?"
Sie zuckte innerlich zusammen, als sie sah, wie er sich den Tabak in den Mund schob. Zwar wäre sie am liebsten davongelaufen, aber aus Trotz sich selbst gegenüber ging sie noch einen Schritt nach vorn. „Wie viel?"
Der Kutscher rieb sich über sein fleckiges, stoppeliges Kinn, kaute und spuckte erneut aus, ehe er antwortete. „Das sind gute Maulesel. Sie sind harte Arbeit
gewöhnt, auch wenn sie stur sein können. Richtig stur." Während er weiter auf seinem Tabak kaute, überlegte er hin und her. „Ich schätze, den alten Seesaw hier könnte ich Ihnen überlassen. Sagen wir, für ... fünfzig Dollar?" Er legte eine Hand auf die Flanke eines erbärmlich aussehenden Tiers, dessen schlammbraunes Fell große kahle Flächen aufwies.
„Fünfzig Dollar erscheinen mir überteuert", sagte Lorelei, nachdem sie sich das Tier genauer angesehen hatte.
„Was immer das heißen soll", gab der Kutscher mit einem gleichgültigen Schulterzucken zurück.
„Es heißt, dass ich den Preis für zu hoch halte", erläuterte sie, auch wenn sie eigentlich keine Ahnung hatte, wie viel ein Maulesel kosten sollte, ganz gleich, ob der stur, räudig oder was auch immer war. Ebenso gut konnten fünfzig Dollar ein Schnäppchen sein.
„Also gut", kam seine Antwort, nachdem er weiter überlegt und Kautabak ausgespuckt hatte. „Fünfunddreißig Dollar, aber das ist mein letztes Wort." Lorelei ging auf den Maulesel zu und streckte eine Hand aus, um das raue, staubige Fell zu berühren, doch das Tier drehte den Kopf in ihre Richtung und brüllte los. Erschrocken wich sie zurück und fragte vorsichtig: „Lässt er sich reiten?"
„Ja", entgegnete der Kutscher. „Aber er hat so seine eigene Vorstellung von den Dingen."
„Dann sollten wir gut miteinander auskommen", meinte Lorelei. „Fünfunddreißig Dollar", wiederholte der Kutscher. „Einschließlich Sattel und Zaumzeug?"
Der Kutscher seufzte. „Ich kann Ihnen ein altes Halfter überlassen, aber mehr ist bei dem Preis nicht drin."
Lorelei dachte über das Angebot nach, schließlich nickte sie. „Ich hole das Geld", verkündete sie und ging zum Haus. Als sie zurückkam, um den vereinbarten Preis zu zahlen, wartete Seesaw geduldig unter einer der Eichen, das Seil an seinem Halfter hing bis auf den Boden herab.
Der Kutscher zählte nach, dann steckte er die Scheine gefaltet in die Brusttasche hinter die Blechdose mit
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