Wilde Rose der Prärie
so zornig auf, dass er sich fast irgendwo verkriechen wollte, um Schutz zu suchen. „Wenn mein Maulesel eine Verletzung davongetragen hat", fuhr sie ihn an, „dann erwarte ich, dass Sie dafür zahlen. Immerhin habe ich fünfunddreißig Dollar in dieses Tier investiert."
Holt hätte am liebsten wutentbrannt vor ihr auf den Boden gespuckt, nur war seine Kehle wie ausgedörrt. „Ihr verdammter Maulesel", brachte er gepresst heraus, „ist im Moment mein geringstes Problem!"
„Ist wohl besser, wenn ich mal nach diesem Raul sehe", erklärte Rafe und saß mit einer schwungvollen Bewegung ab.
Holt pfiff seinen Appaloosa zu sich, der sicheren Abstand zu dem Maulesel wahrte, der gemächlich unter der Eiche graste. Nachdem er sein Tier genauer untersucht hatte, kam er erleichtert zu dem Schluss, dass es den Zwischenfall unversehrt überstanden hatte. Das Blut rauschte noch immer in seinen Ohren, und sein Herz raste, jedoch wusste er nicht, wodurch das verursacht wurde: durch Loreleis Rodeo-Auftritt oder durch den Kuss, den er ihr gegeben hatte.
„Wenn Sie sich mit diesem Maulesel anfreunden", sagte Melina zu Lorelei, die damit mehr Worte hintereinander sprach, als Holt je von ihr zu hören bekommen hatte, „dann lässt er auch zu, dass Sie auf ihm reiten."
„Du hilfst uns damit nicht weiter, Melina", ließ Holt sie wissen.
Sie lächelte ihn nur an, saß umständlich von ihrem Pony ab und sah sich das Land ringsum an. „Gehört Ihnen das alles?", fragte sie.
Der stolze Gesichtsausdruck, den diese Worte bei Lorelei auslösten, bewies nur, wie wenig sie eigentlich über das Leben auf einer Ranch wusste. Es war harte, anstrengende Arbeit, und selbst ein noch so erfahrener Mann lief stets Gefahr, allem Einsatz zum Trotz in den Ruin zu stürzen, ganz zu schweigen von einer in der Stadt aufgewachsenen Frau, die nicht wusste, wann sie mit dem falschen Blatt zu hoch pokerte.
„Ja", bestätigte sie.
„Das ist gutes Land", entgegnete Melina. „Viel Gras, viel Wasser." Lorelei nickte.
Daraufhin murmelte Holt etwas, was er in der Gegenwart von Damen eigentlich nicht geäußert hätte, wäre seine Geduld nicht längst auf das Äußerste strapaziert gewesen. Beide ignorierten seine Bemerkung. „Brauchen Sie noch Helfer?", wollte Melina wissen.
Holt schaute sie fassungslos an, während Lorelei die Lippen aufeinanderpresste und mit ehrlichem Bedauern den Kopf schüttelte.
„Ich kenne mich mit Vieh ein wenig aus", beharrte Melina.
In diesem Moment kam Rafe aus dem Haus, sofern man diese Hütte überhaupt so bezeichnen wollte.
„Raul braucht einen Arzt", verkündete er. „Ich glaube, ein paar Rippen sind angeknackst. Angelina ist außer sich vor Sorge."
Lorelei reagierte auf diese Nachricht, als hätte man ihr einen kräftigen Fausthieb verpasst. Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht, und einen Augenblick lang fürchtete Holt, sie könnte ohnmächtig werden. Es sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn er sie abermals retten musste, überlegte er und machte sich innerlich bereits darauf gefasst, sie aufzufangen.
Doch dann schob sie Rafe aus dem Weg und rannte zur Hütte. „Der Mann sollte besser in die Stadt gebracht werden", meinte Rafe und zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf die Hütte. „Wenn von einer Rippe ein Stück abbricht, könnte es sich geradewegs in seine Lunge bohren. So was habe ich schon mal erlebt."
Holt hatte sich für diesen Tag Verschiedenes vorgenommen, und einen verletzten Mann in die Stadt zu bringen, gehörte eigentlich nicht dazu. Aber die Situation ließ ihm keine andere Wahl. Er bemerkte den im Schatten von ein paar Eichen abgestellten Wagen und hielt Ausschau nach dem dazugehörigen Gespann. In einiger Entfernung konnte er zwei Braune ausmachen, die am Ufer standen und aus dem Fluss tranken.
„Verdammt", knurrte er und bestieg sein Pferd, um die beiden Tiere zu holen. „Sieh nach, ob das Zaumzeug auf der Ladefläche liegt", sagte er zu Rafe. Eine halbe Stunde später war der Wagen zur Abfahrt bereit. Holt und Rafe hatten Raul aus der Hütte geholt und auf die mit mehreren Decken gepolsterte Ladefläche gelegt. Doch egal, wie bequem sie es ihm auch machten, auf den Mexikaner wartete eine lange, schmerzhafte Fahrt.
„Begleite ihn", forderte Lorelei Angelina auf und schubste sie in Richtung des Wagens.
„Ich bleibe hier und passe auf die Dame auf", ließ Melina die ältere Frau auf Spanisch wissen.
Holt gefiel das gar nicht. Er hatte vorgehabt, Lorelei zum Haus ihres Vaters
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