Wilde Rosen auf Mallorca
stand auf. “Es war ein Fehler.”
Liam hob die Brauen. “Ein größerer Fehler, als sofort hierher zu kommen?” fragte er scharf.
“Das finde ich nicht”, erwiderte sie verächtlich. “Ich hatte geglaubt, Sie schuldeten Ihrem Vater …”
“Ich schulde William Carlyle nichts!” fiel er ihr heftig ins Wort, und ein Muskel zuckte in seiner Wange, als er sie wütend anschaute. Seine Augen glitzerten. “Er hatte nur einen Sohn – Simon. Hat er Ihnen das nie erzählt?” höhnte er.
Juliet blinzelte zu ihm hinüber. Es war so lange her, seit jemand Simon erwähnt hatte. Sie und William hatten in stillschweigender Vereinbarung nie über ihn gesprochen. Die Erinnerungen waren zu schmerzlich und saßen tief. Jetzt riss Liam wieder eine Wunde auf, die nie richtig hatte heilen können …!
Sie befeuchtete ihre plötzlich trockenen Lippen. “Simon ist tot.” Ihre Stimme brach.
“Das war ich auch, über zehn Jahre lang. William kann nicht einfach jetzt, wo er tot ist, auf einmal auf unsere Beziehung bauen!” knurrte Liam wütend. “William Carlyle hatte keine Söhne, als er starb, Juliet”, meinte er boshaft. “Wie sollte er da die Hälfte seines Unternehmens einem von ihnen hinterlassen können? Nehmen Sie die Firma, Juliet – ich denke, dass Sie sie sich wahrscheinlich verdient haben!”
Mit dieser Feststellung sprang er ins Wasser und tauchte Sekunden später wieder auf, um mit zügigen, kräftigen Stößen durch den Pool zu schwimmen.
Sie wollte gehen – musste gehen –, konnte sich aber irgendwie nicht bewegen. Es war, als seien ihre Beine aus Blei.
Liams Worte über seinen Vater waren voller Bitterkeit gewesen, und Bitterkeit beruhte, wie sie wohl wusste, auf Schmerz, einem Schmerz, der so tief saß, dass Bitterkeit nötig war, um ihn überleben zu können. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, worüber William und Liam vor all diesen Jahren gestritten hatten – William hatte nie über seinen älteren Sohn gesprochen –, aber sie wusste, dass Liam nie den Schmerz überwunden hatte, sich von der einzigen Familie, die er hatte, trennen zu müssen.
Zehn Jahre. Es war eine lange Zeit, keinen Kontakt mehr zu seiner Familie zu haben. Anscheinend hatte Liam auch keine anderweitigen Bindungen. Er schien stets zu machen, was er wollte. Während der letzten zehn Jahre musste er seine Zeit damit verbracht haben, ein Geschäftsimperium von Hotels und Freizeiteinrichtungen aufzubauen, um in dieser Branche erfolgreicher zu werden, als sein Vater es in seiner je hatte werden können. Vielleicht war es ein Weg, sich an seinem Vater zu rächen? Juliet war keine Psychologin, aber dies war mehr als eine Möglichkeit.
Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass Liam meinte, was er sagte. Sie war sich sicher, dass er ein Mann war, der immer meinte, was er sagte. Aber wie konnte sie etwas nehmen, von dem sie wusste, dass sie kein Recht darauf hatte? Ihre erste Reaktion war gewesen, als man ihr sagte, sie besäße die Hälfte des Unternehmens, dass Edward Carlyle alles bekommen solle. Schließlich hatte sie wirklich kein Recht darauf. Aber sein Ausweichen im Laufe der letzten zwei Monate hatte ihr nur zu klar gezeigt, wie uninteressiert er an dem Unternehmen war.
Dennoch konnte sie nicht einfach als alleinige Besitzerin der Firma gelten. Das wäre völlig falsch. Und es war offensichtlich auch nicht das, was William gewollt hatte.
“Noch immer hier?” knurrte Liam, der sich lässig aus dem Pool schwang und ein Handtuch ergriff, um sich abzutrocknen. “Sie haben Ihr Ziel erreicht, Juliet”, bemerkte er amüsiert. “Wir haben nichts weiter zu besprechen.”
Ihre Augen blitzten warnend. Er mochte von William in der Vergangenheit verletzt worden sein, mochte jetzt Grund haben zu glauben, sie sei die Geliebte seines Vaters gewesen, aber das gab ihm nicht das Recht, so mit ihr zu sprechen!
“Da müssen Papiere unterzeichnet werden …”
“Schicken Sie die an mein Londoner Büro!” Er winkte lässig ab. “Meine Anwälte werden sich darum kümmern.”
“Aber …”
“Juliet”, fiel er ihr ruhig ins Wort – zu ruhig, “ist Ihnen noch immer nicht klar, dass ich absolut nichts mit der Familie Carlyle zu tun haben will?”
“Ihr Name ist Carlyle …”
“Um meiner Missetaten willen”, unterbrach er sie gereizt, das Handtuch jetzt um seinen Hals geschlungen. “Aber ein Name macht mich nicht zu einem von ihnen.”
Sie schaute ihn stirnrunzelnd an. Er sprach mit echtem Hass von seinem Vater und
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