Wilde Rosen: Roman (German Edition)
ich das sagen sollte«, verkündete Ted.
Vicky lächelte bescheiden. »Wenn du so darüber denkst, wie wär’s, wenn du Meg Reade einen Teller voll bringst. Morgen geht sie zu den Faulkners, aber heute ist sie ganz allein. Du brauchst ja nur eine Minute zu bleiben.«
Teds Gesicht verzog sich schmerzlich. »Liebling, muß ich wirklich?«
»Ich kann nicht selbst gehen, ich hab’ zu viel zu tun. Außerdem ist es männliche Gesellschaft, die ihr fehlt, seit ihr Mann gestorben ist.«
»Warum fragst du nicht Hugh, ob er mitkommt«, schlug May vor. »Ich wette, er kann wunderbar mit alten Damen umgehen.«
»Ihr müßt ja nicht sofort gehen. Trinkt in Ruhe aus und eßt ein paar Pastetchen. Wir müssen mit dem Essen sowieso warten, bis die Jungs hier sind.«
Die Männer somit beschäftigt, gingen May und ihre Mutter in die Küche zurück, bewaffneten sich ebenfalls mit Drinks und begannen, das Gemüse fürs Weihnachtsessen vorzubereiten. May wußte, daß ihre Mutter vor Neugier brannte, aber nicht fragen würde, also erzählte sie ihr in epischer Breite, wie sie Hugh kennengelernt hatte, wie hilfsbereit er gewesen war und von ihrer Bootsfahrt mit den Jungen. Sie log schamlos, was den Grund seines gestrigen Besuches betraf, und sagte, er sei vorbeigekommen, um festzustellen, ob er seinen Mantel bei ihr vergessen habe.
»Aber du mußt verstehen«, schloß sie und sammelte ein paar verstreute Rosenkohlblätter ein, die von der Zeitungsunterlage entwischt waren. »Es läuft absolut gar nichts zwischen Hugh und mir.«
»Ich glaube, das habe ich halbwegs begriffen, Liebes. Das hast du mir am Telefon mindestens ein dutzendmal gesagt. Du hast ihn eingeladen, weil er dir leid tat.«
»Ich wollte es nur noch mal klarstellen.«
»Er ist sowieso zu alt für dich.«
»Er ist eigentlich nicht alt, nur ...«
»Spießig?«
»Eigentlich auch nicht. Ich weiß nicht, was mit ihm nicht stimmt. Ich weiß nur, er ist nicht der Richtige für mich.«
Ted und Hugh wählten exakt diesen Moment aus, um durch die Hintertür ins Haus zurückzukommen. May war einigermaßen sicher, daß Hugh nichts gehört hatte, das nicht für seine Ohren bestimmt gewesen war, aber sein Gesicht zeigte einen Anflug von Verärgerung, der sie beunruhigte.
»Also, Knöpfchen, wie läuft es mit Cleaning Undertaken?« fragte ihr Vater.
May holte tief Luft und erzählte ihren Eltern von ihrem Geschäft, wobei ihre Schönfärberei fast schon an Unwahrheit grenzte.
Mays Brüder kamen, wie ihre Mutter prophezeit hatte, spät, betrunken und mit einem Mädchen im Schlepptau.
»Hi, Mum!« Ian hob seine Mutter hoch und wirbelte sie ein paarmal herum, um sie daran zu erinnern, wieviel größer und stärker als sie er war.
Vicky strich ihre Schürze glatt. »Hallo, Liebling. Wie schön, dich zu sehen. Und wen hast du denn da mitgebracht?«
»Das ist Saskia. Sie hat uns hergefahren«, sagte Ian und zog ein schwarzgekleidetes, kicherndes Wesen mit blondierten Haaren und Beinen bis zum Hals herein. »Glaub’s oder nicht, sie ist stocknüchtern.«
»Ich vertrage leider überhaupt keinen Alkohol«, hauchte Saskia entschuldigend. »Ich kriege Ausschlag davon.«
Das macht dich bestimmt zu einer begehrten Partybegleiterin, dachte May. Vor allem, was meine Brüder betrifft.
Vicky küßte Saskia. »Willkommen, Liebes. Darf ich Ihnen meine Tochter vorstellen? May.«
»Hi«, sagte May. »Du mußt das Zimmer mit mir teilen, fürchte ich.« Sie schnitt ihrem Bruder eine Grimasse. »Aber im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten schnarche ich nicht.«
»Hugh«, sagte Vicky. »Kommen Sie und lassen Sie mich Ihnen meine Söhne vorstellen. Ian und Andrew.«
Die beiden jungen Männer schüttelten Hugh die Hand und hätten ihn scharf angesehen, wären sie noch in der Lage gewesen, ihre Blicke zu fokussieren. Was Hugh von ihnen halten mochte, konnte May nur raten.
»Laßt uns nicht in der Diele herumstehen«, sagte Vicky. »Ted, bring alle ins Wohnzimmer. Ich koch’ den Jungs einen Kaffee.«
»Soll ich dich nach oben bringen?« fragte May Saskia. »Damit du deine Sachen abstellen kannst?«
»Au ja. Super. Schrecklich nett von dir.«
Saskia machte ihr phantasieloses Vokabular wett durch Offenherzigkeit und Fröhlichkeit. Als May sie fragte, ob es ihrer Familie nichts ausmache, daß sie zu Weihnachten nicht zu Hause war, eröffnete Saskia ihr ohne jede Spur von Selbstmitleid, daß ihre Eltern geschieden seien und neue Familien gegründet hatten.
»Darum war ich so glücklich,
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