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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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»Lady« sei, könne man sich auf sie eben verlassen.
    Die Walkers erzählten Sally, wie Mrs. Golding die Dinge gehandhabt hatte, und baten sie – mit erlesener Höflichkeit –, alles ganz genauso zu machen. (Donnerstags morgens hat sie immer den Dosenöffner sterilisiert und freitags den Kühlschrank abgetaut – besser, man folgt einer festen Routine, finden Sie nicht?) Captain und Mrs. Walker waren sehr liebenswürdige Menschen, und sie waren dankbar für Sallys dekorative und »damenhafte« Anwesenheit.
    Piers’ Wohnung erschien ihr nach der altmodischen Gemütlichkeit der Walkers besonders kalt und nüchtern. Außerdem war sie nicht so schön mollig geheizt. Sally schlotterte und zog ihre Strickjacke an. Was sie wirklich brauchte, war eine Umarmung, eine lebensbedrohliche Rippenbrecher- und Luftabschneideumarmung. Damit hatte Piers nie viel im Sinn gehabt.
    Sie schaltete die Warmwassertherme ein und schwor sich, daß sie in ihrer eigenen Wohnung eine Warmwasserversorgung haben würde, bei der man einfach nur den Hahn aufdrehen mußte und sofort heißes Wasser hatte. Sie wußte, daß sie in dieser Hinsicht immer noch sehr viel besser dran war als ihre Freundinnen auf dem Boot, aber selbst die Aussicht, ihre müden Glieder bald in einem heißen Bad ausstrecken zu können, heiterte sie nicht auf. Piers war so distanziert in letzter Zeit.
    Normalerweise wollte er fast jeden Morgen und jeden Abend mit ihr schlafen, aber seit sie bei Quality Cleaners angefangen hatte, blieb er aus irgendeinem Grund auf Distanz. Und da er nur zärtlich sein konnte, wenn Sex das eigentliche Ziel war, hatte er seit Tagen kaum mehr ihre Wange geküßt. Vermutlich war er auf der Suche nach einer Frau, die einer Arbeit nachging, derer man sich vor seinen Freunden nicht zu schämen brauchte.
    Der Gedanke an Piers in den Armen einer anderen Frau hätte sie eigentlich erschüttern müssen, aber sie sorgte sich eigentlich mehr um die beiden Rotbrassenfilets, die im Kühlschrank lagen und darauf warteten, daß sie etwas Einfallsreiches mit ihnen anstellte. Wenn Piers anderswo auf seine Kosten kam, bedeutete das, daß sie einfach einschlafen konnte, wenn sie ins Bett ging, statt auch mit Piers noch irgend etwas Einfallsreiches anstellen zu müssen. Der Gedanke war eine enorme Erleichterung. Piers lag für gewöhnlich mit derselben ungeduldigen Erwartungshaltung auf den schiefergrauen Laken wie der Fisch in seinem Wachspapier. Und nachdem sie dann die entsprechende Akrobatik vollführt hatte, mußte sie noch einmal ins Bad und sich waschen, während er einfach einschlief, ohne ein Wort der Liebe oder Zuneigung.
    Sie hatte gerade die neuen Kartoffeln aufgesetzt und wollte den Grill einschalten, als das Telefon klingelte. Es war Piers, der unglaublich wichtigtuerisch verkündete, er müsse zu einem »Geschäftsessen«. Sie solle ruhig schon schlafen gehen, es werde spät.
    Sally schnitt dem Fisch eine Grimasse, verbannte ihn zurück in den Kühlschrank und stellte die Flamme unter den Kartoffeln aus. Dann ging sie ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Ein Abend ohne Dokumentationen und Politmagazine. Wenn sie Piers verließ, würde sie nur noch Blind Date und Gladiators sehen, Sendungen, die Piers niemals auf der Mattscheibe seines Designerfernsehers dulden würde.
    Das würde wunderbar, dachte Sally entschlossen und schob den Gedanken emsig beiseite, daß es noch viel wunderbarer wäre, wenn es jemanden gäbe, vorzugsweise jemanden männlichen Geschlechts, mit dem sie all das teilen könnte.

Kapitel 5

    M ay klingelte und wartete ein paar Minuten ab. Obwohl sie jetzt seit sechs Wochen bei Quality Cleaners arbeitete, hatte sie sich immer noch nicht daran gewöhnt, die Häuser anderer Leute zu betreten, während die Bewohner nicht daheim waren.
    »Es muß einen leichteren Weg geben, seinen Lebensunterhalt zu verdienen«, murmelte sie, als sie, wie instruiert, den Schlüssel aus dem kleinsten Gummistiefel vor der Haustür fischte. »Und wenn Schleimbeutel uns nicht bis spätestens Montag zahlt, was er uns schuldet, werde ich diesen Weg finden.«
    Behutsam und zögerlich öffnete sie die Tür, sicher, daß jeden Moment eintausend Dezibel losschrillen würden. Aber es herrschte himmlische Ruhe. Seit sie ein Haus betreten hatte, dessen Bewohner vergessen hatte, die Alarmanlage auszuschalten, und May nicht nur sämtliche Nachbarn an den Rand des Wahnsinns getrieben, sondern auch einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst hatte, machten diese

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