Wilder als der Hass, süsser als die Liebe
einfach fest, daß ich ein wenig eifersüchtig bin.«
Wenn das Thema unbelastet gewesen wäre, hätte er vielleicht ihre Ehrlichkeit liebenswürdig oder gar schmeichelhaft gefunden. So aber schürte sie seinen Ärger nur noch.
Vom Verstand her hatte er immer akzeptiert, daß er keinen Grund hatte, einem Ehegelübde treu zu bleiben, das in seiner Essenz zu Ende war, doch er hatte sich niemals wohl mit einer anderen Frau gefühlt. Dieses Ungleichgewicht zwischen Bedürfnis und Bewußtsein hatte stets wirkliche Befriedigung verhindert. Er rollte sich auf den Rücken, so daß sie sich nicht länger berührten.
»Ich denke, du hast überhaupt kein Recht, eifersüchtig zu sein. Aber wenn es dich irgendwie tröstet, kann ich dir sagen, daß meine Treuebrüche in den letzten Jahren weitaus weniger waren als deine.«
»Die Gerüchte über meine Schandtaten waren gewaltig übertrieben«, antwortete Juliet mit erstickter Stimme.
»Übertrieben vielleicht, aber nicht einfach glattweg erfunden«, entgegnete er fest. Etwas Dunkles und Gefährliches richtete sich in den schwarzen Tiefen seines Bewußtseins auf, eine Szene, die er verdrängt hatte, doch die er niemals wirklich hatte vergessen können. Als die Erinnerung sich nun an die Oberfläche drängte, brachte sie wilden Zorn mit. »Ich weiß nicht, wie viele der Geschichten wahr gewesen sind, aber ich mußte glauben, was ich mit eigenen Augen gesehen habe.«
Sie setzte sich auf und rückte von ihm weg bis zur Bettkante. Im Licht der frühen Dämmerung schien ihr Gesicht blaß und unergründlich. »Was . .. was meinst du damit?«
Seine Hände ballten sich zu Fäusten, als er versuchte, seine Wut unter Kontrolle zu bringen, aber er konnte sie nicht mehr unterdrücken. »Kannst du dich noch daran erinnern, daß du im Hotel Bianca auf Malta warst? Ich schon.«
Juliet keuchte auf und zog ihre Knie hoch, die sie mit den Armen umschlang. »Was hast du denn in Malta gemacht?«
Ich bin dir hinterhergelaufen! Da warst meine Frau .. .! Glaubst du wirklich, du konntest unserer Ehe mit einer rätselhaften Nachricht ein Ende machen? Nein, Juliet, so naiv kannst du nicht sein.«
Sein Puls begann sich zu beschleunigen, als sich die Bilder der Vergangenheit vor seinem inneren Auge mit der ganzen Gewalt der Qual abspulten, die ihm damals scho» die Eingeweide umgedreht hatten. Es war spät gewesen, als er im Hafen von Valletta von Bord gegangen war und sich direkt zum Hotel Bianca begeben hatte, das als beste Unterkunft auf Malta galt. Er hatte gehört, daß Juliet auf der Insel sein sollte, dachte aber, er würde sie suchen müssen. Trotzdem hatte er ohne rechte Hoffnung am Empfang nachgefragt, ob Lady Ross Carlisle bereits angekommen war, denn sie wollte ihn baldmöglichst treffen.
Als er sie beschrieben hatte, hatte sich das Gesicht des Concierge erhellt. Ah ja, die wunderschöne englische Lady, ja, sie wohnte tatsächlich hier. Ross' Gepäck war bereits hinaufgetragen worden, doch der romantische Concierge hatte ihm mit wissendem Lächeln einen anderen Schlüssel gegeben und ihm Juliets Zimmer genannt. »Für den Fall, daß der englische Milord für die Wiedervereinigung nicht bis zum nächsten Morgen warten möchte.«
Es war sehr spät, und Ross wußte, daß er warten sollte, doch er hatte sich einfach nicht zurückhalten können, die hilfreiche Indiskretion des Concierge auszunutzen. Das Zimmer war leicht zu finden gewesen, am Südende des Korridors im zweiten Stock. Bei dem Wissen, daß Juliet nur noch wenige Meter von ihm entfernt war, hatte sein Herz schneller geschlagen, vor übermächtiger Sehnsucht. Nicht einen Moment hatte er daran gezweifelt, daß sie alles wieder hinbiegen konnten. Juliet gehörte zu ihm!
Doch gerade als er anklopfen wollte war die Tür plötzlich aufgeflogen, und ein Mann war hinausgekommen. Ross hatte das Gefühl gehabt, man hätte ihn in den Magen getreten. Die Kleidung des Mannes war in Unordnung gewesen, so, als hätte er sie nur hastig übergestreift, und er hatte das schmierige Lächeln eines satten Katers gezeigt. Worte aus Feuer, die auf der Wand erschienen wären, hätten ihm nicht deutlicher sagen können, daß dieser Typ gerade eine sexuelle Begegnung mit der Dame hinter der Tür gehabt hatte.
Und Ross hatte den gutaussehenden Mann erkannt, was im gewissen Sinne alles nur noch schlimmer gemacht hatte. Es war der Comte d'Auxerre gewesen, ein französischer Diplomat, der Ross einmal auf einem Ball in London vorgestellt worden war.
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