Wildes Blut
ein weiteres Glas leerte.
"Was ist also Ihre Meinung - sollen wir uns ergeben und den Verrückten, die die Landreform durchsetzen wollen, unser Erbe überlassen, damit sie unsere stolzen Haziendas zwischen den Peons in Stücke zu vierzig Hektar aufteilen?" fragte Don Encarnacion, dessen Gesicht sich unter der Bräune bedenklich rötete.
"Kaum! Aber solange niemand Juarez aufhalten kann, werde ich für alles offen sein. Ein kluger Mann kann sein Erbe selbst schützen - wenn er vorhat, es zu bewahren. Ich würde nichts lieber sehen, als wenn Juarez von der Bildfläche verschwände.
Ohne ihn wird sich die Rebellion zerschlagen, aber mit ihm als Anführer wird sie nicht zu stoppen sein, bis seine kleine schwarze Kutsche in Mexico City einfährt." Er trank einen großen Schluck Portwein.
"Sie schlagen also vor, dass wir den Indianer eliminieren sollten", sagte Mariano so offen, als würden sie über den Gnadentod eines alten Pferdes sprechen.
Nicholas zuckte die Schultern. "Soweit ich weiß, ist das bereits versucht worden - ohne Erfolg. Jetzt, so fürchte ich, ist es zu spät."
Er ging zur Tür und sah auf den Hof hinaus, als wäre er sich der Bedeutung seiner Worte nicht bewusst. Aber er spürte die stumme Verständigung zwischen dem alten Don und seinen Mitstreitern. Waren sie alle in die Verschwörung verwickelt?
Wahrscheinlich. Mariano war ohnehin eine Null. Der Sohn des alten Don schien so unpolitisch und dekadent zu sein, wie Anselmo es einst gewesen war. Ich frage mich ...
Die Zusammenkunft war gleich darauf beendet, angeblich, damit die Männer sich für den Abend umkleiden konnten.
Nicholas vermutete, dass Encarnacion und die anderen sich zurückzogen, um zu besprechen, ob sie ihm trauen sollten oder nicht, und ob sie ihn in ihren Plan einweihen könnten.
Wenig später stand er vor dem Spiegel in den Gemächern, die man ihm und Mercedes angewiesen hatte, und prüfte seine Erscheinung. Er trug die traditionelle Kleidung des criollo, eine kurze, enge Jacke und silberbestickte Hose. Der Anzug war schwarz, dazu ein schneeweißes Hemd und eine weiße Seidenkrawatte, die in deutlichem Gegensatz zu seiner dunklen Haut stand. Der einzige Farbfleck an seiner Kleidung war die leuchtendrote Schärpe um seine Taille. Er öffnete die Tür des kleinen Ankleidezimmers und sah, dass Mercedes erwartungsvoll mitten in dem großen Schlafzimmer stand. Trotz der üppigen Dekoration des Gemaches beherrschte ihre schlanke Gestalt den Raum.
"Dona Mercedes, Sie sind das Juwel des Hauses Alvarado", sagte er bewundernd, als er über den in Dunkelbraun und Gold gehaltenen Teppich schritt und ihre Hand nahm.
Sie trug ein Kleid aus dunkelvioletter Seide, eine schwere und dramatische Farbe, die nur wenige Blondinen kleidete.
Mercedes mit ihrem mattgoldenen Haar und den topasbraunen Augen wirkte darin nur noch erregender. Zwischen ihren Brüsten ruhte ein Amethystanhänger.
Er hob den schweren Edelstein an und presste seine Lippen auf ihre warme, weiche Haut, atmete ihren Duft tief ein.
"Glücklicher Stein", flüsterte er und fühlte, dass ihr Puls schneller schlug.
"Heißt das, ich gefalle dir?" Die Zofe Magafta hatte ihr Haar mit silbernen und amethystbesetzten Kämmen kunstvoll aufgesteckt. Eine lange Strähne fiel über ihre rechte Schulter, als verlangte sie nach der Berührung eines Mannes.
Nicholas konnte nicht widerstehen. Er griff nach der Locke und drehte sie um seinen Zeigefinger. Dann erwiderte er: "Ich sagte dir doch, dass du die schönste Frau auf der Fiesta sein wirst."
Sie lachte. "Du hast die anderen Damen ja noch gar nicht gesehen. Ich habe einige von ihnen vorhin in der sala getroffen.
Dona Ursula, die Schwiegertochter unseres Gastgebers, ist sehr reizvoll", sagte sie und dachte an die schwarzhaarige Schönheit mit den funkelnden violetten Augen.
Er zog eine Braue hoch. "Marianos Gemahlin? Ich dachte, sie hätte vorstehende Zähne."
"Seine zweite Gemahlin. Die erste starb vor einiger Zeit.
Ursula wurde im letzten Jahr zu dieser Ehe gedrängt, ein unschuldiges Mädchen von siebzehn Jahren, aber seitdem ist sie etwas welterfahrener geworden." Sie nahm seinen Arm, und gemeinsam gingen sie nach unten.
Nicholas sagte: "Soweit ich weiß, soll es im Hof eine Tanzvorführung geben, und dann ein formelles Abendessen, ehe die Musiker zum Ball aufspielen. Ein Feuerwerk wird den Abend beenden. Allem Anschein nach rollt Don Encarnacion für seine Ehrengäste den roten Teppich aus."
Als sie die Treppen
Weitere Kostenlose Bücher