Wildes Blut
Sie hatte Ehebruch begangen.
Zur Strafe müsste sie ihren Liebhaber für immer aus ihrem Bett verbannen.
Sie barg ihr Gesicht in den Händen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Ich bin verloren, eine Hure, denn selbst wenn ich seine Identität preisgeben könnte, würde ich es nicht tun. Der Gedanke, ihn aufzugeben, nie wieder seine Berührung zu fühlen oder seine Stimme zu hören, war mehr, als sie ertragen konnte.
Mit jeder Faser ihres Herzens sehnte Mercedes sich danach, den Rest ihres Lebens mit diesem Mann zu verbringen.
Und sie wusste nicht einmal seine n Namen.
Als er eine Stunde später in sein Zimmer zurückkehrte, fand Nicholas sie auf dem Bett liegend vor. Noch immer trug sie ihr Reitkleid. Agnes hatte ihn unten mit einem Lächeln begrüßt, als teilten sie ein Geheimnis. Mit ein paar deutschen Redewendungen hatte sie ihm zu seinem Sieg gratuliert. Er fluchte über sich selbst, weil er seine Sprachkenntnisse während des Kampfes zugegeben hatte.
Nun, da er Mercedes' tränenüberströmtes Gesicht sah, spürte er einen Kloß im Hals. Lautlos trat er ans Bett und setzte sich neben sie auf die weiche Matratze. Als sie sich aufrichtete und ihn überrascht ansah, fiel die Sharps aus ihrer Tasche und lag glänzend auf dem Laken.
Er nahm sie auf und erkannte die Waffe wieder, die er ihr gegeben hatte, damit sie sich schütze n konnte, wann immer er nicht auf der Hazienda war. Er ließ seinen Blick von der Waffe zu ihr wandern, ohne die Frage auszusprechen.
"Ja, ich war dort - und ja, ich hätte ihn getötet, wenn es nötig gewesen wäre", flüsterte sie leise.
Die Qual in ihren Augen war schwerer zu ertragen als ein Säbelhieb von Scheelings. "Ich bin froh, dass es nicht dazu kam", erwiderte er vorsichtig. Dann hielt er den Atem an, um sich für ihre Entgegnung - vielleicht ihre Anschuldigungen - zu wappnen.
Statt dessen warf sie sich in seine Arme und klammerte sich verzweifelt an ihn. "Ich liebe dich so sehr. Ich würde alles für dich tun - wirklich alles."
Nicholas strich ihr übers Haar und barg sein Gesicht in den weichen, duftenden Locken. "Still, weine nicht, Geliebte, bitte", tröstete er sie.
Mercedes zwang sich zur Ruhe, dann wischte sie sich über die Augen. "Ich muss schrecklich aussehen", sagte sie übertrieben heiter. "Das Kind verursacht diese Stimmungsschwankungen, so haben mir die anderen Damen es jedenfalls erklärt. Es wird bald vorübergehen, so wie die morgendliche Übelkeit."
"Ich finde dich schön, und das wird immer so sein. Ich liebe dich mehr als mein Leben", sagte er einfach. Er wollte, dass sie ihm glaubte - und ihm verzieh.
Aber niemals würde er sie darum bitten, und er würde auch niemals ein Wort über das verlieren, was sich stillschweigend zwischen ihnen ereignet hatte.
An jenem Abend, nach dem Galadiner, führte Don Encarnacion die Herren in sein Arbeitszimmer, zu Portwein und kubanischen Zigarren. Alle Männer vermieden es, über das blutige und ungewöhnliche Duell zu sprechen, dem sie am Morgen beigewohnt hatten. Die meisten waren aufgebracht wegen von Scheelings Beleidigungen ihrer Ehre als criollos, aber dass einer der ihren so gnadenlos reagiert und ihn mit solcher Kälte getötet hatte, verursachte ihnen ein ausgesprochen unbehagliches Gefühl. Die Unterhaltung wandte sich wie stets der Politik zu.
"Ich habe gehört, dass der republikanische Pöbel vorhat, Hermosillo anzugreifen", sagte Patrico und paffte seine Zigarre.
"Was wird Bazaine dagegen unternehmen?" warf Doroteo ein, direkt an den Prinzen gewandt.
Felix Salm-Salm nahm sich die Zeit, Vargas' exzellenten Port zu kosten und dabei seine Antwort zu überdenken. Es war unmöglich, in seinem Gesicht zu lesen. "Das ist schwer zu sagen, meine Herren. Wie Sie ohne Zweifel wissen, hat der General die angeforderte Verstärkung von Napoleon nicht erhalten. Es war immer der Plan Kaiser Maximilians, dass seine imperialen Streitkräfte das Kommando übernehmen, wenn die Franzosen sic h zurückziehen. Einer der Gründe für meine Rundreise durch den Norden liegt darin, für den Kaiser herauszufinden, wie dieser Übergang sich am besten arrangieren lässt."
"Dann stimmt es, dass Napoleon III. Bazaine nach Hause beordert hat?" fragte Encarnacion nach.
"Damit war zu rechnen, wenn auch nicht so bald", sagte Salm-Salm vorsichtig. "Die französische Präsenz in Mexico sollte nur dazu dienen, die kaiserliche Autorität zu festigen."
"Die Frage scheint mir zu sein, ob sie bereit sind zur Übernahme", meinte
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