Wildes Blut
ihrem Platz zu geleiten. Als die beiden Männer die Hände nach ihr ausstreckten, schüttelte sie sie ab und ging hocherhobenen Hauptes zurück zu ihrer Bank, wo sie sich kerzengerade hinsetzte und mühsam die Tränen zurückdrängte, als die Stimme des Richters den Raum erfüllte.
"Lucero Alvarado, Sie haben drei Tage, um sich bereit zu machen. Bei Anbruch des vierten Tages werden Sie wegen der Verbrechen, die Sie gestanden haben, den Tod durch Erschießen sterben."
Lucero saß da und starrte in die Flammen des Lagerfeuers, Noch immer sah er ganz deutlich vor sich, wie die Fair Lady den Hafen von Vera Cruz verließ.
Er und seine Männer hatten das Schiff um eine knappe Stunde verpasst. Gerade lange genug, damit es die flachen Gewässer verlassen und die offene See erreichen konnte zusammen mit Leonardo Marquez und dem größten Teil des mexikanischen Schatzes. Er war so verdammt nahe daran gewesen, nur, um von dem Mann, der sein Mentor gewesen war, überlistet zu werden.
Nick würde darüber lachen, dachte Lucero bitter. Nick war ein kluger Mann. Er hatte sich niedergelassen und sich in diesem Krieg auf die Seite der Sieger geschlagen. Natürlich hätte Nick ihn als erster vor Marquez gewarnt, aber Luceros eigene Überheblichkeit hatte ihm einen Streich gespielt. In seinem Beruf ein fataler Fehler.
Als könnte er seine Gedanken lesen, fragte Jörge: "Was werden wir jetzt tun? Diaz und seine Armee sind in Mexico City, so gibt es keine Hoffnung für uns, einen der Reichen zu erwischen, die während der Unruhen geblieben sind."
"Daran habe ich gedacht. Sobald die Juaristas Maximilian haben, wird alles vorüber sein. Dann wird das Militär seine Aufmerksamkeit auf uns richten."
"Wir können unsere Gruppe nicht aufteilen", sagte Otto Schmidt steif und betrachtete Alvarado aus seinen Schweinsäugelein.
"Nein, die Absicht habe ich auch nicht", entgegnete Lucero kühl. Er hatte Schmidt, der zuerst unter Nick gedient hatte, noch nie gemocht. Nur er und Lanfranc waren noch dabei, die anderen längst eigene Wege gegangen.
"Was werden wir dann tun?" fragte Jörge wieder.
"Wir behalten unsere Richtung bei, nach Norden, wo man uns nicht kennt. Mit etwas Hilfe können wir die amerikanische Grenze erreichen. Ich habe von einigen reichen Kup ferminen auf dem Territorium von New Mexico gehört - und inzwischen ist mein Englisch ganz annehmbar", fügte er hinzu und dachte an Nick. Die Hilfe, die ihm vorschwebte, wartete auf Gran Sangre.
Am nächsten Tag ritten sie in die Außenbezirke von Durango. Lucero hatte seinen schwarzen Hengst gegen ein weniger auffälliges, aber genauso kräftiges Tier eingetauscht.
Dennoch blieb er in einer kleinen Cantina zurück, weil er nicht erkannt werden wollte, und schickte Lanfranc und Jörge zum Markt, um Proviant für den langen Weg zurück nach Sonora einzukaufen.
Er verbrachte den Nachmittag zusammen mit seinen Männern in dem heruntergekommenen Haus, nippte an einem schmutzigen Krug mit warmem Pulque und sah zu, wie ein feistes Schankmädchen mit den rauen Vaqueros kokettierte.
Jörge betrat die schwach beleuchtete Cantina und bahnte sich einen Weg durch die Menge zu seinen Mitstreitern.
"Du siehst so zufrieden aus wie ein Mann, der gerade turnera in das Getränk seiner Hure gegossen hat", meinte Lucero, als er das gewisse Leuchten in Jorges schmalen kleinen Augen sah.
"Du wirst nicht glauben, was wir gerade in der Stadt gehört haben." Er wartete, bis das Schankmädchen an den Tisch gekommen war und eine weitere Runde Pulque für die Männer eingeschenkt hatte. "El Diablo wird morgen sterben - durch ein Erschießungskommando der Juaristas. Peng!" Er schnippte mit den Fingern. "Lucero Alvarado wird nicht mehr gesucht. Er ist so gut wie tot."
Jörge und einige der Männer brachen in Gelächter aus, aber Lucero blieb nachdenklich. Sein Gesichtsausdruck war rätselhaft. Allmählich spürten die anderen seine seltsame Stimmung und beruhigten sich.
"Es gefällt dir nicht, dass man Nick an deiner Stelle gefangen hat?" fragte Schmidt.
"Ich habe Fortune nie gemocht", sagte Lanfranc. "Er war als Vorgesetzter ein Bastard."
Lucero sah den schmierigen kleinen Franzosen an, als betrachte er eine der Kakerlaken, die über den Boden der Cantina liefen. "Er mag ein Bastard sein, aber Nick ist mein Bruder" , sagte er in sanftem, gefährlichem Ton. "Ich darf schlecht über ihn sprechen. Du nicht." Er nahm einen großen Schluck Pulque, dann lehnte er sich zurück, den Stuhl an die raue Wand
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