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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shril Henke
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von allem Goldschmuck zu befreien.
    Fortunes Verteidiger unternahm keinen Versuch, die Zeugen zu befragen. Auch der Angeklagte deutete nicht an, dass diese Geschichten nicht der Wahrheit entsprachen. Mercedes saß auf der harten Holzbank, kerzengerade aufgerichtet, obwohl ihr Rücken fast unerträglich schmerzte. Sie versuchte, die Ruhe zu bewahren, doch das Spitzentaschentuch in ihren Händen war zerfetzt, ehe die Zeugenbefragung vorüber war.
    Dann wurde Margarita Olividad aufgerufen. Die junge Frau mit dem mürrischen Gesicht stand auf und ging zum Richtertisch. Sie blieb neben Nicholas stehen und sah ihn verächtlich an, dann trat sie vor, um vereidigt zu werden.
    Wie die anderen beschuldigte sie El Diablo des kaltblütigen Mordes und des Diebstahls, aber darüber hinaus beschrieb sie auch noch, wie brutal er sie vergewaltigt hatte. In ihren schwarzen Augen loderte der Hass, als sie auf Nicholas deutete:
    "Er hat mich entehrt. Jetzt muss er dafür sterben!"
    Als Naya keinen Versuch unternahm, etwas gegen ihre Aussage zu sagen, hielt es Mercedes nicht länger an ihrem Platz.
    "Bitte, Euer Ehren, wenn ich etwas sagen darf - ich glaube, ich kann beweisen, dass sie den falschen Mann beschuldigt."
    Einer der Militärrichter lehnte sich mit einem ungeduldigen Schnauben zurück und strich über seinen Schnurrbart, während der Richter mit dem Hammer reglos dasaß und sie mit einem schwer zu deutenden Blick ansah. Nur der Zivilrichter schien bereit, ihre Bitte zu erwägen. Die drei Männer berieten sich kurz untereinander, dann sahen sie Mercedes an.
    "Treten Sie vor und zeigen Sie uns Ihre Beweise", verlangte der Richter in der Mitte, dann wandte er sich um und entließ das junge Mädchen.
    "Nein, bitte, Euer Ehren. Sie soll bleiben. Ich möchte ihr einige Fragen stellen."
    Als Mercedes vortrat, beobachtete Nicholas sie. Sorge überkam ihn wegen des Schadens, den sie sich und ihrem Kind zufügen könnte. Sie trug ein elegantes dunkelgrünes Leinenkleid, das mit schwarzer Borte verziert war. Ihr Haar war aufgesteckt, und sie trug einen kleinen schwarzen Hut mit einer passenden grünen Feder. Sie sah nun ganz und gar aus wie eine criolla, die Patrona einer großen Hazienda, eine Alvarado.
    Mercedes schluckte schwer und näherte sich Margarita Olividad. "Ich weiß, dass Sie Schreckliches erlebt haben und sich fürchten", begann sie langsam. "Auch ich lebte an einem abgeschiedenen Ort, wo Soldaten und contre-guerillas vorüberkamen, um mich zu berauben - und mehr. Auch ich hatte Angst, aber ich hatte das Glück, eine Waffe zu haben, als ein französischer Offizier mich allein im Hause überraschte."
    Margarita riss überrascht die Augen auf, aber sie sagte nichts, sondern sah die schöne Dame in den eleganten Kleidern einfach nur an.
    "Ich werde sein Gesicht niemals vergessen." Mercedes schauderte, doch sie fuhr fort: "Und ich bin sicher, auch Sie werden das Gesicht von El Diablo niema ls vergessen."
    "Er ist es", sagte das Mädchen und warf trotzig den Kopf zurück, während sie Nicholas ansah. "Niemals werde ich diese entsetzlichen Augen vergessen, so schwarz wie die Hölle und doch so schimmernd, wie - wie Silber."
    "Ja, dieser Mann hat die gleichen Augen wie Lucero Alvarado - denn er ist Luceros Bruder." Wieder erhob sich Gemurmel. "Nicholas Fortune ist der illegitime Sohn meines Schwiegervaters, aber trotz aller Ähnlichkeit mit Lucero sind es zwei verschiedene Männer. Nicholas ist sein ganzes Leben lang Soldat gewesen. Er hat viele Narben - Narben, die Lucero nicht hat. Sehen Sie die Narbe auf seiner linken Wange." Sie deutete auf Fortune, aber Margarita wollte nichts davon wissen.
    "Sie sagten, dass die französischen Soldaten auf ihre Hazie nda kamen", meinte sie nur. "Aber Sie sind eine Dame."
    Sie sprach das Wort aus, als wäre es eine Beschimpfung. "Wenn Ihnen das Unglück widerfahren wäre, dass ein Mann Ihnen die Kleider vom Leib reißt und über Sie herfällt, dann würden Sie sein Gesicht niemals vergessen. Niemals!"
    "Dann müssen Sie doch wissen, dass El Diablo keine Narbe hatte", sagte Mercedes verzweifelt.
    "Ich sah sein Gesicht." Wieder deutete Margarita auf Nicholas. "Ihn! Glauben Sie, dass ich mich an diese eine weiße Linie erinnere", sie machte eine Bewegung über ihre linke Wange, "wenn diese teuflischen Augen mich durchbohren? Sie sind nicht vergewaltigt worden. Sie können das nicht verstehen."
    Mercedes fühlte, wie ihr Herz rasend schnell schlug. Dann schien sich ihre Kehle zusammenzuschnüren,

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