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Wildes Herz

Wildes Herz

Titel: Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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sogleich ein: »Nun ja, zumindest könntest du ein hübsches Mädchen sein, wenn du dir den Dreck aus dem Gesicht waschen und dein verfilztes Haar in Ordnung bringen würdest.« Er musterte sie aufmerksam. »Deine dunkelblonden Locken, dein Gesicht … Den Stich ins Rötliche in deinem Haar könnte man fast vergessen, genau so wie die paar Sommersprossen.« Er lehnte sich zurück. »Ja, ich glaube, eigentlich könntest du einen durchaus einnehmenden Anblick bieten. Aber der dürfte dir mehr einbringen, wenn sich dazu ein freundliches Lächeln gesellt, statt einer flinken Diebeshand – die dir ja offensichtlich nicht gegeben ist.«
    Éanna starrte ihn an. Sie wurde einfach nicht schlau aus ihm. Was unter anderen Umständen ein unerhörtes Kompliment gewesen wäre und sie bis in die Haarspitzen hätte erröten lassen, klang wie eine nüchterne Bestandsaufnahme ihrer Vorzüge und Schwächen.
    »Ich habe noch nie zuvor etwas gestohlen«, sagte sie und spürte, wie der Ärger über seine Worte in ihr hochzukochen begann. Aber sie ermahnte sich, ihr Temperament im Zaum zu halten. Seine Worte mochten noch so überheblich sein, er war es gewesen, der ihren Kopf aus der Schlinge gezogen hatte.
    »Bitte verzeiht, dass ich versucht habe, Euch zu bestehlen«, sagte sie und senkte den Blick, damit er nicht das wütende Funkeln in ihren Augen sehen konnte.
    Fast gleichgültig winkte er ab. »Du hast einfach Pech gehabt, das ist alles. Vermutlich hätte ich an deiner Stelle dasselbe getan, wohl auch mit demselben unbefriedigenden Ergebnis.« Er seufzte, als wäre ihm in diesem Zusammenhang etwas anderes Betrübliches eingefallen. »Wenn ich meinem Onkel Glauben schenken darf, bin auch ich in vielen Dingen nicht gerade der Geschickteste.«
    Der Wirt näherte sich ihrem Tisch und brachte einen Teller mit Graupensuppe sowie einen Becher warmer Milch. »Ah, da kommt ja endlich dein Essen.« Patrick sah hoch. »Na dann, lass es dir schmecken und nimm dir Zeit. Du wirst ja wohl kaum in Eile sein und einen wichtigen Termin haben, den du nicht verpassen darfst.«
    Éanna hielt sich nicht länger damit auf, sich über seine merkwürdige Art zu ärgern. Ihre Aufmerksamkeit gehörte jetzt einzig und allein der köstlichen, sämigen Suppe. Diesmal zwang sie sich dazu, ganz langsam Löffel für Löffel zu essen und zwischendurch nur kleine Schlucke Milch zu nehmen. Herrlich warm und nahrhaft rann ihr beides durch die Kehle und besänftigte ihren Magen.
    Derweil widmete sich Patrick O’Brien wieder seiner Zeitungslektüre. Es sah so aus, als hätte er völlig vergessen, dass noch jemand mit ihm am Tisch saß. Dass er jedoch sehr wohl mitbekam, wie sie ihren Teller mit andächtiger Versunkenheit langsam leerte, zeigte sich, als ihr nur noch einige wenige Löffel geblieben waren.
    Er winkte den Wirt heran, der sich mit sichtlich verdrossener Miene zu ihnen nach hinten begab.
    »Noch einen Wunsch?«, fragte er mürrisch.
    »In der Tat, guter Mann«, sagte Patrick O’Brien aufgeräumt, als hätte er die Unfreundlichkeit des Wirtes überhaupt nicht bemerkt. »Bringt Brot für das Mädchen. Und zwar einen ganzen Laib. Ach ja, und greift doch bitte nicht zufällig nach einem alten Kanten, sondern bringt Brot vom Tag. Es wäre mir unangenehm, wenn ich Euch wieder zurückschicken müsste, damit Ihr auch das Gewünschte bringt.« Dabei schenkte er ihm ein strahlendes Lächeln.
    »Wie der junge Herr belieben!«, knurrte der Wirt, nahm den leeren Teller an sich und riss Éanna fast den Löffel aus der Hand, den sie gerade abgeleckt hatte. Kopfschüttelnd entfernte er sich, um wenig später einen frischen Brotlaib unwirsch vor Éanna auf den Tisch zu knallen. »Ist für Eure junge Dame vielleicht noch ein Port oder ein Pudding zum Nachtisch erwünscht, der Herr?«, fragte er anschließend spöttisch.
    Patrick O’Brien legte kurz die Stirn in Falten. »Wo Ihr mich so fragt …«, begann er, als überlegte er tatsächlich, ob er noch etwas für Éanna bestellen sollte. Aber dann schüttelte er den Kopf und sagte völlig unbekümmert: »Aber nein, ich glaube, das passt nicht recht zu Eurer Graupensuppe. Aber verbindlichsten Dank, dass Ihr die Freundlichkeit gehabt habt, es anzubieten. Ihr seid wirklich ein Gastwirt nach meinem Geschmack. Werde Euch wärmstens empfehlen.« Huldvoll nickte er ihm zu und entließ ihn mit den herablassenden Worten: »Das ist alles. Geht nur wieder an Eure Arbeit. Ich werde Euch schon rufen, wenn ich noch einen Wunsch

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