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Wildes Herz

Wildes Herz

Titel: Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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wäre. Aber sie wollte sich den Rest aufsparen.
    Nur wenig später fielen ihr die Augen zu, obwohl mit dem Einbruch der Dunkelheit erst in gut zwei Stunden zu rechnen war. Als sie aus dem Schlaf hochschreckte, war es draußen immer noch hell. Im ersten Moment wusste sie nicht, was sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Doch dann hörte sie Männerstimmen und raues Gelächter. Und die Stimmen kamen schnell näher.
    Panik erfasste Éanna. Sie sprang auf, klemmte sich das Brot unter den linken Arm und wollte schon kopflos aus der Scheune rennen. Doch dann fiel ihr Blick durch eine Ritze in der Bretterwand auf eine der Gestalten, die über das Feld kamen und zielstrebig auf die Scheune zuhielten. Es war ein junger, kräftiger Mann mit einem roten Haarschopf.
    Éanna riss die Augen auf. Sie konnte nicht glauben, was sie da sah! Es war kein anderer als Paddy, dieser brutale Kerl, der sie mit seiner Bande vor einigen Wochen in Ballinasloe am Flussufer überfallen, ihr schon einmal einen Laib Brot entrissen und ihr mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte! Wie konnte es sein, dass sie nun schon zum zweiten Mal auf die Bande stieß – und jedes Mal ausgerechnet dann, wenn eine glückliche Fügung sie in den Besitz eines Brotes gebracht hatte.
    Fieberhaft überlegte sie, was sie tun sollte. Noch zwanzig, dreißig Schritte und die Bande würde in der Tür stehen. Weglaufen war hoffnungslos. Paddy und auch die anderen sahen noch kräftig genug aus, um sie schnell einzuholen. Nein, sie musste eine andere Möglichkeit finden.
    Sie spürte das Messer, das sie seit jenem Überfall stets griffbereit und an Steinen gut geschärft in der Innentasche ihres Mantels bei sich trug. Der Holzgriff drückte gegen ihren Oberarm. Abermals spähte sie durch das morsche Holz. Die Bande war schon ganz nah.
    Plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf.
    Sie riss das Messer aus der Manteltasche und warf sich bäuchlings in den Strohdreck, den Kopf halb darin vergraben und mit dem Körper nahe an der Wand. Dabei verkrümmte sie ihren Körper noch schnell ein wenig und spreizte auch das linke Bein ab, damit ihre Stellung unnatürlich aussah. Das Messer hielt sie vor der Brust fest umklammert.
    »Heilige Muttergottes, steh mir bei!«, flüsterte sie leise, dann war die Bande auch schon heran.

Vierzehntes Kapitel
    »Mann, da liegt ja auch schon wieder eine Leiche herum«, hörte Éanna eine verdrossene Stimme sagen. »Da hätten wir ja auch gleich unten in der Kate bleiben können.«
    »Die hier stinkt wenigstens noch nicht«, erwiderte ein anderer und lachte.
    »Dir mag es ja reichen, mir aber nicht. Wir bekommen auch so schon genug Leichen zu Gesicht. Da muss ich nicht auch noch nachts eine neben mir liegen haben. Kommt, lasst uns einen anderen Platz für die Nacht suchen«, schlug eine dritte Stimme vor.
    Éanna horchte auf. Das war die Stimme von dem Jungen mit dem rötlichen Kraushaar, der ihr ein Stück des Brotes zurückgebracht hatte.
    »Immer langsam, Brendan«, meldete sich der Anführer der Bande zu Wort. »Wollen hier doch erst einmal sehen, ob die nicht noch was bei sich hat, was wir gebrauchen können. Ihre Stiefel sind schon mal ganz passabel. Die können wir bestimmt für ein paar Pence versetzen. Und der Mantel ist auch nicht übel.«
    »Vielleicht lebt sie ja noch?«, sagte ein anderer.
    »Quatsch!«, widersprach Paddy. »Die ist hin. Sieh doch, wie verkrümmt sie daliegt. Die ist so tot, wie eine Leiche nur tot sein kann!«
    Ein schmerzhafter Stiefeltritt traf Éanna fast im selben Augenblick in die Seite. Sie musste alle Willenskraft aufbieten, um jegliche Reaktion darauf zu unterdrücken.
    »Stimmt. Aber lange kann sie noch nicht hinüber sein«, sagte die Jungenstimme und lachte meckernd. Éanna wäre beinahe zusammengezuckt, als sie im nächsten Moment eine kalte Hand auf ihrem nackten Bein spürte, das sie schräg von sich gestreckt und dabei entblößt hatte. Sie biss sich auf die Lippen. Ihr Herz jagte und schlug so laut in ihrer Brust, dass sie meinte, jeder müsse es hören können. Sie atmete ganz flach. Es fiel ihr jedoch unsagbar schwer, reglos liegen zu bleiben und nicht aufzuspringen.
    »Mensch, die ist ja noch richtig warm, Paddy!«, rief der Junge überrascht.
    »Mach mal Platz, du Furz«, tönte der Anführer. »Lass mich sehen.«
    Ihr wild hämmerndes Herz wollte Éanna schier die Brust sprengen. Jetzt kam es darauf an, dass sie blitzschnell reagierte. Andernfalls hatte sie keine Chance.
    Als Paddy sich zu ihr

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