Wildes Herz
im Territorium von Utah wenig Schwierigkeiten haben wird.“
Sie wollte etwas sagen, als sie am gegenüberliegenden Wiesenrand eine flüchtige Bewegung wahrnahm. Ty hatte die Bewegung auch gesehen. Beide drückten sich flach auf den Boden, die Senke ausnutzend, in der sie lagen, um ungesehen die Wiese zu beobachten.
Einhundertundfünfzig Meter entfernt erschienen fünf Indianer mit Ponys auf der wogenden grünen Fläche. Die Männer ritten sorglos, ohne sich um Deckung zu kümmern oder Ausschau zu halten nach Angreifern, die in einem Hinterhalt liegen könnten. Sie wussten, dass Cascabel das Black Plateau beherrschte. Der Grund, warum sie nicht lachten und sich unterhielten, war die feierliche Stille auf dem Hoch-plateau. Menschliche Stimmen trugen weit. Das Rotwild, nach dem sie jagten, hatte ein feines Gehör und würde aufgescheucht.
Ty spähte vorsichtig durch den dichten Vorhang der nadelbedeckten Zweige, das Fernglas abgeschirmt, um seinen und Jannas Aufenthaltsort nicht durch zurückgeworfene Lichtstrahlen zu verraten. Er beobachtete die indianischen Jäger, wie sie vorbeiritten. Auch in dieser Gruppe besaß kaum die Hälfte der Männer einen Karabiner, eine Büchse oder eine Pistole, und für alle Waffen hatten sie nur wenig Munition zum Nachladen. Die Indianer hatten große Schwierigkeiten mit der Bewaffnung. Es war unter Strafe verboten, ihnen Munition und Schusswaffen zu verkaufen. Was sie an Ausrüstung nicht auf dem Kriegspfad erbeuten konnten, mussten sie bei kriminellen weißen Händlern kaufen.
Der Hauptgrund für die schlechtere Bewaffnung der Indianerstämme war jedoch ein Mangel an Erfahrung. Wartung und Pflege der Schusswaffen waren ihnen fremd, und sie besaßen nicht genug Übung, verlässliche Munition selbst herzustellen. Die Waffen, die ihnen als Kriegsbeute oder gegen Zahlung hoher Summen in die Hände fielen, wurden schnell wertlos. Entweder fehlte Munition, oder die Mechanik versagte.
Cascabels Männer hingegen waren gut ausgerüstet. Abgesehen von der traditionellen Bewaffnung mit Pfeil und Bogen, besaß jeder Krieger einen Karabiner und eine gut gefüllte Munitionstasche. Erleichtert stellte Ty fest, dass die Indianer nur einschüssige Gewehre mit sich führten. Sie waren vom gleichen Typ wie die Waffen, mit denen der Süden den Bürgerkrieg gegen den Norden verloren hatte. Keiner der fünf Jäger besaß eine Flinte, die sich mit der neuen Winchester aus dem Laden des Predigers messen konnte. Ty hatte das Gewehr in einer ansonsten leeren Kiste gefunden. Bei seinem hastigen Aufbruch musste der Prediger den Karabiner zurückgelassen haben. Die Winchester, die Ty nun besaß, gehörte zu der Waffengattung, von der die Rebellensoldaten der Südstaaten behaupteten, ein Yankee würde sie am Sonntag laden und die ganze Woche daraus schießen. Ty konnte sein neues Gewehr mit der gleichen Geschwindigkeit nachladen, wie er aus ihm feuerte; ein Vorteil, den die Indianer nicht hatten, es sei denn, sie benutzten Pfeil und Bogen.
Er untersuchte die Bewaffnung der Indianer mit dem erfahrenen Blick eines Kämpfers. Er wusste, der Zustand konnte über Leben und Tod entscheiden. Cascabels Anziehung auf junge Indianerkrieger hatte nicht unwesentlich mit der Tatsache zu tun, dass er über gute
Waffen verfügte. Im Reservat bekamen diese jungen Männer kaum genug zu essen. Sie mussten sich selbst versorgen, und Waffen waren nicht erlaubt - bis auf solche, die sie mit eigenen Händen hersteilen konnten. Wenn sie auf die Jagd gehen wollten, durften sie nicht frei umherstreifen und das Wild verfolgen. In Cascabels Bande erhielten diese jungen Männer die Gelegenheit, sich Ruhm als große Krieger zu erwerben. Sie bekamen ausreichend zu essen, wurden mit ordentlichen Schusswaffen versorgt und konnten das ungebundene Leben in der Wildnis führen, von dem die alten Stammeslegenden erzählten.
Natürlich wurden die Krieger zur Zielscheibe für jeden weißen Mann, der eine Waffe trug, aber das verlieh ihrem Abenteurerleben die zusätzliche Würze. Außerdem waren Weiße nicht allzu zahlreich in diesem Gebiet.
Ty wusste, diese Situation würde sich bald ändern, auch wenn die Indianer sich darüber nicht im Klaren sein mochten. Seit dem Ende des Bürgerkrieges drängten entwurzelte und enttäuschte Weiße in immer größerer Zahl westwärts. Die meisten besaßen Fronterfahrung, und die Aussicht auf gelegentliche Scharmützel mit den Indianern schreckte sie nicht. Ty war einer dieser Abenteurer, wie auch seine
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