Wildes Herz
Brüder. Neben den MacKenzies folgten Tausende dem Lockruf in die unerschlossenen westlichen Territorien, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Wer genug Mut und Durchhaltevermögen besaß, um allen Entbehrungen standzuhalten, würde sein Glück machen, so lautete die Verheißung. Das Land hielt nicht alle Versprechen, aber von denen, die herkamen, war jeder überzeugt, dass seine Träume in Erfüllung gehen würden.
Viele dieser Männer würden mit Repetiergewehren und Karabinern bewaffnet sein und mit Munition behängt, so viel sie tragen konnten. Die Indianer würden sich einige dieser Waffen aneignen und damit rücksichtslos töten, aber der Zustrom der Weißen in den Westen würde weitergehen. Immer mehr Männer würden kommen - und mit ihnen die überlegenen Waffen. Die Indianer hatten den Vorteil, das Land besser zu kennen. Aber auf Dauer würden sie unterliegen.
Ty hatte keinen Zweifel, wie der Machtkampf zwischen Indianern und Weißen schließlich ausging. Weniger sicher schien ihm, ob er die Siegesfeier noch erlebte, die nach Cascabels Niederlage stattfinden würde.
Plötzlich brachten die fünf Indianer ihre Ponys zum Stehen. Einer der Krieger sprang leichtfüßig ab, ging in die Hocke und untersuchte den Boden. Nach einer Weile richtete er sich wieder auf, ging ein paar
Schritte und bückte sich erneut, um die Stelle aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Ty blieb reglos liegen. Im Geist spielte er noch einmal durch, was er und Janna tun würden, sollten sie entdeckt werden. Sein neuer Karabiner konnte in einer Minute den gleichen Schaden anrichten wie zehn einschüssige Flinten. Er hatte die Winchester noch nicht erprobt, trotzdem war er sicher, dass er zwei Krieger kampfunfähig schießen konnte. Die anderen würden in Deckung gehen. Während er mit ihnen Katz und Maus spielte, hätte Janna genügend Zeit, sich davonzuschleichen. Mit etwas Glück könnte auch er selbst entkommen.
Mit noch mehr Glück blieben sie beide unentdeckt.
Als die fünf Krieger schließlich wieder aufsaßen und ihren Weg auf der anderen Wiesenseite fortsetzten, ohne in die Richtung zu blicken, wo Janna und er im schützenden Dickicht lagen, seufzte er stumm und erleichtert. Er hatte Männer kennen gelernt, die den Kampf und das Töten liebten. Zu dieser Sorte gehörte er nicht. Er war froh, als er die Indianer zwischen den Bäumen verschwinden sah, ohne dass er einen einzigen Schuss aus seinem glänzenden neuen Karabiner abfeuern musste.
Ohne sich zu rühren, blieben er und Janna mit dem Gesicht nach unten liegen und warteten. Etwas hatte die Indianer neugierig gemacht, so dass sie von ihrem ursprünglichen Jagdpfad abgewichen waren. Wenn ihre Neugier rasch Befriedigung fand, würden sie zur Wiese zurückkehren und die Jagd auf Rotwild fortsetzen.
Janna lag dicht an Ty geschmiegt. Sie konnte ihn mit der ganzen rechten Körperseite spüren und erinnerte ihn durch zufällige und beinahe unmerkliche Bewegungen an ihre Anwesenheit. Das hatte sie in den vergangenen fünf Tagen oft getan. Am Lagerfeuer beugte sie sich über ihn. Wenn sie ihm einen Teller mit Essen reichte, streifte sie seine Hand. Wo der Weg sichtlich schwierig war, stolperte sie und fiel gegen ihn.
An dem tiefen Ausdruck, den seine grünen Augen annahmen, hatte sie erkannt, dass er sich ihrer Nähe bewusst war. In ihr wuchsen die Zweifel, ob sie tatsächlich lachend davonlaufen würde, wenn sie ihr Ziel erreicht hatte und er voller Verlangen vor ihr auf die Knie sank. Die Vorstellung, ihm nah zu sein, richtig nah, zwang sie selbst in die Knie. Auch in ihr erwachte Verlangen, als sengende Glut, dicht unter ihrer Haut. Das Feuer strahlte zu ihm aus, während sie von seiner andrängenden männlichen Kraft liebkost wurde.
Es war angenehm, dicht an die rechte Seite von Janna gepresst zu liegen und ihre Körperwärme zu spüren, während allmählich die Nacht hereinbrach.
Nach einigem Nachdenken kam Ty zu der Erkenntnis, dass angenehm nicht das richtige Wort war für die Mischung aus glutvoller Sinnlichkeit und seelischer Folter, mit der Janna ihn seit Tagen verfolgte. Er konnte keine Bewegung machen, ohne dass sie in der Nähe war und ihn wie zufällig berührte, niemals fordernd oder vulgär, sie war einfach ... da. Immer. Ein Lächeln und ein flüchtiges Streifen beim Vorübergehen, ein Blick aus ihren klaren grauen Augen, ein warmes Lachen, bei dem ihm heiß und kalt wurde. Er spürte, sie rächte sich, weil er ihre weibliche Ausstrahlung gering
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