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Wildnis

Wildnis

Titel: Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
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Jungs. Die Decke glitt von ihren Schultern, sie umarmte ihn und ließ sich auf das Bett sinken, in dem sie bereits die vorangehende Nacht geschlafen hatte.
    Sie lagen auf der Seite, aneinander geschmiegt und streichelten sich. Bald wurden Jennys Bewegungen langsamer, ihr fester Körper weicher. Sie sank halb auf den Rücken und murmelte etwas, die Augen waren ihr zugefallen. Jan fuhr mit seinen Fingern über ihren Hals, ihr Schlüsselbein, die kleinen Senken darüber und darunter, durch das Tal zwischen ihren Brüsten, die Welle ihres Busens hinauf – und zog seine Hände zurück. Sie schlief.
    Ohne seinen Blick von ihr zu wenden, zog er ihre Jeans aus, legte auch seine Kleidung bis auf die Boxershorts ab, kuschelte sich an sie und hüllte sie beide in die Bettdecke ein. Lange lag er in der Wärme ihres Körpers, zunächst erregt, dann ruhelos, schließlich zärtlich, ehe er einschlummerte.

4. Tag
    Die Sonne hatte den Zenit erreicht. Das altmodische Thermometer, das neben der Tür an der Hauswand hing, war seit ihrer Ankunft jeden Mittag auf 23° oder 24° gestiegen. Selbst damit hatten sie Glück gehabt, denn der kurze Hochsommer Alaskas war eigentlich vorüber. Doch heute reichte die blaue Quecksilbersäule bis auf 28°.
    Jan verließ den Schatten der Veranda und machte sich auf den Weg durch den Wald. Was für eine Nacht! Jennys nackte, zarte, duftende Haut ... Er hätte nicht schlafen dürfen. Nur immer in diesem Gefühl der Seligkeit und des Triumphes liegen. Und dabei hatte sie ihren Slip anbehalten. Wie wäre es erst ... Wer wäre er am nächsten Morgen?
    Seine Brust glühte von ihrer Berührung, als wäre Jenny immer noch um ihn ... Ihn! Ihn hatte sie gewählt! Nicht Greg, nicht Michael – ihn! Er machte einen Freudensprung, trommelte mit den Fäusten gegen einen Baumstamm und rannte los, weil er endlich zu Anna wollte und ... Was eigentlich? Er brach den kurzen Lauf ab und wischte sich über die Stirn. Gestern hatte sie den ganzen Tag allein verbracht. Sie musste sich langweilen, auch wenn sie das nicht zugeben würde. Deswegen hatte er sich heute in seinem Hochgefühl vorgenommen, sie in ihrer Einsamkeit zu besuchen, und war auf gut Glück in östliche Richtung losgelaufen, wohin sie zu verschwinden pflegte.
    Vielleicht wollte er ihr auch vorführen, wie er strahlen konnte. Dass er nicht immer der schüchterne Junge am Rande des Geschehens war, sondern sich stark und begehrenswert fühlen konnte. Und ihr damit gefallen? Nein, er hatte Jenny.
    Hatte er sie wirklich? War sie ihm sicher? Michael hatte sich mit Laura eingelassen. Das bedeutete wohl, dass sein aussichtsloses Verlangen nach Anna vorüber war. Würde er sich als Nächstes an Jenny versuchen?
    Jan durchquerte eine birkenumstandene Lichtung, auf der die Insekten tanzten. Anna rief aus dem Schatten, ein Buch in der Hand.
    Er eilte zu ihr. „Wie gut, dass du hier bist!“
    „Wieso, was ist denn passiert?“
    Er ließ sich neben ihr auf dem von gelben und lila Blumen durchsetzten Gras nieder. „Ach, nichts, ich freue mich einfach, dich zu sehen.“
    „Du scheinst dich sehr zu freuen.“ Sie schaute ihm misstrauisch-vergnügt in die Augen. „Jetzt habe ich‘s! Mit Laura oder mit Jenny?“
    „Nein.“ Jan musste lachen. „Ich hatte keinen Sex mit diesen Frauen.“
    „Hattest du etwa eine Zigarre dabei, Billy Boy.“
    „Ich wusste gar nicht, dass es Miss Marple auch in jung und hübsch gibt.“
    Anna lachte. „Es hat dir jedenfalls gutgetan. In der Laune könntest du einigen Frauen gefallen.“
    „Eine fehlt mir. Wo treibst du dich die ganze Zeit rum? Wieso habe ich dich nie im Haus erwischt? Oder hast du beim Ballett gelernt, wie man verzogene Treppen hinunterschleicht, ohne dass sie knarren?“
    „Ich bin an euch vorbeigeschwebt. Guck nicht so! An der Hauswand wächst auf meiner Seite ein Bäumchen. Daran klettere ich raus und rein, wie es mir gefällt.“
    „Wie eine Katze.“
    „Die sich nicht unterordnet.“
    War sie wirklich so zufrieden mit sich und der Welt? „Langweilst du dich nicht?“
    Sie verzog den Mund, lächelte. „Ich habe meinen Wasserfall. Soll ich ihn dir zeigen?“
    Anna ging voran, wandte sich aber immer wieder um oder blieb sogar stehen, um besser erzählen zu können: von Yoga, Meditation und ihrem Wunsch, einmal nach Tibet zu reisen, vom Medizinstudium, das sie nach dem Ende ihrer Tanzkarriere noch aufnehmen würde, und voller Begeisterung von den großen Ballett-Ensembles der Welt.
    Der Wasserfall war

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