Wildnis
vorbei. Genießt die Natur!“ Er stahl sich in den Wald davon.
Jan sah ihm nach. Die Unterhaltung war so schnell gegangen, was sollte er daraus schließen? Der Indianer liebte die Freiheit in der Natur, hielt viel auf seine Fähigkeiten, sorgte sich um die jungen Ausländer – und trotzdem ... Wilken hatte von einem einzelnen Mann gesprochen. Jan eilte nach Hause, um den Anderen von der Begegnung zu erzählen.
„Zum Glück war er nicht gestern hier, an unserem Haus“, rief Jenny während seines Berichts und schüttelte sich.
„Porno-Kino in der Wildnis.“ Greg gluckste. „Dem hätten wir was geboten.“
Als Jan geendet hatte, befand Jenny: „An und für sich ist es doch beruhigend, wenn sich ein hilfsbereiter Mensch im Tal aufhält“, und die Anderen stimmten zu.
„Lasst uns baden!“ Laura fächerte sich mit einem aufgeklappten Büchlein Luft zu. „Übrigens Greg, du kannst ruhig weiterhin ein Deo benutzen. Oder willst du mich mit deinen Hormonen ersticken?“
Sie gingen zum See. Jan beschäftigte sich lieber mit Jenny, statt über den Indianer zu grübeln. Doch sie wich ihm mit einem schüchternen Lächeln aus und er beschloss, sie nicht zu bedrängen. Laura und Michael lagen nach einem kurzen Bad träge herum, neben der schwülen Hitze setzte ihnen wohl auch der Schlafmangel zu. Jan fühlte sich ebenfalls müde, seine Gedanken trieben um die Mädchen. Greg hingegen kraulte weit auf den See hinaus, versuchte, mit Steinen und angespitzten Stöcken Fische zu fangen, und belagerte Jenny mit seinen Abenteueranekdoten.
Zurück am Haus ließen sie sich lustlos auf der Veranda nieder. Der Nachmittag ging in den Abend über und dennoch hatte die Hitze kaum nachgelassen. Michael klimperte auf der Gitarre. Niemand schien zu bedauern, dass er sie nach einigen Liedern wieder weglegte. Als Jenny von einem Abstecher zum Klohäuschen zurückkam, fing Greg sie auf der Wiese ab. Jan beobachtete die beiden über sein Buch hinweg. Greg redete auf Jenny ein, die ab und an mit kleinen Schritten zurückwich. Nach einer Weile drehte sich Greg um, eilte Richtung Veranda, blieb abrupt stehen und rief Jenny etwas zu, halb über die Schulter. Jenny kam zu ihm. Sie wirkte nun wachsam, wie eine Katze vor dem Mauseloch, wenn ein Hund in der Nähe ist.
Jan ging zum Klo, konnte jedoch nichts von ihrer Unterhaltung aufschnappen. Auf dem Rückweg fragte er sie, ob sie Lust auf ein Kartenspiel hätten. Sie verneinten, und er bezog wieder seinen Beobachterposten. Greg fasste Jenny am Unterarm, nur kurz, es war Teil ihrer Konversation gewesen, und trotzdem missfiel Jan, dass sie das hinnahm. Hätte sie für gewöhnlich nicht ihr Missbehagen durchscheinen lassen?
Während des Abendessens wurde wenig gesprochen. Jenny bekam nicht einmal alle Fragen mit, die an sie gerichtet wurden. Greg prahlte mit dem Reichtum seiner Familie und der Position seines Vaters. An Michaels Stirnfalten ließ sich ablesen, wie auch er sich darüber ärgerte. Selbst Laura ging nicht darauf ein.
Während sie abdeckten, versuchte Jan vergeblich, Jenny auf die Veranda zu lotsen. Unzufrieden wischte er noch den Tisch ab und folgte den Anderen die Treppe hinauf. In ihrem Zimmer war nur Michael. Gleich darauf erschien Laura.
Jans Herz hämmerte. Das durfte nicht sein!
„Wo ... Wo ist Greg?“
„Im Mädchenzimmer.“ Laura lächelte ihm nachsichtig zu. „Entspann dich, Jan, so ist das Leben.“
Er wälzte sich im Bett, die beiden Anderen lasen.
Ein spitzer, leiser Schrei. Jan fuhr auf. „Lass sie“, zischte Laura. „Das ist ihre Entscheidung.“
Er versteckte sein Gesicht unter dem Kopfkissen.
Wieder drangen gedämpfte Schreie zu ihm. Er hielt sich die Ohren zu. Wieso hatte Jenny Greg gewählt? Warum hatte sie ihn eben nicht angehört? Er dachte daran, wie er letzte Nacht ihre Formen liebkost hatte, während sie in seinen Armen eingeschlafen war. Warum konnte er nicht das erste Mal mit ihr verbringen? Wütend warf er sich hin und her und setzte sich zuletzt auf.
„Lass sie in Ruhe“, fauchte Laura, als er sich anzog.
„Ich gehe nach draußen, auf die Veranda.“
Er hielt sich die Ohren zu, während er über den Flur zur Treppe lief, dennoch hörte er ein Schluchzen aus dem Mädchenzimmer. Plötzlich Schritte. Er wollte die Treppe hinunterfliehen, konnte sich jedoch nicht losreißen. Greg öffnete die Tür und starrte ihn entgeistert an.
„Viel Spaß“, sagte er grinsend, schob Jan beiseite und ging ins Bad.
Jan stürzte ins dunkle Zimmer.
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