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Wildnis

Wildnis

Titel: Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
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Jenny hatte sich die Decke über den Kopf gezogen und wimmerte.
    „Laura!“, schrie er. Sie kam herbei und setzte sich an die Bettkante. Jan flüchtete sich in den Flur. Wo sollte er hin? In ihr Zimmer, in das sich Greg nun schlafen legen würde? Undenkbar! Also richtete er sich mit Kissen und Decken auf dem Sofa im Salon ein.
    Wie hatte es dazu kommen können? Er lachte zynisch über sich selbst. Wozu war es denn gekommen? Jenny hatte sich auf Greg eingelassen und keine Freude daran gehabt. Das war das Normalste der Welt. Er war eifersüchtig, daher seine Wut. Er wollte Greg an die Gurgel. Aber was hatte er ihm vorzuwerfen?
    Jan wurde müde, seine Wut legte sich – und Angst stieg auf. Er dachte an Anna, wie er ihr nach dem ersten Streit nachgelaufen war und diese seltsame Vorahnung empfunden hatte, die unaufhaltsame Maschine ... Greg ... Jennys nackter Körper, man hatte ihr Gewalt angetan ... das war nicht Jenny, das war Sarah, in einem brennenden Haus, und in der Nacht lauerte der Mörder ...

5. Tag
    „Wieder so ein herrlicher Tag.“ Greg trat mit dem Gewehr auf die Veranda und streckte sich. „Auf zur Jagd! Peng, bumm!“
    Jan lockte die Vorstellung, Greg in eine Schlucht zu stürzen. Er schüttelte den Kopf.
    „Bist du sauer wegen gestern?“ Greg lachte. „Man muss auch verlieren können.“
    „Und Jenny?“
    „Die wird diese Nacht nie vergessen.“
    „Sie ist noch immer nicht aus ihrem Zimmer gekommen.“
    „Sie hat eine Menge erlebt. Das muss sie erstmal verarbeiten.“
    Jan war sprachlos. Wie konnte man ein solches Tier sein?
    „Du wirst dich ein wenig gedulden müssen, bevor du dran bist“, setzte Greg nach.
    „Laura hat erzählt, dass sie ständig weint.“
    „Ich bin keine Frau, was weiß ich, wie sich das anfühlt. Aber wahrscheinlich heult sie wegen ihrer Eltern und ihrer verklemmten Sitten. Ein anständiges vietnamesisches Mädchen –“
    „Und dir ist das scheißegal.“
    „Im Gegenteil. Es war verdammt geil!“
    „Ich hätte Lust, dir auf die Fresse zu hauen!“
    Greg boxte in die Luft. „Na auf, ich lasse dich zuerst zuschlagen.“
    Jan rührte sich nicht.
    „Komm schon!“ Greg sprang über die Stufen hinweg auf die Wiese. „Ich mach dir ein Angebot. Du hast einen Schlag frei, auf den Bauch. Ich werde mich nicht wehren.“
    „Lass mich einfach in Ruhe!“
    „Was? Ich bums dein Liebchen und du bist nicht mal Manns genug, mir eine reinzuhauen?“
    Jan schaute über Greg hinweg in den Wald. Er wollte den Eindruck erwecken, als fiele es ihm leicht, die Beherrschung zu behalten.
    „Zwei habe ich flachgelegt, jetzt fällt die Dritte. Jenny war fast ein bisschen einfach, Anna wird sich heftiger wehren.“ Greg schlenderte davon.
    Bei Anna würde er sich den Kopf einrennen! Jan war versucht, Greg etwas nachzurufen, hielt sich jedoch zurück, um Gregs Ehrgeiz nicht weiter anzufachen. Was für ein Tier, dachte Jan noch einmal bei sich und verließ die Veranda, die Greg mit seiner Präsenz verseucht hatte. Unschlüssig stand er im Salon herum, als Michael herunterkam. „Morgen, Jan.“
    „Weißt du, wie es Jenny geht?“
    „Ich bin eben aufgestanden. Vielleicht hat sie einfach Schuldgefühle.“ Michael wirkte konsterniert.
    „Ich hasse Greg dafür!“
    „Warum hat sie auch ausgerechnet ihn genommen? Mir ist nie aufgefallen, dass sie eine besondere Zuneigung zu ihm hatte.“
    „Er hat sie bedrängt, gestern am frühen Abend. Sie wollte nicht. Gut, sie ist auch nicht einfach weggegangen, aber immerhin war sie eindeutig abgeneigt. Da hat er ihr etwas gesagt und plötzlich war sie ... aufmerksam, interessiert.“
    „Klingt nicht, als habe er ihr ein Kompliment gemacht.“
    „Nein, es muss etwas ganz Anderes gewesen sein. Nur ein Satz.“
    „Simsalabim. Den Satz müsste man kennen!“ Michael verzog einen Mundwinkel. „Jetzt muss ich mir aber etwas zu essen schnappen. Du kommst doch mit zum Jagen?“
    „Nein, ich vertrage Gregs Anblick nicht.“
    Jan nahm wieder seinen Platz auf der Veranda ein und grübelte, während Michael Greg nacheilte.
    Die beiden Jäger waren schon seit einer Weile unterwegs, als Laura mit einem Schnaufen die Tür aufriss und sich neben Jan auf einen Liegestuhl plumpsen ließ. „Puh, heftig.“
    „Geht es ihr immer noch nicht besser?“
    „Kaum hat sie sich beruhigt, weint sie wieder los. Ich weiß auch nicht, was ich noch tun soll.“
    „Soll ich einmal nach ihr schauen?“
    „Nein! Sie hat verboten, dass irgendwer sonst unser Zimmer

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