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Wildnis

Wildnis

Titel: Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
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einmal in der Gruppe geordnet in den Wald zu gehen, war weniger gefährlich als die Aussicht, von einem Brandstifter überrascht und aus ihrem sicheren Hort vertrieben zu werden.
    Sie überquerten die Wiese, Jenny schussbereit in der Mitte. Kaum hatten sie den Wald betreten, schrie Laura aus dem Haus: „Kommt her! Schnell!“
    Sie rannten zurück. Michael schlug die Tür hinter ihnen zu und schloss ab. Hastig krabbelten sie durch die Barriere auf der Treppe.
    „Er ist durchgedreht!“, schrie ihnen Laura entgegen.
    Greg stand vor dem Funkgerät und hieb mit der Faust darauf ein. Doch etwas Anderes fesselte ihren Blick: Die Lämpchen und Anzeigen leuchteten.
    Michael und Jan zerrten Greg zurück auf sein Bett, wo er in seine alte Starre verfiel. Laura drehte am Rädchen des Funkgeräts, zwischen dem Rauschen empfingen sie Oldies, eine Gruppe, die sich übers Angeln austauschte, Werbung.
    Jenny diktierte aus der Kurzanleitung die Polizeifrequenz. Michael drückte die Sendetaste und sagte: „Ich melde einen Notfall im Chix-Tal. Können Sie mich hören?“
    Rauschen war die einzige Antwort, und sie blieb es, so oft er sein Glück versuchte. Auch auf den anderen Kanälen wurden sie nicht registriert.
    „Scheißangler!“ Laura beugte sich vor. „Hört endlich auf, euch über eure Würmer zu unterhalten, und kümmert euch um uns!“
    Jan wandte sich zu Anna. „Alles in Ordnung? Du bist so bleich.“
    „Ja, ja, kein Problem.“
    Jenny streckte eine Hand nach ihr aus. „Du solltest dich wirklich hinlegen.“
    „Nein, es geht schon ... Wieso steht Greg plötzlich auf und repariert das Funkgerät?“
    „Frag nicht mich! Ich habe auf dem Balkon Ausschau gehalten“, antwortete Laura aufgebracht. „Ich habe ihn erst bemerkt, als er seinen Zirkus angefangen hat.“
    „Wir haben alles Erdenkliche ausprobiert“, sagte Michael. „Zwei oder drei Stunden haben wir daran herumgebastelt. Ich habe keinen Schimmer, wie er das auf einmal hingekriegt hat.“
    „Vielleicht hatte er in seiner Trance einen Geistesblitz“, erwog Jenny.
    „Er sieht nicht danach aus“, blaffte Laura.
    Anna erhob sich. „Lasst uns auf den Balkon gehen, wir dürfen uns nicht überraschen lassen.“
    Sie zog die Tür hinter ihnen zu. „Michael, kannst du uns die Hasenjagd beschreiben?“
    „Die Hasenjagd?“ Er schaute hinaus in die Nacht.
    „Ja, mach schon!“
    „Na ... wir waren ungefähr drei oder vier Stunden unterwegs ... Richtung Osten. Die beiden Hasen haben wir recht schnell erwischt. Danach haben wir nichts mehr entdeckt und uns schließlich getrennt, um in einer Art Zangenbewegung Wild zusammenzutreiben. Mir war das ein bisschen unheimlich, ich wollte mir nicht unbedingt eine Kugel von Greg einfangen. Tatsächlich fiel ein Schuss. Greg hat mir erzählt, dass er einen weiteren Hasen verfehlt habe. Ich musste ihm versprechen, dass ich nichts davon sagen würde, um seine Trefferbilanz nicht zu ruinieren. Wir sind noch ein bisschen zusammen rumgelaufen und dann zurück.“ Er hatte stockend begonnen und dann immer schneller berichtet.
    „Wie lange habt ihr euch getrennt?“
    „Das hat ganz schön lange gedauert, bis wir uns wieder gefunden hatten. Bestimmt eine halbe Stunde.“
    „Wie wirkte Greg?“
    „Er hat geschimpft, weil ihm der Hase entkommen ist.“
    „Hatte er Blut an der Kleidung?“
    „Logo! Er hat einen der erlegten Hasen getragen. Was hat das mit dem Funkgerät zu tun?“
    „Vielleicht mehr als uns lieb ist.“
    Der fliegende Wechsel des Verhörs kam zum Erliegen. In Jan stieg ein schrecklicher Verdacht auf. „Du meinst doch nicht etwa ...“
    Anna sah ihm in die Augen. „Doch.“
    „Ihr könnt einer nach dem anderen so bleich werden, wie ihr wollt“, sagte Laura, „nur sprecht endlich Klartext.“
    Anna versicherte sich mit einem Blick, dass Greg immer noch im Bett lag. „Der Kojote. Greg hat ihn erschossen.“
    „Du lügst!“
    Anna ignorierte sie. „Irgendwie hat er ihn so versteckt, dass nicht allzu viele Tiere an den Kadaver herangekommen sind. In der Nacht ist er zurückgekehrt, hat den Kojoten zur Lichtung getragen und dort aufgehängt. Ich muss ihn übersehen haben, als ich am nächsten Vormittag daran vorbeigelaufen bin, auch wenn ich mir das nicht vorstellen konnte, nachdem ich ihn entdeckt hatte. Aber das ist typisch: Man kann zehnmal für etwas Auffälliges blind sein und danach springt es einem sofort ins Auge.“
    „Warum würde er so etwas tun?“, flüsterte Laura.
    „Erst hatte er dich, dann

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