Wildrosengeheimnisse
sich von seiner Ehefrau vor den anderen so anzicken lassen muss, scheint ihm nicht zu gefallen. Aber vermutlich ist er es gewohnt, denn er lächelt sie freundlich an.
»Das reicht allemal noch. Im Getränkemarkt war so viel los an der Kasse«, verteidigt er sich pflichtschuldigst.
»Hasch du an den Holundersekt gedacht?«, fragt Jutta scharf.
Erschrocken schlägt Hubert sich die Hand vor den Mund.
»Sag nicht, du hasch ihn vergessen? Wir sind doch heut Abend eingeladen bei Berchers und Maria trinkt den immer so gern. Oh, Männer. Wenn man nicht alles selbst macht«, und mit diesen Worten gehen die beiden unter ihrem Geschimpfe aus der Tür. Die anderen Damen bezahlen grinsend für Jutta mit und verabschieden sich auch. Kaum sind sie draußen, ist mir auf einmal so schlecht, dass ich mich erst mal übergeben muss. Was, wenn die Damen recht haben mit ihren Vermutungen? Wenn Christian Isabellas Liebhaber war oder ist, dann ist sie vielleicht mit ihm auf und davon. Und er hat nur noch hin und wieder bei mir vorbeigeschaut, um kein Misstrauen zu wecken. Sollte Isabellas Mann dahintergekommen sein und sie getötet haben, weil er sie nicht gehen lassen wollte, dann kommt Christian deshalb nicht zurück, weil er sich schuldig fühlt.
Oh Gott, egal, welche Möglichkeit ich in Betracht ziehe, es ist immer furchtbar.
In diese Überlegungen platzt Michael Harter, der mir wieder einmal tief in die Augen blickt und mich mit den erfreulichen Worten begrüßt: »Du siehst ja schrecklich aus, Maja.«
Danke, das weiß ich selbst.
»Ich war gerade in der Gegend und dachte, ich schau mal vorbei. Du hast doch sicher einen Cappuccino für mich?«
»Natürlich, so viel du willst. Ich habe so viel Cappuccino, dass ich ihn sogar verkaufen muss.«
»Alles in Ordnung, Maja?«, fragt Michael fürsorglich. »Du wirkst ein bisschen angespannt, wenn ich das mal so sagen darf.«
»Nein, nein, es ist alles okay«, beeile ich mich zu versichern. »Es war nur ein bisschen viel Stress in letzter Zeit. Die Hochzeit, der Einbruch … Apropos, habt ihr da irgendetwas herausgefunden?«
Dafür ist die Polizei doch schließlich da. Oder soll ich nach dem Täter suchen? Schlimm genug, dass ich glaube, dass mein Freund etwas mit dem Verschwinden einer vermissten jungen Frau zu tun hat. Oh je, ich bin alles andere als gut drauf.
»Ich fürchte, nein, Maja. Leider haben die Spuren, die wir untersucht haben, zu keinem konkreten Ergebnis geführt. Aber eines ist sicher: Zu Herrn Grothe gehören die Fußabdrücke nicht, er hat viel größere Füße.«
Michael zieht die Stirn wieder einmal zweifelnd in Falten, was seinem guten Aussehen aber in keinster Weise Abbruch tut.
»Ehrlich gesagt, wüsste ich auch nicht, warum er eine derartige Verwüstung anrichten sollte. Er vermisst seine Frau und forscht nach ihrem Verbleib, sucht nach möglichen Spuren, aber mutwillige Sachbeschädigung ist nicht sein Ding. Da steckt etwas anderes dahinter und ich werde schon herausfinden, was oder wer – versprochen, Maja.«
Als ich Michael kurz darauf hinausbringe, sehe ich Nini auf die ›Butterblume‹ zulaufen.
Die wird gleich Augen machen. Ich freue mich so, sie zu sehen.
»Hi, Mami. Da bin ich wieder«, ruft sie fröhlich.
»Hallo, Maus«, begrüße ich sie und drücke sie erst mal fest. »Wie war’s denn in Mannheim?«
»Du, das ist ein echt nettes Städtchen. Und die Uni gefällt mir super gut.«
»Und Ben? Habt ihr euch gut vertragen?« Ich erinnere mich noch an den kleinen Streit, den die beiden hatten, als Nini wegen des Abis so angespannt war.
»Alles bestens«, lacht meine Tochter. »Ehrlich gesagt, wäre ich am liebsten dort geblieben. Das heißt, ich freu mich natürlich, dass ich wieder bei dir bin, aber …«
»Ich weiß schon, was du meinst, Süße. Ist doch schön, dass ihr euch so gut verstanden habt. Du, Nini, kannst du mir bitte schnell aus der hinteren Garage den Besen holen? Ich möchte gern die Terrasse fegen.«
»Besen? Welchen Besen denn? Wir haben doch einen Besen im Keller.«
»Nein, ich meine den einen roten, du weißt schon, der ist in der Garage.«
Nini sieht mich verständnislos an, aber trottet ab und sucht den roten Besen. Natürlich wird sie gar keinen Besen dort finden, sondern stattdessen …
»Mama. Was ist das denn für eine geile Karre?«, höre ich sie kurz darauf rufen.
»Deine«, sage ich nur. »Dein Geschenk zum bestandenen Abi. Damit du mich in Zukunft am Bodensee besuchen kannst und nicht auf den Zug
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