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Wilhelm Storitz' Geheimnis

Wilhelm Storitz' Geheimnis

Titel: Wilhelm Storitz' Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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durchschritt und aus dem Gitter trat.
    »Hm! brummte Hauptmann Haralan vor sich hin, er ist also wieder da!… Ich dachte, er wäre verreist….«
    Jetzt wandte sich der Mann um und erblickte uns. Kannte er Hauptmann Haralan? Ich konnte nicht daran zweifeln, denn die beiden warfen sich haßerfüllte Blicke zu, die mir genug sagten. Aber auch ich hatte ihn erkannt, und als er einige Schritte entfernt war, konnte ich mich nicht länger zurückhalten und rief: »Das ist er ja!…
    – Sie sind diesem Menschen schon begegnet? fragte mich der Hauptmann, wie mir schien, nicht wenig verwundert.
    – Gewiß, antwortete ich; er war auf der »Dorothea« mein Reisegefährte von Budapest bis Vukovár. Ich hätte nicht gedacht, daß ich ihn in Ragz wiederfinden würde.
    – Es wäre jedenfalls besser für Sie gewesen, Sie hätten ihn niemals wiedergesehen, sagte Hauptmann Haralan hastig.
    – Sie scheinen nicht in den angenehmsten Beziehungen zu diesem Deutschen zu stehen, warf ich hin.
    – Wer könnte das auch?… Ich habe übrigens ganz speziell Ursache. ihm feindlich gesinnt zu sein. Ich erwähne nur, daß er die Unverschämtheit gehabt hat, um die Hand meiner Schwester anzuhalten. Aber mein Vater und ich haben ihn auf eine Art und Weise heimgesandt, daß ihm die Luft zu einem nochmaligen Versuche vergangen sein dürfte.
    – Wie! Das ist dieser Mensch?…
    – Ah, Sie wußten um diese Sache?…
    – Ja, mein lieber Hauptmann und ich weiß nun auch, daß der Mann kein anderer ist als Wilhelm Storitz, der Sohn Otto Storitz’, des berühmten Chemikers aus Spremberg.«
VI.
    So vergingen zwei Tage, von denen jeder freie Augenblick der Besichtigung der Stadt gewidmet war. Ich verbrachte auch so manche Stunde auf der Brücke, welche die beiden Donauufer mit der Svendor-Insel verbindet und wurde nicht müde, den herrlichen Strom zu bewundern.
    Ich gestehe, daß ich mich, ohne es eigentlich zu wollen, im Gedanken oft mit Wilhelm Storitz beschäftigte. Also Ragz war sein gewöhnlicher Aufenthaltsort! Ich hatte auch erfahren, daß er ganz allein mit einem alten Diener lebte, welcher unter dem Namen Hermann bekannt und auch nicht sympathischer, zugänglicher und mitteilsamer war als sein Herr. Es wollte mir scheinen, als ob dieser Hermann mich in Gang und Haltung an jenen Menschen erinnerte, welcher uns am Abend meiner Ankunft in Ragz folgte, während wir – mein Bruder und ich – längs des Batthyány-Kais spazieren gingen.
    Ich hielt mich nicht für verpflichtet, Markus etwas von der Begegnung zu erzählen, die Hauptmann Haralan und ich am Tököly-Wall gehabt hatten. Vielleicht hätte es ihn beunruhigt, diesen Wilhelm Storitz in Ragz zu wissen! Warum sollte ich sein gegenwärtiges Glück durch einen Schatten der Unruhe verdunkeln? Aber ich bedauerte, daß der abgewiesene Rivale nicht in sicherer Entfernung war, wenigstens bis nach dem Tage, an dem Markus und Myra für das Leben verbunden werden sollten.
    Am Morgen des 16. Mai hatte ich mich eben für meinen gewöhnlichen Spaziergang bereit gemacht, der mich diesmal in die Umgebung von Ragz, auf die Felder führen sollte, als mein Bruder in mein Zimmer trat.
    »Ich bin sehr beschäftigt, lieber Freund, sagte er; entschuldige mich, wenn ich nicht bei Dir bleiben kann und sei nicht böse.
    – Gewiß nicht, lieber Markus, antwortete ich; geh’ nur und kümmere Dich nicht um mich.
    – Wird Haralan nicht kommen, Dich abzuholen?
    – Nein, er ist heute nicht frei. Aber das macht nichts! Ich werde in irgend einem kleinen Gasthause am anderen Donauufer essen.
    – Vergiß nur nicht, lieber Heinrich, pünktlich um sieben Uhr zurückzukommen.
    – Man ißt viel zu vortrefflich bei Dr. Roderich, als daß ich die Essensstunde versäumen würde!
    – Gourmand!… Ich hoffe, Du hast auch nicht auf den Empfangsabend vergessen, der übermorgen bei Dr. Roderich stattfindet. Da wirst Du die oberen Zehntausend der Ragzer Gesellschaft studieren können.
    – Wird das Dein offizielles Verlobungsfest?
    – Wenn Du es so nennen willst… obwohl Myra und ich schon lange Braut und Bräutigam sind… Ich meine oft, wir seien seit jeher verlobt gewesen.
    – Schon vom ersten Lebenstage an?…
     

    Ich erblickte in der Mitte eines Gartens ein einsam stehendes Haus. (S. 69.)
     
    – Vielleicht…..
    – Also auf Wiedersehen, o Glücklichster unter den Sterblichen!
    – Das ist ein verfrühter Ausspruch. Das kannst Du mir sagen, wenn meine Braut meine Frau geworden ist!«
    Markus drückte mir die Hand und

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