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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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du so weise?
    Willst heller seh’n als deine edeln Väter,
    Die um der Freiheit kostbar’n Edelstein
    Mit Gut und Blut und Heldenkraft gestritten?
    – Schiff nach Lucern hinunter, frage dort,
    Wie Oestreich’s Herrschaft lastet auf den Ländern!
    Sie werden kommen, unsre Schaaf’ und Rinder
    Zu zählen, unsre Alpen abzumessen,
    Den Hochflug und das Hochgewilde bannen
    |65| In unsern freien Wäldern, ihren Schlagbaum
    An unsre Brücken, unsre Thore setzen,
    Mit unsrer Armuth ihre Länderkäufe,
    Mit unserm Blute ihre Kriege zahlen –
    – Nein, wenn wir unser Blut dran setzen sollen,
    So sey’s für uns – wohlfeiler kaufen wir
    Die Freiheit als die Knechtschaft ein!
     
    RUDENZ
    Was können wir,
    Ein Volk der Hirten gegen Albrechts Heere!
     
    ATTINGHAUSEN
    Lern’ dieses Volk der Hirten kennen, Knabe!
    Ich kenn’s, ich hab’ es angeführt in Schlachten,
    Ich hab’ es fechten sehen bei Favenz.
    Sie sollen kommen, uns ein Joch aufzwingen,
    Das wir entschlossen sind, nicht zu ertragen!
    – O lerne fühlen, welches Stamm’s du bist!
    Wirf nicht für eiteln Glanz und Flitterschein
    Die ächte Perle deines Werthes hin –
    Das Haupt zu heißen eines freien Volks,
    Das dir aus Liebe nur sich herzlich weiht,
    |66| Das treulich zu dir steht in Kampf und Tod –
    Das sei dein Stolz, des Adels rühme dich –
    Die angebohr’nen Bande knüpfe fest,
    An’s Vaterland, an’s theure, schließ dich an,
    Das halte fest mit deinem ganzen Herzen.
    Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft,
    Dort in der fremden Welt stehst du allein,
    Ein schwankes Rohr, das jeder Sturm zerknickt.
    O komm, du hast uns lang’ nicht mehr gesehn,
    Versuch’s mit uns nur Einen Tag – nur heute
    Geh’ nicht nach Altorf   – Hörst du? Heute nicht,
    Den Einen Tag nur schenke dich den Deinen!
    (er faßt seine Hand)
     
    RUDENZ
    Ich gab mein Wort   – Laßt mich – Ich bin gebunden.
     
    ATTINGHAUSEN
(läßt seine Hand los, mit Ernst)
    Du bist gebunden – Ja Unglücklicher!
    Du bist’s, doch nicht durch Wort und Schwur,
    Gebunden bist du durch der Liebe Seile!
    (Rudenz wendet sich weg)
    |67| – Verbirg’ dich wie du willst. Das Fräulein ist’s,
    Bertha von Brunek, die zur Herrenburg
    Dich zieht, dich fesselt an des Kaisers Dienst.
    Das Ritterfräulein willst du dir erwerben
    Mit deinem Abfall von dem Land   – Betrüg’ dich nicht!
    Dich anzulocken zeigt man dir die Braut,
    Doch deiner Unschuld ist sie nicht beschieden.
     
    RUDENZ
    Genug hab’ ich gehört. Gehabt euch wohl.
    (er geht ab)
     
    ATTINGHAUSEN
    Wahnsinn’ger Jüngling bleib’! – Er geht dahin!
    Ich kann ihn nicht erhalten, nicht erretten –
    So ist der Wolfenschießen abgefallen
    Von seinem Land – so werden andre folgen,
    Der fremde Zauber reißt die Jugend fort,
    Gewaltsam strebend über unsre Berge.
    – O unglücksel’ge Stunde, da das Fremde
    In diese still beglückten Thäler kam,
    Der Sitten fromme Unschuld zu zerstören!
    Das Neue dringt herein mit Macht, das Alte
    |68| Das Würd’ge scheidet, andre Zeiten kommen,
    Es lebt ein andersdenkendes Geschlecht!
    Was thu’ ich hier? Sie sind begraben alle,
    Mit denen ich gewaltet und gelebt.
    Unter der Erde schon liegt Meine Zeit,
    Wohl dem, der mit der Neuen nicht mehr braucht zu leben!
    (geht ab)

ZWEYTE SCENE
    Eine Wiese von hohen Felsen und Wald umgeben. Auf den Felsen sind Steige, mit Geländern, auch Leitern, von denen man nachher
     die Landleute herabsteigen sieht. Im Hintergrunde zeigt sich der See, über welchem anfangs ein Mondregenbogen zu sehen ist.
     Den Prospekt schließen hohe Berge, hinter welchen noch höhere Eisgebirge ragen. Es ist völlig Nacht auf der Scene, nur der
     See und die weißen Gletscher leuchten im Mondenlicht.
     
    MELCHTHAL, BAUMGARTEN, WINKELRIED, MEIER VON SARNEN, BURKHARDT AM BÜHEL, ARNOLD VON SEWA, KLAUS VON DER FLÜE
und noch vier andere Landleute, alle bewaffnet
     
    MELCHTHAL
(noch hinter der Scene)
    Der Bergweg öffnet sich, nur frisch mir nach,
    |69| Den Fels erkenn’ ich und das Kreutzlein drauf,
    Wir sind am Ziel, hier ist das Rütli.
    (treten auf mit Windlichtern)
     
    WINKELRIED
    Horch!
     
    SEWA
    Ganz leer.
     
    MEIER
    ’s ist noch kein Landmann da. Wir sind
    Die ersten auf dem Platz, wir Unterwaldner.
     
    MELCHTHAL
    Wie weit ist’s in der Nacht?
     
    BAUMGARTEN
    Der Feuerwächter
    Vom Selisberg hat eben zwey gerufen.
     
    (man hört in der Ferne läuten)
     
    MEIER
    Still! Horch!
     
    AM BÜHEL
    Das Mettenglöcklein in der Waldkapelle
    Klingt hell

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