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Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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dafür, dass du sicher nach Hause kommst.«

    DRITTER TAG

    12

    A bigail saß auf der Couch und sah zu, wie ihre Mutter im Zimmer herumwuselte, Kissen aufschüttelte und Vorhänge öffnete. Aufreibende vierzehn Stunden war sie hierhergeflogen, aber ihr Make-up war perfekt und ihre Haare waren zu einem straffen Knoten zusammengefasst. Als Abigail heranwuchs, hatte die Unerschütterlichkeit ihrer Mutter sie bis zur Weißglut gereizt. Jahrelang hatte sie versucht, sie mit engen Jeans und schrillem Make-up und unpassenden Freunden zu schockieren. Jetzt konnte sie nur dankbar sein für die Normalität, die diese ältere Frau ins Haus brachte. Auch wenn Emma seit drei Tagen verschwunden war, auch wenn Abigail einen Mann getötet hatte, das Bett wurde trotzdem gemacht, und im Bad lagen frische Handtücher.
    »Du musst etwas essen«, sagte Beatrice zu ihr. »Du willst doch stark sein, wenn Emma nach Hause kommt.«
    Abigail schüttelte den Kopf, an Essen wollte sie nicht einmal denken. Ihre Mutter sprach in diesen Sentenzen, seit sie gestern Nachmittag angekommen war. Emma war der Dreh- und Angelpunkt für alles, ob es nun darum ging, Abigail aus dem Bett zu locken oder sie dazu zu bringen, sich die Haare für die Pressekonferenz zu richten.
    Beatrice wandte sich an Hamish. »Junger Mann, wollen Sie etwas zu essen?«
    »Nein, vielen Dank, Ma'am.« Er hielt den Kopf gesenkt, kontrollierte immer wieder seine Computer. Bei Gott, der Mann war völlig eingeschüchtert von Beatrice und ihrem Normalitätsfanatismus. Von dem Augenblick an, als sie angefangen hatte aufzuräumen, hatte Hamish sich in die Küche zurückgezogen und über seine Ausrüstung gewacht, aus Angst, sie könnte etwas anfassen. Als der andere Techniker kam, um ihn für die Nachtschicht abzulösen, hatte Hamish den Mann wieder weggeschickt. Abigail sollte glauben, er tue das alles nur aus Sorge um seinen Computer, und nicht, weil er den Eindruck hatte, dass die Situation eskaliert sei.
    Sie schauderte, plötzlich hatte sie die mechanische Stimme aus dem Telefon wieder im Ohr.
    Ist dort die Mutter?
    Der Lösegeldanruf hatte alles verändert. Die Tuscheleien zwischen Paul und ihrem Vater waren intensiver geworden. Sie hatten über das Geld geredet, über die Logistik, wie sie an Bares kommen konnten, als hätte der Kidnapper Milliarden verlangt und nicht eine Million. Abigail wusste ganz sicher, dass sie mindestens eineinhalb Millionen auf ihrem Geldmarktkonto hatten. Abgesehen davon konnte ihr Vater sich die Summe mit nur einem Anruf an die Haustür bringen lassen. Irgendetwas lief da - etwas, das sie Abigail nicht verraten wollten. Sie war abwechselnd wütend und erleichtert darüber, dass die beiden sie nicht mit hineinzogen.
    »So«, sagte Beatrice und setzte sich ans andere Ende der Couch. Sie saß am Rand des Polsters, die geschlossenen Beine schräg gestellt. Abigail konnte sich nicht erinnern, ihre Mutter je irgendwo bequem sitzen gesehen zu haben. Sie schien ein Rückgrat aus Titan zu haben. »Wir müssen darüber reden, was du mit dir selbst anstellst.«
    Abigail warf einen Blick zu Hamish hinüber, der etwas auf seinem Monitor studierte. »Müssen wir diese Unterhaltung jetzt führen, Mutter?«
    »Ja, das müssen wir.«
    Am liebsten hätte sie die Augen verdreht. Sich aufgeführt.
    Wie einfach es doch war, in dieses rebellische Verhaltensmuster zurückzufallen, obwohl Abigail doch begriff, dass ihre Mutter nichts anderes wollte, als ihr zu helfen. Warum war es mit ihrem Vater so viel einfacher? Warum hatte Hoyt sie dazu bringen können, ein Stück Käsetoast zu essen und frische Kleidung anzuziehen? Warum war es so viel einfacher, an seiner Schulter zu weinen, als Trost von ihrer Mutter anzunehmen?
    Beatrice nahm ihre Hand. »Du weinst schon wieder.«
    »Darf ich das vielleicht nicht?« Abigail starrte den Stapel Zeitschriften auf dem Couchtisch an, die Computerausdrucke der Washington Post und des Seattle Intelligencer. Paul hatte jeden Artikel heruntergeladen, den er finden konnte, hatte alles nach irgendeinem Detail durchsucht, von dem er sicher war, dass die Polizei es ihm vorenthielt. Er war inzwischen völlig paranoid, fragte Abigail nach Tatortdetails aus, die die Presse erfunden hatte, Hirngespinste, die sie als echte Nachrichten hinstellten. Vor drei Jahren war Adam Humphrey wegen Fahrens ohne Versicherungsnachweis verwarnt worden. Deutete das auf eine dunkle Seite hin, über die die Polizei nicht sprach? Kayla war von ihrer letzten Schule

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