Will Trent 02 - Entsetzen
beides gewettet, aber er konnte noch immer nicht glauben, dass Paul ihn gedeckt hatte. Vor einer halben Stunde hatte er in diese Richtung noch nicht einmal eine Andeutung gemacht. Vielleicht war das die Art des Mannes, sich dafür zu entschuldigen, dass er vor so vielen Jahren ein solches Arschloch gewesen war. Oder vielleicht war er immer noch derselbe alte Paul, der seine Sachen gern regelte, wenn die Erwachsenen nicht zusahen. »Was ist mit seinen Affären?«
»Ich habe in der Filiale angerufen, sobald ich wieder in meinem Büro war. Wenn die Frau sich bis Mittag nicht meldet, lasse ich sie mit einem Streifenwagen abholen.« Will musste noch hinzufügen: »Mein Instinkt sagt mir, dass Paul mit der Sache nichts zu tun hat. Vielleicht, wenn es sich um eine simple Entführung handeln wurde - aber das ist ja nicht der Fall.«
»Das wissen wir ziemlich bald«, sagte Amanda. »Ich habe den DNS-Abgleich zwischen Paul Campano und den Spuren, die wir auf Kayla Alexander gefunden haben, beschleunigt. Beckey Keiper vom Labor wird Sie anrufen, sobald die Ergebnisse da sind.«
»Ich habe einen Streifenwagen zu Emmas Schule geschickt«, sagte Will, der seinen Schock noch nicht ganz überwunden hatte. »Bernard sollte uns jeden Augenblick anrufen.«
»Ist schon extrem ironisch, dass unser interner Legastheniker uns nichts darüber sagen kann, nicht?«
Will versuchte, sich nicht auf seinem Stuhl zu winden. In den letzten zehn Jahren hatte er seine Chefin nur ein einziges Mal zu Hause angerufen, und zwar, um ihr zu sagen, dass ein Kollege getötet worden war. Als er sie dann gestern Abend angerufen hatte, war sie noch eisiger gewesen, als er ihr gestand, dass er bei den Textzeilen, die irgendjemand, wahrscheinlich der Mörder, unter Adam Humphreys Zimmertür durchgeschoben hatte, nichts Ungewöhnliches hatte erkennen können.
Er räusperte sich. »Wenn Sie meine Kündigung haben wollen ...«
»Wenn Sie Ihren Posten verlassen, dann nur mit meinem Fuß in Ihrem Arsch, und nicht, indem Sie sich davonschleichen wie ein verwundetes Kätzchen.« Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück. »Verdammt noch mal, Will.«
»Tut mir leid.«
»Leidtun macht die Sache auch nicht besser.« Sie drehte die Schraube noch fester. »Diese Briefe sind die ersten richtigen Beweisstücke, die wir haben. >Lass sie in Ruh.< >Sie gehört zu mir.< Das sind direkte Drohungen unseres Mörders an eines der Opfer. Wenn dies das Werk einer Person mit einer Behinderung ist - das ist unser Blut im Wasser, Will. Wir hätten uns auf diese Information stürzen müssen, sobald wir sie in Händen hatten.«
»Das ist mir bewusst.«
»Wo wären wir in diesem Fall jetzt, wenn Sie sich sofort um die Schreibweise gekümmert hätten?« Sie ließ ihm keine Zeit zur Antwort. »Wir sind jetzt schon fast drei Tage dran. Drei Tage. Ich muss Ihnen nicht sagen, was das bedeutet.«
»Was soll ich denn sonst noch sagen?«
Einen kurzen Augenblick lang schienen ihr die Worte zu fehlen. Doch dieser Zustand war flüchtig. »Wir vergeuden Zeit. Wann soll dieser Lehrer anrufen?«
»Der Streifenwagen sollte jeden Augenblick dort sein.«
»Wann soll Gordon Chew hier sein?«
Sie meinte den Fingerabdruckexperten aus Tennessee. »Gegen halb neun. Er wollte heute sehr früh losfahren.«
»Er ist doch gestern Nacht schon gefahren«, sagte sie, ging aber nicht weiter darauf ein. »Was haben wir sonst noch?«
»Viel Belangloses«, antwortete Will. »Charlie hat im Haus in Ansley Park Fasern und Fußabdrücke gefunden, aber wir brauchen jemanden oder etwas, womit wir sie vergleichen können, bevor wir sie verwenden können.« Er dachte auch kurz an die graue Erde, die Charlie gefunden hatte, aber diese Information behielt er für sich, weil er noch immer die höchst unwahrscheinliche Hoffnung hegte, dass sich daraus etwas ergab. Er räusperte sich, bevor er fortfuhr: »Der gestrige Lösegeldanruf kam von Kayla Alexanders Handy. Er lief über einen Funkmasten, der das ganze Gebiet von North Atlanta bis zum Kennesaw Mountain abdeckt.«
»Wir können versuchen, den zweiten Anruf heute zu orten, aber ich bin mir sicher, er schaut genug fern, um zu wissen, dass das Zeit braucht.« Sie hielt inne und überlegte. »Ich habe das nicht für eine Entführung wegen Lösegeld gehalten.«
»Ich auch nicht«, sagte Will. »Und ich bin mir nicht sicher, ob ich es jetzt tue.«
»Es gab einen Lebensbeweis.«
»Ich weiß.«
»Beide Eltern bestätigen, dass die Stimme am Telefon die ihrer Tochter
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